Savannah
und besonders, wenn es so unerwartet wie jetzt geschah - begann ihr Herz schneller zu schlagen, das Blut pulsierte in ihren Adern, und ihre Schläfen pochten. »Emma hat doch Recht, Miss Rigbey. Du bist ein verdammter Feigling. Wenn du könntest, würdest du dich mit deinem ganzen Federkram unter dem Fußboden verkriechen.«
Savannahs Augen blitzten den Doktor wütend an. Was bildete der Kerl sich eigentlich ein, so mir-nichts-dir-nichts in ihre Geschäftsräume zu kommen und solche Sachen zu sagen? Damit machte er doch alles nur noch viel schlimmer für sie - aber das war ihm ja wohl gleichgültig. »Wie reizend, dass du dir die Mühe gemacht hast, extra herzukommen, um mir deine völlig unbedeutende Meinung kund zu tun«, flötete sie zuckersüß.
Emma schaute die beiden abwechselnd an und da sie nicht dumm war, verabschiedete sie sich hastig, machte auf dem Absatz kehrt und verschwand.
Parrish bedachte Savannah mit einem schrägen Grinsen. Der Kerl sah unverschämt gut aus. Er war braun gebrannt, weil er ständig in der Sonne und in der frischen Luft arbeitete und dank des guten Essens von June hatte er auch etwas an Gewicht zugenommen und war nicht mehr so hager und abgemagert. Sein Blick glitt über ihren Körper, bevor er ihr wieder in die blauen Augen schaute. Die Wirkung auf sie war ungeheuer - so, als wäre eine Lokomotive über sie hinweggerast. »Ich hoffe, es ist so«, sagte er. »Ich meine, dass meine Ansicht dir so schnuppe ist.« Dabei grinste er. »Aber jedenfalls bin ich hier. Und zwar im Auftrag von Mrs. June McCaffrey. Ich soll dir sagen, dass man deine Abwesenheit bei dem Fest sehr wohl bemerkt hat und man bereits darüber redet, ob du dich vielleicht für etwas Besseres hältst als die Menschen von Springwa ter. Deshalb ist ein Dekret ergangen - zwar nicht vom römischen Kaiser Julius Caesar, aber immerhin von Miss June und deren Wort bedeutet hier im Westen mehr - dass du dich sofort einzufinden hast auf dem Platz, wo gehämmert und gesägt wird, gekocht und gesungen oder einfach nur geredet. So wie es aussieht, wird dieser Hausbau nämlich ein paar Tage dauern und das Fest auch.«
Savannah hatte ein solches Verlangen, diesem >Befehl< von June zu folgen, dass sie fürchtete, Pres würde es ihren Augen ansehen. Ihr Stolz, hinter dem sie sich gewöhnlich immer verstecken konnte, fiel in sich zusammen, sodass sie dort kaum noch Schutz fand. »Wenn Miss June es nicht weiß, dann müsstest du doch wenigstens wissen, dass ich da nicht hingehen kann.«
Parrish hob eine Augenbraue. Er hielt die Arme vor der Brust verschränkt, starrte sie durchdringend an und ließ sie leiden. Dann wiederholte er seine Anklage. »Du bist eben ein Feigling«, sagte er.
Savannah merkte, dass sie ihre Hände im Seidenstoff zu Fäusten geballt hatte, und sie zwang sich, ihre Finger wieder zu entspannen. »Schau mich doch an«, sagte sie verzweifelt. »Nur für den Fall, dass es dir noch nicht aufgefallen ist, dass ich kein schlichtes Leinenkleid wie die anderen Frauen trage.«
Wieder glitt sein Blick über ihren Körper. »Oh, doch, das habe ich schon bemerkt«, meinte er trocken. »Gott helfe mir, aber das ist mir schon aufgefallen.«
»Sag June, dass ich ... dass ich zu tim habe.«
»Ich bitte dich, Savannah, sie ist doch nicht blöd. Wenn ich ihr das sage, wird sie selbst herkommen und sie wird diesen Saloon betreten, auch wenn das vielleicht bedeutet, dass ihre Seele dadurch Schaden leiden wird.«
Savannah fürchtete, dass er Recht hatte. Sie schaute wieder aus dem Fenster und fühlte sich hundsmiserabel. Sie war es gewohnt, mit stinkenden Outlaws umzugehen, sie würde mit einer Horde betrunkener Cowboys fertig. Sie hatte Bergarbeiter und die Kutscher vom Pony-Express in ihre Schranken gewiesen, aber vor keinem dieser Männer hatte sie mehr Angst gehabt als vor diesen Frauen da draußen in ihren sauberen Kleidern. Erst als der Doktor ihren Arm nahm und sie zärtlich zwang ihn anzusehen, merkte sie, dass sie auf der Unterlippe kaute.
Parrish legte seine Hand auf ihre Wange und strich ihr mit dem Daumen über die Lippen, als wollte er damit ihren Schmerz, ihre Unsicherheit wegstreicheln. Sie wusste, dass sie sich sofort hätte zurückziehen müssen - aber sie tat es nicht. Es gab so viele Dinge in ihrem Leben, die sie nicht hätte hm dürfen - und die sie doch getan hatte.
»Trotz diesem ganzen Rouge und diesem Puder bist du wunderschön«, sagte er. »Aber selbst wenn du hässlich wie getrocknete
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