Savinama - Der Wächter: Fantasy-Roman (German Edition)
gesehen hatte? Sie erhob sich langsam von den Knien und konnte es nicht fassen, dass er hier erschien.
„Bist du verrückt geworden? Du kannst doch nicht einfach hier auftauchen. Are debra, wenn mein Mann wieder heraus kommt.“ Fuhr sie ihn mit gedämpfter Stimme an. Er verbeugte sich dezent und sofort fühlte sie jene Kühle in seiner Art wie damals, als sie das erste Mal mit ihm am See gesprochen hatte. Egal was auch ihre Gefühle sagten, Ineana hatte begriffen, dass es nur einen Weg geben konnte. „Du tauchst auf wann es dir gefällt und verschwindest einfach ohne dich zu verabschieden und fragst nie, was dabei aus mir wird. Aber ich frage mich das und deswegen habe ich mich für meine Familie entschieden.“ Es fiel ihr so unglaublich schwer. Die Priesterin rekte stolz den Kopf. „Es ist nicht gut, wenn wir uns sehen, weder für euch noch für mich.“ Sie wählte mit Absicht die höfliche Art der Anrede. Eine Zeit lang sah er sie schweigend an. Sie hatte das Gefühl, als seien ein Teil ihrer Energien mit der vergangenen Zeit verloren gegangen und mit dieser Erkenntnis konnte sie den Zorn nicht aufrecht halten. Ihre Schultern sackten nach unten. „Shorbo hat sich geirrt“, sagte sie leise und wischte sich verstohlen eine Träne aus dem Gesicht. Sie musste einsehen, dass es wirklich nur ein Spiegelbild ihrer selber war.
„Lebt wohl, Ecares Vigil, und gebt unserer Welt noch etwas Zeit.“ Damit drehte sie sich um, holte tief Luft und schritt Richtung Haus.
„Ihr seid wie der Wind, der das Gras biegt und doch weiß, dass sein Innerstes nicht brechen wird.“ Bei diesen Worten blieb sie stehen und ballte die Hände zusammen.
„Das Gras biegt sich Savinama, doch kehrt es auch stets zu seinem Ursprung zurück. Es ist, was es ist, Gras.“ Sie konnte fühlen, dass er hinter sie trat.
„Bitte geht“, flehte sie leise. Sie konnte seine leichten Ströme fühlen. „Nicht, es hat etwas mit Respekt zu tun einen Magier erst zu fragen, ob man seinen Geist berühren darf.“ Damit wirbelte sie herum und sah ihn fest an. „Und wenn ihr nicht fragt, zeigt ihr, dass ihr keinen Respekt vor mir habt.“ Er gab keine Antwort. „Verschwindet endlich, Savinama, vergesst, dass ihr mich kennengelernt habt“, schrie sie ihn an und konnte die Tränen nicht mehr unterdrücken. „Ich liebe meine Familie. Ich liebe meinen Mann. Ich kann und darf nicht ein Teil von euch werden. Ich kann es nicht!“ Ihr Körper bebte. Vorsichtig legte er eine Hand gegen ihre Wange und Ineana musste mit aller Gewalt das Verlangen ignorieren ihn zu umarmen, denn sie sah Schmerz in seinen Augen.
„Geht“, flehte sie nun fast lautlos. Damit legte er die Hände übereinander und verbeugte sich ein letztes Mal, ehe seine Gestalt wie eine Silhouette im Sonnenlicht verblasste. „Lebt wohl Ecares Vigil.“ Als sie zur Seite sah, erblickte sie ihren Mann, der an der Tür stand und sie schweigend betrachtete. Es lag eine solche Wärme in seinen Augen, dass es der Priesterin fast das Herz brach. Sie lief zu ihm und nahm ihn fest in den Arm. „Es tut mir leid“, schluchzte sie. Er nahm sie in den Arm.
„Ja, Ineana, du hast deine Familie.“ Und damit ließ er sie weinen. Er wusste nicht, wer dieser Mann war, es war auch nicht wichtig, denn das Wissen, dass diese Frau zu ihm gehörte reichte völlig.
9.
Einer der heißesten Sommer, den sie je erlebt hatten, neigte sich dem Ende zu. Lange Dürrephasen hatten dem Land seine grüne Leichtlebigkeit genommen. Viele Tiere waren den trockenen Flussläufen zum Opfer gefallen. Oft saß Ineana abends vor dem Haus und konnte sich nicht daran erinnern, wann die Vögel je so schweigsam waren.
Mittlerweile wurden die Nächte kühler, aber noch immer brachte kein Regen Erleichterung. Eine tiefe Melancholie begleitete ihr Herz, wenn sie der Stille lauschte. Ewig hatte sie keine Drachen mehr gesehen, als läge das Land in einem Schlaf, aus dem es nicht mehr erwachen würde. Die Priesterin ahnte, irgendwann würde es wieder erwachen, aber keiner von ihnen wäre je wieder ein Teil davon. Das war der Kreislauf der Natur.
Arthol sprach nicht mehr über den Wächter. Doch manchmal, wenn er erschöpft von der Arbeit des Tages war, konnte sie sehen, dass er sie beobachtete, tief in Gedanken versunken. Vielleicht dachte er darüber nach, was wäre, wenn sie anders entschieden hätte, doch Ineana wusste, dass er niemals ihre Entscheidung infrage stellen würde.
Der Oktober war schon weit ins Land gegangen. Ineana
Weitere Kostenlose Bücher