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Saure Milch (German Edition)

Saure Milch (German Edition)

Titel: Saure Milch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Mehler
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sich! Vielleicht ist ihm ja noch zu helfen.«
    Da setzte sich der Pflegedienstleiter
in einen schaukelnden Trab.
    Fanni rannte zur Treppe,
nahm die Stufen zum Absatz hinunter in drei Sprüngen und kam am angeblichen
Fundort der angeblichen Leiche zum Stehen.
    Und dann stierte sie mit
offenem Mund die marmorierten Bodenfliesen an, auf denen es nichts zu sehen gab
– nicht einmal eine Staubfluse.
    Schwer atmend traf Erwin
Hanno am Treppenabsatz ein.
    »Ich …«, sagte Fanni.
    Ein missbilligender
Blick traf sie und ließ sie verstummen.
    Fanni schluckte. Ihre
Augen suchten den Fußboden ab, musterten die Wände.
    Nichts.
    Sie schaute zum
Pflegedienstleiter auf, der sichtlich entrüstet war.
    »Er …«, krächzte Fanni,
räusperte sich, sprach stockend weiter: »Er wird sich weggeschleppt haben. Wir
müssen ihn suchen. Müssen ihn finden, bevor er tot zusammenbricht.«
    Hanno hob die buschigen
Brauen. »Sagten Sie nicht, Sie sahen Becker ›blutüberströmt‹ daliegen?«
    Fanni nickte.
    Der Pflegedienstleiter
blickte die Treppenstufen hinauf und hinunter, dann runzelte er die Stirn.
»Hier hat sich niemand aufgehalten, der blutete. Wie soll er sich weggeschleppt
haben, ohne Blutflecken, ohne eine Schmierspur, ohne die kleinste Fährte zu
hinterlassen?«
    »Aber ich habe Roland
doch gesehen«, begehrte Fanni auf. »Hier lag er, und sein T-Shirt war blutig,
und seine Augen starrten mich blicklos an.«
    Erwin Hannos Augen
starrten Fanni nun ebenfalls an, doch keineswegs blicklos. Sie ließen deutlich
erkennen, dass sich der Pflegedienstleiter Sorgen um Fannis Geisteszustand zu
machen begann. Plötzlich veränderte sich sein Gesichtsausdruck, wirkte auf
einmal professionell und abgeklärt. Seine Stimme klang jetzt beschwichtigend.
    »Womöglich hat Ihnen
Ihre Phantasie einen Streich gespielt, Frau Rot. Das kann schon mal vorkommen.
Man ist in Eile, saust hastig die Treppe hinauf. Der Kreislauf nimmt einem
solche Hetze übel, rächt sich mit Schwindelgefühl, Halluzinationen,
Sinnestäuschungen.«
    Fanni straffte sich.
»Ich – habe – mir – das – nicht – eingebildet!« Sie holte Luft und fuhr beherzt
fort: »Mir war weder schwindelig, noch hatte ich Halluzinationen. Roland Becker
lag genau hier.« Sie deutete auf ihre Fußspitzen. »Und statt da herumzustehen,
wo er nun nicht mehr liegt, sollten wir nach ihm suchen. Im Erdgeschoss am
besten, denn vermutlich hat er sich abwärtsbewegt, sonst hätten wir ihm ja
begegnen müssen.« Rebellisch stiefelte sie die Stufen hinunter.
    Der Pflegedienstleiter
folgte ihr zögernd.
    Fanni verharrte am Ende
der Treppe und sah sich um. Rechts zweigte der Gang ab, der zur rückwärtigen
Tür führte, durch die man auf den Parkplatz gelangte. Geradeaus ging es an
einem Fahrstuhl vorbei zum Schwimmbad, und links gab es einen Flur, von dem aus
man die Kapelle, den Haupteingang und das Kaffeestüberl erreichte.
    Nirgends befand sich
eine Spur, die darauf hindeutete, dass sich hier soeben ein Schwerverletzter
mit einer blutenden Wunde in der Brust entlanggeschleppt haben könnte.
    Erwin Hanno legte seine
massige Hand auf Fannis Arm. »Sie gehen jetzt in das Zimmer Ihrer Tante, und
ich schicke Ihnen Schwester Monika mit einer Tasse Baldriantee. Sie müssen sich
beruhigen, Frau Rot, mit – ähm – Nervenleiden ist nicht zu spaßen.«
    Fanni wollte sich gerade
gegen das Wort »Nervenleiden« verwahren, mit dem der Pflegedienstleiter aller
Wahrscheinlichkeit nach »Irresein« meinte, da hörte sie ein Rumpeln hinter der
mannshohen Topfpflanze, neben der sie stand. Sie machte einen Schritt zur
Seite, schaute an der Pflanze vorbei und entdeckte eine unscheinbare Tür, die
ihr bisher nie aufgefallen war. An dieser Tür haftete, ein wenig über Fannis
Augenhöhe, ein Schild mit der Aufschrift »Aussegnungsraum«, darunter befand
sich ein schmales goldenes Kreuz. Fanni glotzte den Schriftzug an und versuchte,
sich darüber klar zu werden, was in einem Aussegnungsraum normalerweise vor
sich ging. Da hörte sie die Stimme des Pflegedienstleiters in ihrem Rücken.
    »Herr Bonner, Amtsrat a.
D., der zehn Jahre seines Ruhestands in unserer Residenz verbracht hat, ist
gestern verstorben.« Hanno trat neben Fanni und sah auf seine imposante
Armbanduhr. »Die Herren vom Bestattungsinstitut wollten ihn zwischen sechzehn
und siebzehn Uhr abholen kommen. Der Hausmeister ist wohl gerade dabei, alles
dafür vorzubereiten. Anschließend muss der Raum gesäubert werden.«
    »Wir sollten

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