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Saugfest

Saugfest

Titel: Saugfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffi Wolff
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schottischen McKenzie-Clans ist. Das hat mir mal ein Fahrgast erzählt, obwohl ich ihn gar nicht darum gebeten hatte. Der Gast meinte, er würde so gern die Bücher von so einer Autorin lesen, die Highland-Romane schreibt, und da würde das vorkommen. Also Tulach Ard. Ich habe ihm damals gesagt, er soll es doch jemandem erzählen, den es interessiert, beispielsweise seinem Geschwür im Gehirn. Daraufhin war der Mann beleidigt und hat gar nichts mehr gesagt, was auch besser so war.
    Hubertus steht mit verschränkten Armen da und beobachtet meine ersten drei Opfer, die irritiert von einem Bein aufs andere treten. Die Fesseln haben wir ihnen im Fahrstuhl gelöst; hier kommt ja niemand einfach so weg.
    Offenbar hat man uns schon erwartet, denn es stehen einige Bänke herum und ein Tisch und auch mehrere Holzstühle. Sie sind ein bisschen so aufgebaut wie in einem Gerichtssaal. Das weiß ich noch damals von der Verhandlung, der Kilian vorsaß.
    »Nehmet Platz«, sagt Zottel und deutet auf eine der Holzbänke. »Also, ich verstehe gar nichts. Was ist das hier? Ein lustiger Streich mit der versteckten Kamera?«, fragt Friederike, die langsam ihre
Grundaggressivität wiedererlangt und bestimmt auch Entzugserscheinungen bekommt, weil es hier keine Teetasse gibt, auf der
Auch du bist die Dritte Welt
steht. Ich stelle mir gerade die Frage, wann sie sich wohl zum letzten Mal die Haare gewaschen hat. Aber diese Ökos, die waschen sich ja sowieso kaum, und wenn, dann mit Kernseife oder Flüssigreiniger von
Frosch
.
    »Nichts dergleichen«, lautet Hubertus’ Antwort, der den Vorsitz übernommen hat und als Einziger steht. Es fehlt nur noch ein kleines Hämmerchen und eine weiße Perücke, dann würde ich ihn »Euer Ehren« nennen.
    »Ich finde aber schon, dass das alles nach einem üblen Scherz riecht. Allein wie sie aussieht«, Friederike kann nun endlich wieder ihren spitzen Zeigefinger auf mich richten, »das ist doch wie in einem billigen, drittklassigen Theaterstück.« Sie meint die Tracht, und ich muss ihr recht geben. »Was soll dieser Unfug? Da stürmt diese Dame in den Gerichtsflur, schwafelt etwas von Rache, greift mich und den Richter an, und dann werden wir überwältigt und in ein Taxi gezerrt und müssen auch noch mit ansehen, wie ein offenbar Geistesgestörter seine angebliche Mutter findet und ein Rüde Welpen wirft. Da soll mir noch einer sagen, hier ginge alles mit rechten Dingen zu!«
    Ich bin kurz davor zu nicken, weil Friederike ja irgendwie recht hat. Aber sie ist meine Feindin, und mit Feinden verbündet man sich nicht, auch nicht durch Nicken. Unter gar keinen Umständen möchte ich, dass Friederike annimmt, ich würde sie mögen, und so etwas deutet man ja mit einem Nicken an. So ähnlich jedenfalls.
    »Darum geht es hier gerade nicht«, beginne ich. »Es geht darum, dass ich mit Ihnen beiden ein Hühnchen zu rupfen habe.«
    Kilian ist so desorientiert, dass er sich tatsächlich verstohlen nach Federvieh umschaut, weil er die Redewendung nicht versteht. Also ehrlich – als würde ich auf so eine Idee kommen.
    Mittlerweile haben alle Platz genommen, so wie in einem wirklichen Gerichtssaal. Der Heuler liegt auf dem Boden und säugt
seine blinden und tauben Welpen. Das schmatzende Geräusch und das Gewinsel werden mich noch auf die Palme bringen.
    »Vor einigen Jahren –«, fange ich an, werde aber sofort von Friederike unterbrochen.
    »Sie hat ihren toten Opa eingeölt«, lässt sie die Runde wissen, was aber niemanden zu entsetzten Aufschreien animiert. Warum auch? Die Tatsache, einen Toten einzuölen, scheint nichts Besonderes zu sein. Das tun sie hier wahrscheinlich ständig.
    »In Schottland wird das anders gemacht«, sagt William. »In Rom auch. Das mit dem Ölen scheint mir eine neumodische Erfindung zu sein.« Sag ich’s doch.
    »Wie dem auch sei, sie hat mich angelogen«, rechtfertigt sich Friederike und zunzelt an einer roten Haarsträhne herum. Die Gute hat ganz schön Oberwasser. »Sie hatte sich im Straßenverkehr unmöglich benommen, das musste geahndet werden.«
    Jetzt scheint sich auch Kilian Stuhlmüller an den Fall zu erinnern. »War das nicht die, die so absolut gar keine Einsicht gezeigt hat, obwohl sie nachweislich eine große Gefahr im Straßenverkehr darstellte?«
    »Exakt die.«
    Kilian wird knallrot. »Sie haben mir gegenüber im Gerichtssaal die Fäkalsprache benutzt!«
    »Das stimmt«, sage ich. »Sie hatten es ja auch verdient. Was hocken Sie da auch so selbstgefällig in Ihrer

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