Savinama - Der Wächter: Fantasy-Roman (German Edition)
gestanden hatte. „Was haben wir bloß angerichtet, Shorbo?“
Ineana streckte sich genüsslich in dem warmen Wasser aus. Es tat gut und langsam begann sie zu entspannen. Im Fenster sah sie, wie die Sonnenstrahlen des Abendhimmels durch die Wolkendecke trieben und mit ihnen fühlte sie wieder jene tiefe Ruhe in sich. Sie ließ den Tag Revue passieren.
„Was mache ich hier eigentlich?“, seufzte sie und tauchte kurz ab. Etwas später trug sie wieder ihr weißes Kleid und stand vor dem Spiegel. Während sie ihr Haar kämmte, erblickte sie sich selbst, ließ die Bürste sinken und legte eine Hand gegen das kühle Glas. Jetzt, wo er nicht da war, kehrte die Realität mit all ihrer Brutalität zurück. „Es ist einfach nicht richtig. Ich habe Mann und Kinder.“ Sie ließ sich mit dem Rücken ins Bett fallen. Ihrer Familie konnte sie unmöglich unter die Augen treten. Sie drehte sich zur Seite und zog den Mantel des Wächters fest an ihren Körper. „Ich lege es darauf an sie alle zu verlieren und warum?“ Als es leise klopfte, versuchte sie es zu ignorieren. Die Kerze warf bereits ein warmes Licht in den Raum. Nach dem zweiten Klopfen öffnete sich leise die Tür. Sie vergrub das Gesicht tiefer im Stoff.
„Lasst mich alle in Ruhe“, sprach sie. Arthol betrachtete Ineana eine Weile und setzte sich dann auf einen der Stühle.
„Wie geht es dir?“
„Schlecht!“ Er konnte deutlich hören, dass sie die Nase hochzog. Irgendwann setzte sie sich auf.
„Oh verdammt, Arthol, warum muss das ausgerechnet mir passieren?“ Er schmunzelte.
„Du bist eben eine besondere Frau. Doch ich muss mich bei dir entschuldigen, denn waren meine Worte egoistisch.“ Sie ließ langsam die Hände sinken. „Egoistisch? Arthol, egal was du oder Shorbo mir sagten, ich allein trage für mein Handeln die Verantwortung. Ich fühle mich schlecht und gleichzeitig sehnt sich alles in mir ihn wiederzusehen. Daran ist keiner von euch schuld.“ Der Kreisführer strich gedankenverloren den Saum seines Mantels entlang und wusste nicht recht, was er sagen sollte.
„War sein Erscheinen Zufall Arthol oder ist unsere Zeit wirklich gekommen?“ Der Magier wollte wenigstens jetzt ehrlich sein, denn Shorbo hatte er die gleiche Frage gestellt. Doch sein Zögern war Ineana Antwort genug. „Egal wie ich mich entscheide, es würde nichts ändern, stimmt’s? Nicht einmal diese Ausrede würde für mich gelten.“
„Ich fürchte nicht.“ Ineana holte ganz tief Luft.
„Ich werde ihn fortschicken.“ Ihre Stimme sollte fest klingen, doch tat sie es nicht. Arthol betrachtete nachdenklich einige Bücher auf ihrem Tisch.
„Wofür du dich auch entscheidest, ich werde es akzeptieren und zu dir stehen. Doch es gibt etwas, um das ich dich bitten muss.“ Sie schaute ihn an. Der Kreisführer erhob sich wieder und schritt zur Tür. „Verlange niemals von mir andere für dich zu belügen.“ Und damit verließ er den Raum. Im ersten Moment wollte sie ihm wütend hinterherrufen, hatte er nicht noch vor wenigen Wochen zu ihr gesagt, es sei eine Ehre, dass sie dem Ecares Vigil begegnet war? Doch dann biss sie sich auf die Lippen. Natürlich hatte er recht. Er würde sie niemals verraten, aber sie konnte wirklich nicht von ihm verlangen für sie zu lügen und darauf lief es spätestens hinaus, wenn jemand von ihrer Familie Arthol fragen würde, warum sie so lange in den Hallen blieb. Sie warf sich wieder auf den Rücken und starrte die Decke an.
„So kann es einfach nicht weiter gehen.“
Ineana konnte erst vier Tage später wieder nach Hause. Ihr Mann wartete bereits auf sie und zusammen mit ihrem Sohn saßen sie am Feuer und genossen die familiäre Nähe. Savinama war nicht wieder aufgetaucht, dafür war der Mantel verschwunden. Sie spürte Wut aufkommen. Erst ließ er sie im Regen zurück und dann holte er einfach seine Sachen ohne ein Wort mit ihr zu sprechen. Es war nichts anderes, als ihrer eigenen Unsicherheit ein Ventil zu geben. Gleichzeitig war sie wütend auf sich selber und schimpfte sich eine dumme Gans. Sie konnte doch froh sein, denn so brauchte sie ihm ihre Entscheidung nicht mitteilen. Dabei vermisste sie ihn so sehr.
Ineana schaffte es mit der Zeit die Gedanken an ihn zu verdrängen. Eines Morgens jedoch, als sie im Garten arbeitete, stand er überraschend vor ihr. Ihr Mann war gerade hinein gegangen, um etwas zu trinken zu holen, da der Tag bereits sehr heiß war. War es wirklich schon zwei Wochen her, dass sie ihn zum letzten Mal
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