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Saure Milch (German Edition)

Saure Milch (German Edition)

Titel: Saure Milch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Mehler
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Hund.
    Klein wurde erwachsen, ohne je etwas anderes zu hören als barsche
Kommandos. Er arbeitete auf dem Hof und hatte nach der Pfeife des Vaters zu
tanzen.
    Als der Vater endlich unter die Erde kam, wurde das Leben auch nicht
leichter. »Weil man es eben schwer hat als Bauer«, seufzte Klein. »Da ist ein
Stall voll Kühe, die einen Haufen zu fressen wollen, die viel zu wenig Milch
geben, die Krankheiten ausbrüten und ihre Kälber nicht austragen. Da sind
Wiesen, entweder zu feucht oder zu trocken, und da sind Äcker voller Steine und
Felder aus nichts anderem als hartem Lehm.«
    Er habe überstürzt geheiratet, erzählte Klein, weil eine Frau her
musste für den Hof. Aber da habe er in den Dreck gelangt. »Klar«, sagte Klein,
»die Auswahl war nicht groß. Wer sollte mich schon wollen samt dem Kroppzeug
von Bauernhof?«
    Seine Angetraute entpuppte sich als Jammerlappen und Zimperliese,
die nie was zustande gebracht hatte, nicht einmal ein gesundes Kind. »Obwohl«,
lenkte der Alte ein, »gegen den Bene kann man gar nichts sagen. Der ist ein
braver Bub, und er kann nichts dafür, dass er nicht so ist wie andere Leute.«
    In Fannis Kopf wechselten die Bilder von prügelnden Vätern zu
totgeborenen Kälbern, von debilen Säuglingen zu verdorrten Getreidehalmen.
    »Die Mirza«, hechelte Klein – er war bereits erschöpft und
ausgelaugt nach seiner langen Rede – »das war eine ganz Ausgekochte, die
hat ganz genau gewusst, was sie will. Aber tüchtig war sie, das muss man ihr
lassen. Für den Bene, für den war sie mehr wert als ein Wadenwickel bei Fieber,
das lässt sich überhaupt nicht abstreiten.«
    Und deshalb, das betonte Klein, hätte er der Mirza niemals ein Haar
gekrümmt, kein einziges, und er wolle wirklich wissen, was das für ein Schwein
war, das sie erschlagen hatte.
    »Ja«, sagte Sprudel, das wolle er eben auch. »Aber«, fuhr Sprudel
fort, »dazu brauche ich Ihre Hilfe, Herr Klein. Sie müssen mir ganz genau
sagen, was Sie an dem Vormittag gemacht haben, an dem Mirza erschlagen worden
ist, wen Sie gesehen haben und was sich sonst noch abgespielt hat.«
    Für ferner in der Vergangenheit liegendes Geschehen hatte Klein, so
schien es, ein weit besseres Gedächtnis, denn nun wurde er auf einmal still.
    Er scharrte nachdenklich mit seinen eingerissenen Fingernägeln über
die Bettdecke und rupfte dabei kurze weiße Fäden heraus, die sich unter den
Nägeln verfingen.
    Fanni konnte sehen, wie er sich anstrengte, um mit seinen Gedanken
zum Vormittag des 9. Juni zu
gelangen, an dem Mirza starb.
    Klein überlegte und dachte nach, begann Sätze, die er nicht zu Ende
brachte, und dachte wieder nach. Das Resümee war mager.
    »Mirza hat nach der morgendlichen Stallarbeit die Milchkammer
geputzt. Das muss so zwischen acht und neun gewesen sein. Der Bene war da schon
weg. Mit einer Ladung Kunstdünger auf dem hinteren Feld.«
    Er selber hätte Reiser gehackt, sagte Klein, er hatte es zu Bündeln
geschnürt und aufgeschichtet. Die Äste von dem gefällten Nussbaum mussten
endlich weg, ständig waren sie im Weg.
    Irgendwann hatte er Mirza in ihrem Fummel gesehen, nur ganz kurz,
mehr aus den Augenwinkeln.
    Das war das Letzte, was er von ihr zu Gesicht bekommen hätte,
seufzte Klein, und jetzt sei sie unter der Erde, tot, erschlagen.
    Klein schoss das Wasser in die Augen.
    Fanni sackte die Kinnlade herunter. Der Infarkt musste eine ganze
Menge mehr angerichtet haben, als die Untersuchungsergebnisse erkennen ließen.
    Sprudel schwor dem Alten, keine Ruhe zu geben, bis dieses Schwein
gefunden wäre, das Mirza auf dem Gewissen hatte.
    Sie saßen schon mehr als zwei Stunden lang am Bett von
Bauer Klein. Er hatte sich blass und matt in die Kissen zurückgelehnt, aber er
war noch nicht fertig mit ihnen.
    Wie der Bene allein zurechtkäme, wollte er wissen, ob das Heu
eingefahren sei, ob der Bene die Resi zum Schlachthof gebracht habe, ob der
Traktor noch Mucken mache, ob dies, ob das.
    Fanni beantwortete alles, so gut sie konnte. »Bauer«, sagte sie
abschließend, so nannten ihn alle in Erlenweiler, wenn sie ihn direkt
ansprachen. In der Siedlung sagte kein Mensch »Herr Klein« zu ihm, »es läuft
recht ordentlich auf dem Hof. Den Viechern geht es gut, und Milch geben sie
genug. Das Futtergras wächst und die Kartoffeln auch. Wer Sie dringend braucht,
das ist der Bene selber. Die Dorfhelferin ist eine garstige Beißzange, die den
Bene bloß herumkommandiert. Je eher Sie gesund werden und nach Hause kommen,
damit der

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