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Saure Milch (German Edition)

Saure Milch (German Edition)

Titel: Saure Milch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Mehler
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Bene irgendwie Mut
machen. Der arme Kerl muss verrückt sein vor Kummer.
    Fanni wurden die Beine schwer. Später, wand sie sich heraus, am
Abend, morgen.
    Sie beschattete die Augen mit der flachen Hand und nahm den Hof noch
mal ins Visier. Eine Gestalt bog ums Hauseck und hielt auf die Wiese zu.
    Der Alte ist das nicht, sagte sich Fanni, der hinkt, seit er mit dem
rechten Fuß unter das Güllefass geraten ist. Bene? Nein, auch nicht. Der schlenkert
immer so auffällig mit den Armen beim Gehen. Und überhaupt, warum sollten Bene
oder gar der Alte über die Wiese herunterkommen, zu Fuß, ohne den Traktor samt
Mähwerk unterm Hintern?
    Fanni kniff beide Augen zu Schlitzen, und da erkannte sie die Gestalt,
die sowieso schon auf knapp zwanzig Meter heran war und ihr winkte.
    Es war Sprudel.
    Fannis Mundwinkel schoben sich eigenmächtig etliche Millimeter nach
oben.
    Sprudel begrüßte sie mit »Guten Tag, liebe Frau Rot«, und Fannis
Mundwinkel hoben sich noch ein Stückchen. Bei Sprudels nächsten Worten sackten
sie wieder hinunter.
    »Ich wollte Ihnen mitteilen, Frau Rot«, sagte Sprudel, »dass ich
soeben den alten Klein verhaften musste. Ihre Theorie ist zwar gut, Frau Rot,
aber die Beweise gegen Klein sind ziemlich stichhaltig.«
    »Es gibt Beweise?«, fragte Fanni baff.
    »Ja«, sagte Sprudel, »ich erkläre Ihnen gerne alles, wenn Sie
wollen. Die Presse haben wir bereits informiert, und darum darf ich darüber
reden. Morgen steht es dann auch in der Zeitung – verdreht, aufgeplustert
und marktschreierisch.« Er murmelte noch etwas in seinen Hemdkragen, das wie
»Witzblätter, hinterwäldlerische« klang. Gute Charakterisierung für unsere
Zeitungsausgaben, fand Fanni, hätte aber nicht darauf gewettet, alles richtig
verstanden zu haben. Sie bat Sprudel ins Haus und schaltete die Kaffeemaschine
ein.
    »Seit heute früh«, sagte Sprudel, »liegt der Befund aus der
Gerichtsmedizin vor. Ein stumpfer Gegenstand, es ist vermutlich – wie wir
alle bereits angenommen haben – ein mittelgroßer runder Stein gewesen,
traf einmal schwach und ein zweites Mal mit beachtlicher Wucht auf Mirzas
großen Keilbeinflügel rechts.« Sprudel tippte auf die flache Mulde zwischen
seiner Augenbraue und dem Wangenknochen.
    Fanni stellte zwei Tassen auf den Tisch. Sie hatte Sprudels
Demonstration nicht nötig, sie wusste neuerdings, wo das Keilbein im Schädel
saß. Während des Besuchs bei Vera war natürlich auch Mirzas Tod diskutiert
worden. »An was stirbt denn einer, der einen Stein an den Kopf kriegt?«, hatte
Vera gefragt, und Leni hatte mit einer Nektarine als Tatwaffe eine für sie
denkbare Art und Weise nachgestellt und erklärt.
    »Der zweite Aufprall«, sagte Sprudel, »hat eine Schädelfraktur
verursacht, die spontan zum Tode führte.«
    Fanni schenkte den Kaffee ein und sprach an Sprudels Stelle weiter.
»Die innere, sehr poröse Schicht des Schädels ist durch den Schlag zersprungen.
Die Splitter haben Hirn und Gefäße verletzt und dadurch Blutungen verursacht.
Mirza blutete aus Nase und Ohren.«
    Sprudel merkte anscheinend, dass er den Mund offen hatte, und nahm
schnell einen Schluck Kaffee. Fanni stellte einen Teller mit zwei
Butterhörnchen neben Sprudels Tasse.
    »Der Todeszeitpunkt«, sagte Sprudel, »liegt – weit
gegriffen – zwischen neun und elf Uhr morgens.«
    Fanni nickte, sie hatte Mirza um elf gefunden, und da war Mirza tot
gewesen.
    »Unter den Fingernägeln von Mirza Klein hat der Rechtsmediziner
Hautpartikel entdeckt«, kam Sprudel zum springenden Punkt.
    »Meine Güte«, schnappte Fanni, »und darin fand sich DNS vom alten Klein!«
    »Richtig, Miss Marple«, lobte Sprudel, »aber das ist noch nicht
alles. Man hat Flecken auf Mirzas Kleidung entdeckt und Proben davon untersucht
und –«
    »– Speichel vom Alten gefunden«, fiel Fanni ein.
    Sprudel musste lachen.
    »Damit ist der alte Klein überführt«, sagte er dann ernst.
    »Aha«, verkündete Fanni, und die Ironie in ihrer Stimme fiel sogar
dem Gummibaum neben der Glastür zur Terrasse auf.
    Sprudel biss irritiert in ein Butterhörnchen, kaute intensiv,
schluckte und sagte bedächtig: »Der Staatsanwalt geht von folgendem Tathergang
aus: Mirza und der Alte hatten wieder einmal Streit. Der Alte machte Anstalten,
tätlich zu werden, deshalb flüchtete Mirza über die Wiese. Er rannte hinterher
und erwischte sie, als sie gerade Ihr Grundstück queren wollte, Frau Rot. Bei
den Johannisbeerstauden bekam er sie zu fassen und schlug ihr mit einem

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