Saukalt

dass Mann und Frau immer wieder in
solche Situationen geraten. Frauen denken mit beiden Gehirnhälften, Männer nur
mit einer. Darin liegt der Hund begraben. Weil während Mann nur einen Gedanken
nach dem anderen verarbeiten kann, produziert Frau immer zwei auf einmal. Von
daher hinkst du als Mann freilich immer einen Schritt hinterher. Das ist der
Grund, warum Männer immer wieder in die ›Kleiderfalle‹ tappen. Weil wenn Frau
vor dem Ausgehen hören will, dass sie eine tolle Figur hat, sie die Schönste
für dich ist, du sie unendlich liebst und es schätzt, wie sehr sie dich mit
ihrer Kochkunst verwöhnt und du sie dafür bewunderst, wie gut sie den Haushalt
im Griff hat, fragt sie dich das nicht. Oh nein! In diesem Moment setzt sich
ein Gedankenprozess in Gang, der verheerende Folgen haben kann. Die linke
Gehirnhälfte will das alles hören, und die rechte Hälfte denkt sich
gleichzeitig die Frage aus. Und noch bevor sie gestellt wird, weiß die linke
Hälfte schon, wie die Antwort zu lauten hat, während rechts schon die nächste
Frage parat liegt. Damit aber nicht genug, spielen jetzt beide Gehirnhälften
das gesamte Frage-Antwort- Szenario in der Zeit durch, die das zahlenmäßig
unterlegene männliche Gehirn braucht, um eine der gefährlichsten Fragen dieser
Welt zu verarbeiten: »Wie gefällt dir mein Kleid?«
    Und
lange bevor wir Männer die aus unserer Sicht richtige Antwort gefunden haben,
weil wir damit beschäftigt sind, das Kleid zu betrachten, um uns eine Meinung
bilden zu können, stehen bei Frau alle Zeichen auf Sturm, weil es so lange
dauert mit der richtigen Antwort. Nur wenigen ist es gegeben sich aus dieser
Situation zu retten. Dazu kommt, dass du dich darauf nicht einmal vorbereiten
kannst, wenn du glaubst, alles durchschaut zu haben. Es ist nämlich nicht immer
so. Oft will Frau wirklich das wissen, wonach sie fragt. Unmöglich zu erkennen
also, wann die Falle zuschnappt. Der Strobel war an diesem Morgen in einer
ähnlichen Situation. Und er hat es verbockt. Freilich ohne es zu ahnen und ohne
jede böse Absicht. Seine Sorge, die Angebetete müsste eine ganze Woche lang zu
Fuß zur Arbeit gehen, ging jedenfalls völlig unter. Was ihn aber letztendlich
doch noch rettete, war sein Instinkt, der ihm zuflüsterte, dass es der Frau
Doktor unheimlich wichtig war, ihm diesen Gefallen tun zu können. Also nahm er,
ohne genau zu wissen warum, das Angebot am Ende doch an und fuhr mit dem Auto
nach Tratschen. Die ganze Zeit dachte er darüber nach, was da in den letzten
beiden Tagen abgelaufen war und versuchte eine Erklärung dafür zu finden. Aber
weil eben nur eine Hirnhälfte, gelang ihm das freilich nicht. Am Ende beschloss
er einfach, bei nächster Gelegenheit Blumen zu kaufen. Immer ein gutes Mittel,
um den Frieden wieder herzustellen.

9
     
    Auf der Dienststelle erwarteten
ihn bereits seine beiden Kollegen. Noch während der Strobel damit beschäftigt
war, seinen Mantel aufzuhängen, forderte er die beiden auf, ihm zu erzählen,
was eigentlich genau passiert war. Und bevor der Berti irgendwas sagen konnte,
sprudelte die Geschichte nur so aus dem Pfaffi heraus. Er erzählte wortreich,
dass die Fürnkranz Marie im Wald spazieren war, weil ihr der Doktor zu viel
Bewegung an der frischen Luft geraten hatte, um ihr Trauma besser verarbeiten
zu können, das sie erlitten hatte, weil sie im Sommer das Pech hatte, gleich
zwei Leichen zu finden. Weil du musst nämlich wissen, dass die
bemitleidenswerte Frau den erschlagenen Höllerer Hans und den Sedlak Mampfi mit
einer Kugel im Kopf gefunden hatte. Ereignisse, die der Seele von der Marie gar
nicht gut getan hatten. Ein paar Wochen war sie danach in der Nervenheilanstalt
gewesen. Weil die Marie Blumen liebte, arbeitete sie seit ihrer Entlassung in
der Gärtnerei. Sie war nämlich zu der Ansicht gelangt, dass sie bei dieser Art
von Arbeit wesentlich weniger Tote finden würde, als beim Putzen. Es sah
allerdings so aus, als wäre es das Schicksal der Marie gewesen, die frisch aus
dem Leben Geschiedenen als Erste zu finden. Wie wäre sonst zu erklären gewesen,
dass sie bei ihrem täglichen Waldspaziergang über den Fellner stolperte? Obwohl
gestolpert nicht der richtige Ausdruck ist, weil der Fritz sich ja an einem
Baum erhängt und die Marie sich den Kopf an den Absätzen seiner Stiefel
gestoßen hatte. Die Vorsehung hatte sie also quasi mit dem Kopf auf den Fritz
gestoßen. Aber wie dem auch sei.
    Jedenfalls
ging dem Strobel die ausschweifende Rederei