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Saure Milch (German Edition)

Saure Milch (German Edition)

Titel: Saure Milch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Mehler
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konnte, »ich würde mich auf Ihrem Grundstück gern mal nach dem Stein umsehen,
mit dem Mirza erschlagen worden ist. Solange die Tatwaffe fehlt, ist doch ein
Verbrechen nicht richtig aufgeklärt, oder?«
    »Sie haben recht«, antwortete Fanni, »aber die Polizei …«
    Herr Praml hatte das Kistchen unter den rechten Arm geklemmt, mit
der linken Hand wedelte er Fannis Einwand weg. »Wenn es Ihnen recht ist, schau
ich selber nach. Den platten Autoreifen deponiere ich neben ihrer Garage.«
    Fanni nickte zustimmend und startete den Motor. Als sie den
Erlenweiler Ring hinunterfuhr, stand Frau Praml am Gartenzaun und winkte ihr
mit dem Handfeger nach.
    Sprudel strahlte bis zu den großen Ohren, als Fanni auf
dem Feldweg ihren Wagen neben seinem anhielt. Er deutete auf einen nahe
gelegenen Hügel.
    »Der Natternberg«, sagte er, »heißt es nicht, der Teufel wollte den
Felsen in die Donau werfen, um die Anwohner zu ertränken?«
    Fanni nickte. »Aber der Brocken war dem Teufel zu schwer, und er
musste ihn mitten in der Ebene fallen lassen.«
    »Warst du schon mal auf dem Natternberg oben?«, fragte Sprudel.
    Fanni verneinte.
    »Dann los«, sagte Sprudel.
    Sie stiegen in die Autos und fuhren das kurze Stück zum Fuß des
Hügels. Zwei Holztafeln mit geschichtlichen Angaben, Daten, die bis in die
Steinzeit zurückgingen, markierten den Beginn des Wanderweges zum Gipfel.
    »Böckl hat kein Alibi«, berichtete Sprudel.
    »Ja«, sagte Fanni, »er war zur Tatzeit im Keller seines Hauses und
hat ein Jagdgewehr repariert, und er war alleine, weil ihn seine Frau
währenddessen im Geschäft vertreten hat.«
    »Fanni!«, schrie Sprudel, dass es an den Felsen widerhallte. »Kannst
du jetzt auch schon Gedankenlesen?«
    Fanni klärte ihn auf.
    »Nüchtern betrachtet ist Böckl ziemlich verdächtig«, meinte sie
danach und begann aufzuzählen. »Erstens: Er kennt Mirza besser, als die anderen
Nachbarn sie kannten. Er weiß genau, wo sie herkommt, obwohl er immer so getan
hat, als hätte er sie zufällig von der Straße aufgelesen. Er kennt sogar
Verwandte von ihr. Böckl hätte also ganz leicht einen Vorwand finden können,
Mirza zu sich ins Haus zu locken. Zweitens: Böckl geht jeden Abend mit seinem
Hund Gassi.«
    »Wieso macht ihn das verdächtig?«, warf Sprudel ein.
    Fanni ließ sich nicht beirren. »Er geht sehr spät spazieren mit dem
Hund«, sagte sie. »So um zehn Uhr abends läuft er gewöhnlich den Erlenweiler
Ring herauf und biegt dann in die Hauptstraße ein.«
    »Ähm«, machte Sprudel.
    Fanni unterbrach sich und sah ihn an.
    »Wieso«, fragte Sprudel, »heißt dieses Gässchen eigentlich ›Ring‹?
Es handelt sich doch bloß um eine Stichstraße, die von der Hauptstraße abzweigt
und in eine Siedlung führt, so wie tausend andere zwischen der Kreisstadt und
den Bayerwaldbergen.«
    Fanni warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu. »Mein lieber Sprudel«,
grinste sie dann, »dir scheint entgangen zu sein, dass unser Erlenweiler
Sträßchen vor den Häusern von Weber und Beutel einen perfekten Kreis
beschreibt, bevor es wieder in sich selbst mündet.«
    »Ah«, machte Sprudel. »Der Erlenweiler Ring«.
    »Genau«, sagte Fanni und fuhr fort. »Böckl spaziert also um zehn Uhr
abends den Erlenweiler Ring herauf und biegt dann in die Hauptstraße ein. Wenn
ich gegen halb elf im Badezimmer die Jalousie herunterlasse, dann sehe ich ihn
über die Wiese herunterkommen. Das bedeutet, er hat den Klein-Hof umkreist.«
    »Macht ihn schon eher verdächtig«, gab Sprudel zu. »Und das ist wohl
noch nicht alles.«
    »Doch, fast«, antwortete Fanni, »was ich sonst noch beobachtet habe,
lässt sich nur als Hinweis verwenden, als mögliche Antwort auf die Frage, warum
Böckl darauf verfallen sein könnte, Mirza zu belästigen.«
    Sprudel senkte sein Ohr.
    »Mirza hat nie ihre Vorhänge zugezogen«, sagte Fanni, »wenn Böckl
bei Dunkelheit den Hof umkreist hat, dann hat er einiges zu sehen gekriegt
hinter den Fenstern.«
    »Das hätte er bei dir auch«, murmelte Sprudel.
    »Sprudel«, regte sich Fanni auf, »ich habe Jalousien ,
die lasse ich herunter, wenn ich mich abends im Badezimmer ausziehe, und in
meinem Wohnzimmer, da gibt es nichts zu sehen für Voyeure. Mirza hatte da viel
mehr zu bieten.«
    Sprudel grinste. »Drittens«, sagte er.
    »Drittens, was drittens, ach drittens. Böckl ist Jäger! Ich denke
mir, dass Jäger mit dem Tod kaltblütiger umgehen als andere Leute. Ein Jäger
weiß bestimmt genug über

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