Savannah
gerichtet.
»Ich würde mir das gerne mal genauer anschauen«, sagte er mit nachdenklich gerunzelter Stirn.
Obwohl Savannah bestimmt viel Sympathie für das scheue Mädchen aufbrachte, waren ihre Gedanken im Augenblick mit ganz anderen Dingen beschäftigt. Sie war verheiratet ! Das hieß, dass sie eines Tages - mit etwas Glück und Wohlverhalten ihrerseits - eine ehrbare Frau sein würde, die von der Gesellschaft akzeptiert wurde.
Und in kürzester Zeit würde sie mit ihrem Ehemann allein sein - allein in dem Doppelbett, das man aus Mirandas Zimmer in der Station zum Haus des Doktors gebracht hatte. Trey, Jacob und Pres hatten das Bett am Morgen in seine Einzelteile zerlegt und drüben wieder aufgebaut. Es war so groß, dass es fast den ganzen Schlafraum einnahm. Miranda würde mit Klein -Isaiah oder Ezechiel in Savan nahs Kammer hinter der Küche ziehen. Es wurde bereits dunkel draußen und leichter Regen hatte eingesetzt, der leise aufs Dach und gegen die Scheiben prasselte und sich wie rhythmische Musik anhörte. Savannah, die ja jahrelang in Saloons gearbeitet hatte, hatte oft Männer mit ihren sexuellen Abenteuern prahlen hören und sie glaubte, die geheimsten Wünsche der Männer zu kennen, aber sie war so aufgeregt und nervös, als hätte sie keine Ahnung, was sie zu Hause im Doppelbett erwartete.
»Ist Christabel mit diesem Fuß geboren worden oder hatte sie einen Unfall?«, fragte Pres Jacob, der wie üblich an seinem Lieblingsplatz vor dem Kamin stand und in seinem dunklen Prediger-Anzug noch würdiger als gewöhnlich wirkte.
»Angeboren, so weit ich weiß«, erwiderte Jacob mit seiner ruhigen Stimme.
Miss June stieß Pres einen Finger in die Rippen. Er sah hinreißend in dem Anzug aus, den sie ihm geliehen hatte und der zweifellos einmal einem ihrer gefallenen Zwillingssöhne gehört hatte. »Nun lassen Sie mal gut sein«, sagte sie. »Um Christabels Fuß können Sie sich auch ein anderes Mal kümmern. Sie lebt ja schon lange genug damit. Das ist Ihr Hochzeitstag, Doc. Genießen Sie ihn.«
Ein breites Lächeln glitt über Prescotts attraktives Gesicht. »Ja«, sagte er und schaute Savannah von der Seite an, die rot wurde, obwohl sie sich alle Mühe gab, ihre Gefühle unter Kontrolle zu halten. »Das sollte ich wirklich tun. Ich denke, es ist an der Zeit, dass sich Braut und Bräutigam jetzt verabschieden und sich zurückziehen. Wenigstens für die Nacht.«
Savannah stand in einem Kleid aus elfenbeinfarbener Seide da, das noch aus ihren frühen Tagen stammte, als sie angefangen hatte, in den Saloons zu singen, und das sie mit Junes Hilfe und dem Stoff von anderen Kleidern so abgeändert hatte, dass es fast wie ein normales Brautkleid aussah. Es war bodenlang, hochgeschlossen und hatte lange Ärmel - ganz wie es sich für eine ehrbare Frau ziemte. Aber plötzlich schien sie kein Rückgrat mehr zu haben und konnte sich nicht vorwärts bewegen. Sie senkte den Blick und stand einfach nur da.
Um so überraschter war sie, als Pres sie plötzlich mitten in der Springwater-Station in seine Arme nahm und sie vom Boden hob. Alle applaudierten, als er die Tür öffnete und mit ihr über die Schwelle ins Freie trat.
»Lass mich runter«, wisperte Savannah halbherzig und barg ihr Gesicht in seine Halsbeuge.
»Das werde ich«, versprach er so leise, dass nur sie seine Worte verstehen konnte. »Sobald wir bei unserem Bett sind.« Dann ging er mit ihr auf dem Arm durch den Sprühregen. Der Saum des improvisierten Hochzeitskleides, das ihre Beine bedeckte, schlug gegen seine Schenkel, als er sie um den Saloon herum zu der kleinen Hütte trug, die von nun an ihr Heim sein würde.
Es war kühl, aber Savannah merkte es nicht, denn sie wurde von einem inneren Feuer erwärmt. Es war wunderschön, so getragen zu werden und sich so an die Brust von Pres - ihrem Ehemann - zu schmiegen. Er setzte sie nicht ab, um die Haustür zu öffnen, beugte sich nur etwas ungelenk vor und schloss die Tür dann hinter sich mit einem Fußtritt, nachdem sie die Schwelle überschritten hatten. Ohne stehen zu bleiben ging er mit ihr durch das Wohnzimmer.
Schließlich setzte er sie wie versprochen ab. Er ließ sie auf das Bett gleiten, wo sie zwischen einem Berg von Kissen und Decken landete. Das Hochzeitsbett war ebenso improvisiert wie ihr Hochzeitskleid - aber hier draußen im Westen gab es ja fast nichts, was perfekt war.
Er schaute ihr ernst in die Augen. »Du wirst es nie bereuen, dass du mich zu deinem Ehemann genommen hast,
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