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Saugfest

Saugfest

Titel: Saugfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffi Wolff
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an.«
    »Aha«, sage ich. »Na gut.«
    »Ali wird dich begleiten. Ein guter Junge. Er ist noch recht jung, aber er weiß, wo es langgeht. Du wirst ihn mögen.«
    »Begleiten?«
    »Helene. Natürlich begleiten. Was denn sonst? Wir lassen nie jemanden alleine losgehen. Es kann zu viel passieren. Ali kommt also mit dir, um diese Leute herzuholen. Und Satan wird euch beschützen. Mit seinem Leben.« Hubertus kratzt sich am Kinn und redet weiter, bevor ich anmerken kann, dass ich auf den Heuler gern verzichten möchte. Ich glaube, es nützt allen mehr, wenn er hier unten bleibt. »Du musst ja sowieso noch den ganzen Rest von uns kennenlernen. Ja, das musst du. Wir sind eine eingeschworene Gemeinschaft. Hast du jetzt Lust dazu, oder möchtest du erst mal los und die ersten Namen, die auf deiner Liste stehen, abarbeiten?«
    »Moment, Moment, Moment«, das geht mir alles ein bisschen zu schnell. »Um ehrlich zu sein, würde ich mich jetzt erst mal gern ein bisschen ausruhen. Ich bin müde.«
    »Müde?« Erstaunt werde ich angeschaut. »Was ist das?«
    »Wie?«
    »Müde. Was bedeutet
müde

    Auch William kommt interessiert näher.
    Ich sag’s ja, Wahnsinnige.
    Kurz schließe ich die Augen, weil mir Williams tumber Gesichtsausdruck entsetzlich auf die Nerven geht und ich am liebsten zuschlagen würde, da hat Augenschließen bislang noch immer geholfen. »Müde ist ein Ausdruck für Erschöpfung. Wenn man müde ist, will man schlafen.«
    »Aha«, sagt William. »Kenn ich nicht. Na ja, ich geh dann mal Ali Bescheid sagen und Jürgen würgen.«
    »Wer ist nun wieder Jürgen?«, frage ich.
    »Er geht aufs Klo.« Hubertus ist das schrecklich unangenehm. »Er sagt manchmal so merkwürdige Dinge. Mit Jürgen würgen meint er … «
    »Ich kann mir schon denken, was er meint«, unterbreche ich Hubertus und beschließe, mich über gar nichts mehr zu wundern. Auch nicht darüber, dass man hier nicht weiß, was das Adjektiv
müde
bedeutet.
    Ein schwarzhaariger junger Mann kommt heran und bleibt vor mir stehen.
    »Das ist Ali«, sagt Hubertus.
    Ich sage »Hallo«, Ali sagt »Hallo«, und Hubertus sagt auch »Hallo«, obwohl er ja gar nicht zu unserer kleinen Gruppe dazugestoßen ist. Egal.
    »Ich heiße eigentlich gar nicht Ali«, kommt es dann von Ali.
    »Interessant. Wie heißt du denn dann?«
    »Wenn ich das bloß wüsste«, beschwert er sich. »Dann wäre alles einfacher. Mit einem richtigen Namen ist alles leichter. So aber werde ich von allen nur Ali genannt. Bloß weil ich schwarze Haare habe. Aber du hast Glück. Meinem Finger geht es schon wieder besser. Eine üble Sache, solch eine Vergiftung.«
    »Ich finde, der Name passt zu dir«, wirft Hubertus ein.
    »Warum weißt du denn nicht, wie du heißt?« Das bin ich. Ich meine, auch Systemadministratoren müssen doch Namen haben. Vielleicht nennen die sich aber auch Atari oder Commodore 64 , Apple oder Konrad Zuse, wobei Letzterer ja tatsächlich ein richtiger Name ist.
    »Weil ich meine Mutter während der Französischen Revolution aus den Augen verloren habe. Beim Sturm auf die Tuilerien war sie plötzlich wie vom Erdboden verschluckt. Die Menschenmassen – es waren einfach zu viele Leute. Natürlich hab ich sie gesucht, aber leider nie wiedergefunden. Ein arges Schicksal, wenn man mich fragt.«
    »Warum hast du dich denn nicht einfach neben Marie–Antoinette
auf einen Balkon in Versailles gestellt und nach ihr gerufen?«, frage ich sarkastisch.
    »Mit einer solchen Person möchte ich nicht in Verbindung gebracht werden«, ist die aufgeregte Antwort. »Niemand konnte sie leiden. Ihren ausschweifenden Lebensstil, diese grauenhaften Perücken. Sie trug Juwelen in einer Anzahl an sich wie der gemeine Mob Läuse.«
    Was ist denn das für ein hirntoter Trottel? Den kann man ja keine drei Sekunden am Stück ertragen. Ich möchte, dass dieser Mann geht.
    »Ali, du wirst Helene begleiten. Sie hat die Liste fertig.
Ihre
Liste.«
    Ach du Scheiße.
    »Oh«, sagt Ali ehrfürchtig. »Eine Liste.« Er trägt eine Art gelbe Stola, die er nun fester um sich zieht. »Mich fröstelt es leicht.«
    »Hast du keine Jacke?«
    »Nein, ich kann nur dies hier nehmen. Ich brauch es einfach.«
    Sigrun taucht auf und mischt sich ein: »Er hat einen Schlag«, werde ich überflüssigerweise informiert. »Ohne gelbe Tischdecken ist er angeblich
ein Nichts
. Dabei schmutzt er doch so. Und ich kann’s dann alles im Kessel einweichen. Krieg du mal Blut aus gelben Tischdecken, krieg du’s mal raus. Wäre

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