Savannah
ganze Weile schwiegen sie beide, aber seltsamerweise war es ein angenehmes verbindendes Schweigen - trotz des unangenehmen Gesprächsthemas.
»War es sehr schlimm?« Sie hauchte die Worte geradezu.
»Unvorstellbar«, antwortete er und seufzte. Dann ließ er ihre Hände los und ließ seine Arme hängen. Sie standen einander nach wie vor dicht gegenüber. »Vermutlich werde ich nie ganz darüber hinweg kommen, aber ich versuche zu vergessen, Savannah. Und das ist der springende Punkt. Ich versuche es - und das musst du auch tun. Wir beide müssen die Dämonen unserer Vergangenheit abschütteln.«
Er sah ihrem Mund und ihren Augen an, dass sie protestieren wollte, aber sie tat es dann doch nicht. »Ich bin nicht sicher, dass ich das kann«, wisperte sie. Ihm war klar, dass dies ein Bekenntnis von größter Tragweite war - denn davon hing alles weitere ab. Entschied sie sich, gegen die Dämonen zu kämpfen, würde ihr Leben vielleicht doch noch einmal eine Wendung nehmen, kämpfte sie nicht dagegen an, würde alles so bleiben wie bisher.
Pres hatte noch nie so se hr das Verlangen gehabt, Savan nah zu küssen, wie in diesem Moment. Und das wollte schon etwas heißen, wenn man bedachte, wie viele Nächte er schlaflos auf Jacob McCaffreys Heuboden gelegen hatte und durch die Dachsparren zu den Sternen am Himmel geschaut hatte und genau das tun wollte - und noch mehr. Er richtete sich auf und was er dann sagte, überraschte ihn nicht weniger als Savannah.
»Heirate mich!«
Sie starrte ihn mit weit aufgerissenem Mund an. Er legte einen Finger unter ihr Kinn, hob es leicht an und schloss ihren Mund. »Das kannst du doch nicht ernst meinen«, keuchte sie im nächsten Moment.
»Das ist mein voller E rn st«, erwiderte er. Tatsächlich hatte er häufig darüber nachgedacht, ob er ihr einen Antrag machen sollte, aber bisher war er immer zu dem Schluss gekommen, dass seine Gedanken an Savannah ja doch nur Träume waren, unnütze Spekulation. Aber dann schien er eines Tages in sein Inneres geblickt zu haben und er hatte erkannt, dass er nicht mehr der gleiche Mensch war, der er gewesen war, als er nach Springwater gekommen war. Er trank und spielte nicht mehr, er ging wieder seinem Beruf nach, der ihm von Tag zu Tag mehr Spaß machte - und vor allem hatte er das Gefühl, dass er nun fähig war, einen Menschen wirklich zu lieben - und dessen Liebe anzunehmen. Er hatte neue Hoffnung geschöpft und glaubte, dass die Zukunft besser und schöner sein würde, als es die Vergangenheit war.
»Aber warum?«
Er war nicht in der Lage, ihr seine Gefühle zu erklären - er war ja immer noch dabei, sie sich selbst klarzumachen. »Weil du einen Ehemann brauchst und ich eine Frau. Viele Leute haben schon aus weniger rationellen Gründen geheiratet.«
»Du spinnst doch!« Wieder errötete sie und sie stemmte ihre Arme in die Hüften. Sie schien aber weniger wütend als traurig zu sein. »Wir lieben uns nicht und ...«
»Sei doch vernünftig, Savannah«, sagte er - als ob er selbst vernünftig gewesen wäre. »Du bist im Brimestone Saloon nicht gerade glücklich und es gefällt dir auch nicht, diese aufreizenden Seidenfummel zu tragen - gesteh es wenigstens dir selbst ein, wenn du es mir gegenüber schon nicht zugeben willst. Als Miranda ihr Baby bekam, warst du eine große Hilfe - ruhig und kompetent. Du würdest eine gute Arztfrau abgeben und eine gute Krankenschwester.«
»Du würdest tatsächlich jemanden heiraten, der einen Großteil seines Lebens damit verbracht hat, vor betrunkenen Cowboys zu posieren und Lieder zu singen?«
»Ja«, erwiderte er. Savannah handelte und reagierte meistens vernünftig und sie hatte eine Art, die Sachen ruhig und sachlich anzugehen. Es hatte ihm gefallen, wie sie Miranda Mut zugesprochen hatte, als diese bei der Geburt vor Schmerzen geweint und geschrien hatte und wie sie fast ehrfürchtig das Neugeborene gehalten hatte und sich nicht darum gekümmert hatte, dass das kleine zappelnde Bündel noch ungewaschen und völlig verschmiert gewesen war. Aber sie konnte auch streng sein - wenn die Situation es erforderte.
Sie wandte sich ab und für einen Moment fürchtete er, dass sie die Praxis verlassen wollte, aber sie ging nur auf und ab - drei Schritte nach rechts, drei Schritte nach links - wie ein Strafverteidiger, der den Geschworenen vor sich eine wichtige Mitteilung zu machen hatte. »Wo würde ich schlafen?«, fragte sie.
Die Frage traf ihn unvermutet. »Hier bei mir«, erwiderte er schließlich
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