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Saukalt

Saukalt

Titel: Saukalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oskar Feifar
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Vielleicht, weil so ganz ohne Kopfhaar viel mehr Gesicht da ist.
Wer weiß? Bei der Traude war es nicht so, dass sie gar keine Haare mehr auf dem
Kopf hatte. Das nicht. Aber hier eine lange Strähne, da eine kurze Strähne und
dazwischen haarlose Stellen. Wirklich schön war das nicht. Unwillkürlich
überlegte sich der Strobel, dass die Frau mit einer Glatze sicher besser dran
gewesen wäre. Ihre aschgraue Gesichtsfarbe verbesserte den Gesamteindruck nicht
wirklich. Genauso wenig wie ihre fehlenden Wimpern und Augenbrauen. Man könnte
auch sagen, dass sie eine verkehrte Metamorphose durchgemacht hatte. Nämlich
vom Schwan zum hässlichen Entlein. Das ist vielleicht ein bisschen gemein, aber
wie das Sprichwort schon sagt, braucht, wer den Schaden hat, für den Spott
nicht zu sorgen. Das Mitleid vom Strobel hielt sich in Anbetracht dessen, was
die Traude angestellt hatte, ohnehin schwer in Grenzen. Von daher bereitete es
ihm überhaupt keine Gewissensbisse, sie zu wecken. Ihre Freude darüber, ihn zu
sehen, hielt sich allerdings schwer in Grenzen. Überhaupt, nachdem er ihr, ohne
lange zu taktieren, den Grund seines Besuches mitgeteilt hatte. Zu Beginn
machte sie genau das, was viele Straftäter tun. Sie versuchte alles zu leugnen.
Allerdings nur, bis ihr der Strobel erklärte, dass sich ihre Chancen auf ein
möglichst mildes Urteil dadurch drastisch verschlechterten und er sowieso schon
alles wusste. Das stimmte so zwar nicht ganz, verfehlte aber trotzdem nicht
seine Wirkung. Nach dieser Mitteilung ging die Traude nämlich zu Phase zwei
über. Heulen. Aber auch das war etwas, das viele der Ertappten machen. Sie
dachte Mitleid zu erregen, wenn sie auf die Tränendrüse drückte. Ich meine, natürlich
gibt es da auch Ausnahmen. Manche weinen, weil ihnen wirklich leid tut, was sie
getan haben. Den meisten tut aber eher leid, dass sie erwischt wurden. Und
genau das unterstellte der Strobel auch der Traude. Immerhin hätte sie aus
seiner Sicht bei ihrem letzten Gespräch Gelegenheit gehabt, reinen Tisch zu
machen. Hatte sie aber nicht getan. Sie hatte es vorgezogen, ihn anzulügen. Von
daher kam dem Strobel ihre angebliche Reue eindeutig zu spät. Genau das sagte
er ihr jetzt auch. Und siehe da, die Traude trat daraufhin nach einer kleinen
Pause in Phase drei ein. Die ›Wahrheitsphase‹. Weil irgendwann kommt bei so
einer Vernehmung immer der Punkt, an dem der Verdächtige ankündigt, jetzt die
Wahrheit zu sagen. Das Resultat ist in den meisten Fällen eine Mischung aus
viel Lüge und sehr wenig Wahrheit. Wenn das nicht funktioniert, weil die
Beweise was anderes sagen, wird variiert. Nach und nach verschiebt sich das
Pendel zu immer mehr Wahrheit, und irgendwann ist dann Schluss. 100 Prozent
bekommst du nie. Ich persönlich meine, dass man das irgendwie verstehen muss.
Weil denk einmal an deine Kindheit. Wenn du etwas angestellt hattest, von dem
du wusstest, dass du dafür bestraft wirst, was hast du da sehr oft getan, um
dich zu retten? Du hast gelogen! Gib es ruhig zu. Wer hat das nicht getan? Das
ist doch ganz normal. Genauso normal ist es bei uns Erwachsenen. Natürlich will
keiner freiwillig etwas zugeben von dem er weiß, dass es eine Strafe nach sich
zieht. Schon gar nicht, wenn es um eine Haftstrafe geht. Es kommt ja nicht von
ungefähr, dass unser Rechtssystem den Verdächtigen das Lügen erlaubt. Weil ob
du es jetzt glaubst oder nicht, als Beschuldigter darfst du lügen! Als Zeuge
allerdings nicht. Da kriegst du eins auf die Mütze. Aber wie dem auch sei. Bei
der Traude war es jedenfalls recht schnell soweit, dass sie zusammenbrach und
erzählte, was tatsächlich im ›Hexenwinkel‹ gelaufen war. Eine schöne Geschichte
war jedoch auch die ihre nicht. Aber hör zu. Kurz nachdem sie ihr neues Lokal
aufgemacht hatte, kam der Brauneis Thomas zu ihr und fragte sie, ob sie viel
Geld verdienen wolle. Dass er damit zu ihr kam war kein Zufall. Der Thomas war
nämlich einer ihrer vielen verflossenen Liebhaber. Trotzdem sie diese
›Beziehung‹ schon vor einiger Zeit beendet hatte, schliefen die beiden
zwischendurch immer wieder miteinander. Bei einem solchen Stelldichein kam es
dann zu dem Angebot. Natürlich wollte die Traude wissen, um wie viel Geld es
ging und was sie dafür tun musste. Und der Tom sagte ihr, dass es um sehr viel
Geld gehe und er einen Freund habe, den er ihr vorstellen wolle. Mit dem könne
sie dann über die Details reden. Die Traude war mit einem Treffen
einverstanden, und so kam es halt, dass

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