Saure Milch (German Edition)
das
weiß ich ganz genau. Ich war doch selber dabei, als der Meiser in der Gärtnerei
an der Hauptstraße diese peinliche Szene aufgeführt hat! Ein paar
Endivienpflanzen wollte ich mir aussuchen, da hab ich mitbekommen, wie Meiser
das Geld für seine Geranien zurückverlangt hat, laut genug war er ja.
›Verkaufen hier Pflanzen, die mit Schwarzfäule infiziert sind, Betrug ist
das!‹, hat er getobt. Der nächste Schritt, der werde ihn geradeswegs zur
Polizeidienststelle führen, hat er gesagt, wo eine Anzeige gemacht werden
würde, wenn nicht sofort auf Heller und Pfennig hier am Tisch liege, was er
bezahlt hat für das Mistzeug.«
»Aber«, meinte Fanni, »mir hat Frau Meiser gerade erzählt, dass Frau
Böckl Schuld hat an dem Desaster. Sie hat die Pflanzen nicht gegossen, als
Meisers verreist waren, obwohl sie es versprochen hatte.«
»Unsinn«, sagte Frau Praml. »Haben Sie die schwarzen Stiele nicht
selber gesehen, Frau Rot? Und außerdem, die Reise liegt Wochen zurück. Wenn die
Pflanzen vertrocknet wären, dann doch nicht erst jetzt.«
»Hm«, machte Fanni, »aber warum sollten Meisers der Frau Böckl einen
Massenmord an unschuldigen Geranien anhängen wollen?«
»Weil sie einen vorzeigbaren Grund für das Zerwürfnis mit Böckls
brauchen.«
»Und den haben sie nicht?«, tastete sich Fanni vorwärts.
»Exakt vor zwei Stunden haben uns Böckls erzählt, warum Meisers
wegsehen, wenn Böckls in Sicht kommen«, sagte Frau Praml darauf. »Wir sind
nämlich heute Nachmittag mit den Kindern auf dem Bürgerfest gewesen und haben
Böckls getroffen, direkt vor dem Weinbeisl. Und da haben wir uns gleich auf ein
Gläschen zusammengesetzt.«
Fanni wartete.
»Es war gleich nachdem Meisers von ihrer kurzen Reise zurückgekommen
sind«, fuhr Frau Praml fort. »Sie sind bei Böckls im Garten gesessen und haben
den Kräuterlikör probiert, den Böckl in der Woche zuvor aus Tschechien
mitgebracht hatte. Vermutlich hat Meiser schon einen in der Krone gehabt, weil
er auf einmal der Frau Böckl – sie ist neben seinem Stuhl gestanden und
wollte ihm nachschenken – in den Hintern gekniffen hat. ›Gut gepolstert‹,
hat Meiser dabei gefeixt. Herr Böckl war gerade im Haus in dem Moment. Frau
Böckl hat sich Meisers Zudringlichkeit energisch verbeten, aber Meiser hat bloß
gelacht und noch kräftiger zugelangt, und da hat sie ihm mit der flachen Hand
eine runtergezogen.«
Frau Praml klappte den Mund zu, fixierte Fanni und erwartete
offensichtlich eine angemessene Reaktion von ihr.
Fanni schwankte zwischen »Nein, so was!« und »Nicht zu glauben!« und
wusste gleichzeitig, dass beide Antworten Frau Praml enttäuschen würden. Frau
Praml forderte ein Pro oder Kontra – Meiser oder Böckl –, das sah
Fanni deutlich, und sie entschied sich für: »Frau Böckl ist aber mutig.«
Frau Praml hatte keine Gelegenheit mehr zu vermelden, was sie selbst
von Ohrfeigen für Meiser hielt, weil Fannis Mann mit seinem Wagen in die
Zufahrt bog.
»Na die Damen, ein Pläuschchen am Sonntagabend?«, winkte er aus dem
Seitenfenster.
»Ah, Ihr Mann kommt, Frau Rot«, kratzte da Frau Pramls Stimme, »dann
ein andermal, Sie haben sicher zu tun jetzt.«
Fanni folgte ihrem Mann ins Haus.
Sie richtete ein kaltes Abendessen, und während ihr Mann mampfte und
kaute, fragte sie ihn, ob er denn wüsste, warum sich Meisers und Böckls seit
einiger Zeit aus dem Weg gingen.
»Klar«, sagte er mit vollem Mund, »hat mir Meiser doch selbst
erzählt! Seit Jahren, sagt der Meiser, kauft er dem Böckl regelmäßig ein paar
von den Rebhühnern ab, die der auf seinen Treibjagden schießt. Eigentlich sind
sie keinen Cent wert, die Viecher, weil das bisschen Fleisch, das an den Vögeln
dran ist, immer voller Schrotkörner steckt. Deshalb bleibt der Böckl ja auch
drauf sitzen. Wer will sich schon seine Zähne an Schrot ausbeißen? Aber der
Meiser, na du kennst ihn ja, der sagt halt nicht Nein, wenn er jemandem einen
Gefallen tun kann.«
Fanni fragte sich, wie weit sie Meiser wohl kannte.
»Neulich hat der Böckl dem Meiser wieder drei Rebhühner angetragen«,
erzählte ihr Mann weiter und steckte eine zusammengerollte Scheibe Schinken in
den Mund. »Zehn Euro das Stück. Meiser hat sich wie immer über den Preis
geärgert, aber um der guten Nachbarschaft willen hat er Ja gesagt. Was sich der
Böckl daraufhin geleistet hat, das ist dann dem Meiser über die Hutschnur
gegangen. Böckl hat ihm die Vögel samt den Federn gebracht. ›Können Sie
Weitere Kostenlose Bücher