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Saukalt

Saukalt

Titel: Saukalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oskar Feifar
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haben. Aber wer mag schon ein Volk,
das in dem Ruf steht, Kinder zu verschleppen, zu stehlen, zu betrügen und Leute
mit bösen Flüchen zu belegen? Klar will die keiner haben. Und das, obwohl es
seitens der hoch gepriesenen Wissenschaft keinen Beweis für Zigeunerflüche
gibt. Über diese Themen könnte man stundenlang reden, aber das erspar ich dir.
Weil im Zusammenhang mit dieser Geschichte ist das alles ohnehin egal.
Mindestens genauso egal wie es dem Strobel war, dass der Fellner Fritz
vielleicht gar kein Gauner, sondern ein Opfer seines Umfeldes war. Der
Leidensdruck, unter dem der Fritz und seine Brüder standen, muss jedenfalls
massiv hoch gewesen sein. Anders kann man sich nämlich nicht erklären, warum
die so viel gesoffen und sich so auffällig verhalten haben. Ob der Strobel sich
damals ähnliche Gedanken gemacht hat, weiß ich nicht. Sicher ist nur, dass es
für ihn, dank dem Fellner, ein ziemlich ruhiger Nachmittag gewesen ist, den er
damit verbrachte die Zeitung zu lesen, Kreuzworträtsel zu lösen und sich mit
einem Doppelbildrätsel abzumühen, bei dem er den fünften und letzten Fehler ums
Verrecken nicht finden konnte. Die Sucherei war derart ermüdend, dass sich der
Strobel, mehr ungewollt als gewollt, ein kleines Nickerchen gönnte. Natürlich
nicht ohne vorher die Postentür abzusperren. Unangenehme Überraschungen konnte
er nämlich gar nicht leiden. Der Fellner, da war sich der Strobel sicher, würde
jedenfalls nicht weglaufen. Nicht einmal wenn er nicht eingesperrt gewesen
wäre. Seelenschmerz hin, Leiden her, aus der abgesperrten Zelle gab es für die
Schnapsleiche kein Entkommen. In dieser Nacht war vom seelischen Leiden des
Fritz aber nichts zu spüren. Wie ein Baby schlief er in seiner Zelle. Im
Gegensatz zum Strobel. Der konnte gar nicht gut schlafen. Erstens war das
Klappbett auf der Dienststelle alles andere als bequem, und zweitens schnarchte
der Fritz wie die sprichwörtliche Sau. Nebenbei bemerkt haderte der Strobel
auch mit dem ungeplanten Nachtdienst. Aber irgendjemand musste ja auf den Fritz
aufpassen. Wie das halt oft so ist, wenn man nicht einschlafen kann, verging
die Zeit nur sehr langsam. Das fiel dem Strobel deshalb besonders auf, weil er
dauernd auf die Uhr schaute. So eine Uhr ist bekannter Weise eine teuflische
Erfindung. Weil wenn man es eilig hat, bewegen sich die Zeiger meist unheimlich
schnell. Als würden kleine böse Männchen im Gehäuse sitzen, die nichts anderes
zu tun haben als darauf zu achten, dass man immer langsamer ist als die Zeit.
Soll sie dann aber vergehen, weil man auf etwas wartet, bremsen diese Teufel
die Zeiger derartig ab, dass man meinen könnte, die Zeit ist stehen geblieben.
Natürlich sagt einem der Verstand, dass das Blödsinn ist, und die Zeit immer
gleich schnell vergeht. Schließlich ist auch das eindeutig wissenschaftlich
bewiesen. Und der Strobel wusste natürlich auch, dass das reine Einbildung war,
und ihm sein Hirn da einen Streich spielte. Aber das nützte ihm in dieser
Situation gar nichts. Im Gegenteil. Als er am nächsten Morgen um sechs Uhr
dreißig aufwachte, fühlte er sich wahnsinnig müde, weil er ganz genau wusste,
dass er nur vier statt der gewohnten acht Stunden geschlafen hatte. Ein
Problem, das der Fellner Fritz nicht haben würde. Weil der grunzte nach fast
zwölf Stunden immer noch wie der Bär im Winter. Der Vergleich drängte sich dem
Strobel in dem Moment auf, in dem er zur Zelle kam. Dort stank es nämlich wie
in einer Bärenhöhle. Eine Mischung aus dem aufdringlichen Körpergeruch und der
Alkoholausdünstung vom Fritz. Auf eine Sinneserregung dieser Art hätte der
Strobel liebend gern verzichtet. Überhaupt vor dem Frühstück. Er musste
wirklich die Luft anhalten, als er in die Nachbarzelle ging, um dort das
Fenster aufzumachen. Über Nacht hatte sich der Raum sowieso schon stark
abgekühlt, aber jetzt wurde es schlagartig eiskalt. Dass er deswegen auch noch
zum Fritz hineingehen musste, um ihm eine zweite Decke zu bringen, machte die
Sache nicht besser. Aber ein erfrorener Fritz wäre halt auch nicht so ideal
gewesen. Weil erstens hätte das eine Menge Schreibarbeit gegeben, und zweitens
hätte der Strobel ihn dann nichts mehr fragen können. Kurz vor sieben
erschienen der Berti und der Pfaffi zum Dienst. Im Gegensatz zum Strobel waren
die beiden topfit und voller Elan. Das äußerte sich insofern, dass sie sich
angeregt über irgendeine Sendung unterhielten, die im Fernsehen gezeigt worden
war. Mitten in

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