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Saure Milch (German Edition)

Saure Milch (German Edition)

Titel: Saure Milch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Mehler
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gewitzelt hat, dass Karel gut zweimal die
Woche seinen Rausch in der Ausnüchterungszelle ausschlafen muss. Und die
Schnapsbrüder im Dorfwirtshaus hatten erzählt, dass Karel schier täglich in
seiner Stammkneipe randaliert, und zwar so lange, bis es dem Wirt und den
Gästen zu bunt wird. Manchmal schafft es der Besitzer der Kneipe, Karel selbst
aus dem Lokal zu bugsieren, wenn nicht, dann ruft er die Polizei, und dann
nächtigt Karel in der Zelle. Die Polizeistation in Klattau führt, wie es sich
gehört, genau Buch über ihre Pensionsgäste. An dem Tag, an dem Mirza erschlagen
worden ist, war Karel bis drei Uhr nachmittags hinter Schloss und Riegel.«
    »Also kein Fall für Interpol«, stellte Fanni fest. »Was sagt dein
Staatsanwalt dazu?«
    »Irgendjemand in Brezi muss mit Mirza Kontakt gehabt haben, sagt der
Staatsanwalt, denn woher sonst hätte die Mutter wissen können, dass Mirza
glücklich verheiratet war? Und er hat recht. Mir ist das auch klar geworden, in
Klattau noch. Deshalb habe ich auf der Rückfahrt ein paarmal am Straßenrand
angehalten und mich mit den Mädchen dort unterhalten. Ich habe sogar eine von
Mirzas Schwestern gefunden, an einer Tankstelle kurz vor der Grenze. Alle,
ausnahmslos alle Mädchen haben mir fröhlich erzählt, dass Mirza seit gut einem
Jahr verheiratet sei, und zwar recht glücklich.«
    »Stille Post«, sagte Fanni.
    Sprudel lachte. »Zweifellos! Aber erstaunlicherweise«, fügte er
hinzu, »wusste keines der Mädchen, wo Mirza mit ihrem Mann gewohnt hat.«
    »Womit dann auch die Hypothese ›Ehemalige Kolleginnen rotten sich
zusammen und erschlagen Mirza aus Neid‹ an Magersucht eingeht«, entschied
Fanni.
    Sprudel stimmte ihr zu.
    »Wie kommt eigentlich Böckl im Licht der neuesten Erkenntnisse
weg?«, fragte Fanni und gab sich selbst die Antwort: »Er kommt gar nicht
schlecht weg, weil klar wird, dass ihm einiges daran lag, Bene und die Frau,
die er ihm verschafft hatte, vor Karel zu schützen. Er hat einen Mordsaufwand
betrieben, Mirzas neuen Wohnort geheim zu halten.«
    »Er kommt doch schlecht weg«, konterte Sprudel, »weil er Hunderte
von Vorwänden hätte finden können, um Mirza in sein Haus zu locken.«
    »Gut«, lenkte Fanni ein, »Böckl bleibt vorerst in Reserve, und ich
muss jetzt schnellstens nach Hause.«
    »Wir haben noch zwei auf unserer Liste«, meinte Sprudel auf dem
Rückweg, »die wir überprüfen müssen: Kundler und Meiser.«
    »Es wird nicht viel dabei herauskommen«, sagte Fanni bedrückt.
    »Durchhalten, Miss Marple«, befahl Sprudel, »den Schlussstrich
ziehen wir erst, wenn wir genau wissen, was jeder Einzelne der Nachbarn an
Mirzas Todestag um zehn Uhr früh gemacht hat.«
    »Ich habe keine Ahnung«, mäkelte Fanni, »wie wir bei Kundler
ansetzen sollen. Er ist pensionierter Justizbeamter.«
    Sprudel sah Fanni verdutzt an.
    »Nein, Sprudel«, sagte Fanni, »du musst ihn nicht kennen, nicht
jeder bei Gericht hat mit Verbrechern zu tun. Kundler war Rechtspfleger beim
Grundbuchamt – Hypotheken, Dienstbarkeiten, Wohnungseigentum, ein
Schreibtischjob. Seine Frau ist früher Lehrerin an unserer Grundschule gewesen.
Die beiden leben recht zurückgezogen und unterhalten sich nur selten mit den
Nachbarn. Kundlers Haus steht meinem schräg gegenüber, aber wegen der
Fichtenhecke, die an der Zufahrt entlangwächst, kann ich davon nur den
Dachfirst sehen.«
    Fanni beschleunigte ihre Schritte, denn es ging jetzt viel sanfter
abwärts als zuvor, und der Pfad verbreiterte sich zu einem Fahrweg.
    »Die beste Sicht auf Kundlers Haus haben Pramls«, fuhr sie fort.
»Die wohnen genau vis-à-vis. Frau Praml schaut von ihrem Küchenfenster aus
geradewegs auf Kundlers Haustür, aber auch Frau Praml hat wenig Kontakt mit den
beiden. Meiser, der direkt an Kundler grenzt, ist zerstritten mit ihm. Seit
vielen Jahren schon. Es ging wohl um irgendeine Grenzbepflanzung damals.
Kundlers und Meisers grüßen sich nicht einmal.«
    »Und ich dachte«, warf Sprudel ein, »Meiser sei jedermanns bester
Freund.«
    Fanni schüttelte den Kopf. »Seit einigen Wochen ist Meiser auch mit
Böckl über Kreuz. Zuvor haben sie oft in Meisers oder Böckls Garten
zusammengesessen. Aber eines Tages habe ich gemerkt, dass sie sich auswichen.
Das war kurz nachdem Meiser bei Böckl den Rasen gelüftet hatte.«
    »Was könnte denn da vorgefallen sein?«, fragte Sprudel.
    Fanni zuckte die Schultern. »Möglicherweise gar nichts. Zu mir ist
jedenfalls kein Wort über einen Streit durchgesickert.

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