Savinama - Der Wächter: Fantasy-Roman (German Edition)
wollen, was sie alle doch für sich beanspruchten, ja, für sie selber so selbstverständlich war? Das reine Ich verstehen. Ein Ego bewusst zu besitzen. Wenn es eine Möglichkeit gab, dass es in den vielen Jahrtausenden, die Shorbo existierte, etwas Neues gab, was der Wächter lernen konnte, warum dann nicht? Wenn es sein musste, würde er ihn sogar beschützen, denn er war der erste Wächter, der Mittelpunkt.
Der Kreisführer dachte da an jemand bestimmtes, doch sprach er diese Gedanken nicht aus.
Shorbo war sich bewusst, dass er gerade Savinama zu verstehen gab, er solle zu Ineana zurückkehren. Wenn das Ende bereits begonnen hatte, was würde seine Frage, ob Savinama mehr war als ein Spiegelbild daran ändern?
„Eure Worte sagen mir…“, antwortete der Wächter.
„Fragt nicht nach dem Warum“, fiel ihm Shorbo ins Wort, „solange es die Waage gestattet, geht zu ihr.“ Savinama nickte. Höflich und voller Achtung verbeugte er sich und verschwand. Shorbo schmunzelte nun noch mehr. Besondere Zeiten erforderten besondere Maßnahmen. Er holte den schwarzen Stab hervor und begann sich zu konzentrieren. Er hatte etwas Dringendes auf Liyiell zu erledigen.
Ineana saß mit den Kindern der ersten Klasse draußen im Park. Eifrig zeichneten die Kleinen die Blütenblätter einer Rose nach. Die Luft war erfüllt von fröhlichem Vogelzwitschern und dem Summen von Insekten. Der Sommer hatte das ganze Land in seinen Bann gezogen. Etwas heißer wie sonst, es fehlte der Regen, doch nach dem langen Winter tat es der Seele besonders gut.
„Ineana?“ Sie blickte auf. Hastig sprang sie auf die Füße und verbeugte sich.
„Shorbo, ihr verzeiht, ich wusste nicht, dass ihr hier seid.“ Ein warmes Lachen lag in dem alten Gesicht. Die Kinder schauten ihn verstohlen, aber voller Respekt an.
„Nun, das wusste ich bis vor wenigen Stunden auch nicht.“ Ehe sie fragen konnte winkte er ihr, ihm zu folgen. „Nur ein Stück.“ Sie wies die Kinder an weiterzuarbeiten und folgte ihm über den kiesbedeckten Weg.
„Ihr seid eine gute Magierin“, begann er langsam. „Im Gegensatz zu vielen, weiß ich nichts.“ Ihre Antwort klang bescheiden. Er schmunzelte.
„Ich sage ja, ihr seid eine gute Magierin. Ihr habt zwei gesunde Kinder und einen Mann. Sagt liebt ihr ihn?“ Ineana lief puterrot an.
„Ja sicher liebe ich ihn.“ Verlegen nestelte sie an ihrem langen Haarzopf, der geflochten über ihre Schulter fiel. „Hört bitte, wenn es wegen dem Wächter ist, ich habe ihn gestern fortgeschickt.“
„So, so gestern.“ Shorbo fühlte sich umso mehr bestätigt. Nun war deutlich, dass es den Wächter sehr beschäftigte, sonst hätte er ihren Wunsch einfach respektiert, statt heute Morgen bei ihm um Rat zu fragen.
„Ich liebe meinen Mann.“
„Das glaube ich euch und doch weiß ich, dass ihr für den Wächter tiefe Gefühle empfindet.“ Sie begann nervös ihre Hände entlang zu streichen.
„Es ist nicht richtig“, sagte sie. Nun blieb er stehen und sah sie an.
„Ineana, wenn es ein Ende gibt, was kann dann richtig oder falsch sein?“
„Ihr sagtet selber, dass er nur mein Spiegelbild ist.“
„Hört ihr immer auf das, was andere euch sagen?“
„Ähm.“
„Seht ihr.“ Er zwinkerte ihr väterlich zu, worauf sich ihre Röte noch verstärkte.
„Auch ich kann mich Irren, Ineana. Das Leben geht stets weiter, wie also soll man jemals alles wissen können?“ Ruhig umfasste er ihre linke Hand und drückte sie sanft. „Ich werde euch nicht verurteilen, Ineana. Menschen wie ihr sind es, die das Leben ausmachen und ich weiß, was er für euch empfindet ist kein Spiegelbild. Es fällt mir selber schwer dies zu glauben. Doch auch wenn er es selber nicht versteht, ich bin sicher, dass er Gefühle für euch hegt. Warum sonst könnt ihr ihn rufen, was niemandem je gelang?“ Nun war sie völlig irritiert. Forderte der Kreisführer sie regelrecht auf ihren Mann zu betrügen? „Warum tut ihr das?“
„Dieselbe Frage habt ihr ihm auch gestellt. Deshpari Ineana.“ Damit drückte er ihre Hand noch einmal, wandte sich um und schritt Richtung des alten Schulgebäudes. Wie sollte er ihr gestehen, dass er hoffte, diese Verbindung bedeute ein wenig mehr Zeit für das Leben und die Alte Welt?
Sie sah ihm nach. Tief in Gedanken versunken kehrte sie zu der Gruppe der Kinder zurück, als ein leises Klingen das Ende der Stunde mitteilte.
„Wir machen morgen weiter.“ Die Kleinen liefen lachend und schreiend zurück ins Gebäude und
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