Savinama - Der Wächter: Fantasy-Roman (German Edition)
Arthol schien erleichtert.
„Ich werde über eure Bitte nachdenken, Savinama. Gebt mir ein paar Tage Zeit.“ Mit diesen Worten entließ er ihn.
Arthol hatte den Schmerz in Savinamas Augen gesehen. Es tat ihm leid, doch es konnte keine Zukunft für sie geben. Er musste den Magier ziehen lassen. Seit Tagen war er kaum fähig den Unterricht ordentlich zu führen. Den Schülern war aufgefallen, dass ihr Lehrer oft weitab mit seinen Gedanken verweilte. Arthol setzte sich an seinen Tisch und schrieb einen Brief an seinen Freund Shorbo. Er brauchte Rat.
Etwa eine Stunde später machte sich der Kreisführer auf den Weg zu Savinamas Arbeitszimmer. Auf dem Flur lief er Jeras über den Weg.
„Ich dachte, ihr seid bei eurer Familie zu Hause, Jeras.“ Der junge Magier lachte.
„Ich hatte nur etwas vergessen und wollte noch etwas erledigen, deswegen wartet meine Mutter unten auf mich und ihr?“ Arthol hob einen Brief an, den er in der Hand hielt.
„Ich werde meinen besten Magistratero auf die Reise schicken, um die er mich bat.“
„Savinama?“ Überrascht blieb Arthol stehen und Jeras erklärte.
„Entschuldigt, aber ihr werdet euch doch denken können, dass mir die Sache mit meiner Mutter nicht verborgen geblieben ist.“ Jeras wusste zwar, dass Savinama einst der Wächter war, aber er hatte das Geheimnis um Mineshka für sich behalten. „Wann wird er aufbrechen?“ Arthol klopfte an die Tür zu Savinamas Zimmern.
„Ich fürchte morgen.“ Der Kreisführer bekam keine Antwort und klopfte erneut, doch diesmal lauter. „Hm, scheint nicht da zu sein. Ich werde ihm den Brief auf den Tisch legen.“ Arthol öffnete die Tür. Im Raum war es still. Nur ein paar Kerzen spendeten warmes Licht. Der Kreisführer trat zu dem großen Arbeitstisch, als sein Blick auf einen Brief fiel, der dort offen lag. Er konnte nicht anders, nahm ihn an sich und lass die wenigen Zeilen.
„Sagtest du nicht, dass deine Mutter unten auf dich wartet?“, fragte er Jeras, ohne den Kopf von dem Papier zu wenden.
„Aé.“ Arthols Blick streifte wieder den Brief. Er war mit Ineanas Namen unterzeichnet. Sie bat darin um ein letztes Treffen mit Savinama an den alten Mühlen. Arthol blickte hinaus. Es war bereits weit nach Sonnenuntergang. Ein ungutes Gefühl überkam ihn.
Jeras erkannte die Besorgnis in Arthols Gesicht und trat ein.
„Was ist denn los?“ Der Kreisführer hielt ihm den Brief entgegen und der junge Magier überflog ihn, wirkte aber irritiert.
„Das ist nicht die Schrift meiner Mutter.“
„Das dachte ich auch gerade, wo ist sie?“
„In der Vorhalle.“ Sie eilten hinunter. Die Priesterin wartete vor dem Haupttor mit den beiden Pferden auf ihren Sohn.
„Ich dachte schon, du willst mich hier erfrieren lassen.“ Doch ihr Lachen verschwand augenblicklich, als sie die ernsten Gesichter wahrnahm. „Was ist euch denn über die Leber gelaufen?“ Arthol hielt ihr den Brief hin.
„Weißt du etwas davon?“ Die Priesterin las die Zeilen.
„Das habe ich nicht geschrieben.“ Sie war sichtlich ratlos.
„Das haben wir uns schon gedacht, aber Savinama glaubt es und ist bereits aufgebrochen. Wer könnte so etwas schreiben?“ Ineana betrachtete wieder das kleine Stück Pergament und plötzlich wurde sie blass. Natürlich kannte sie die Schrift, die leichten Ecken, die immer versucht waren etwas Schwung hineinzubringen. Sie ließ den Brief fallen und schrie: „Bevorash!“ Blitzartig sprang sie auf den Rücken ihres Pferdes und schlug dem Tier die Absätze in die Flanken.
„Ineana warte!“, rief Arthol ihr nach, doch die Priesterin wendete scharf und jagte in einem halsbrecherischen Tempo über den Platz und Kies spritzte in alle Richtungen. Jeras überlegte nicht lange. Er schnappte sich die Zügel des zweiten Tieres und sprang auf.
„Ich reite ihr nach!“
„Bei allen, Jeras!“ Voller Angst folgten die Augen des Kreisführers den Reitern, bis sie nach wenigen Metern mit der Dunkelheit verschmolzen. Dann lief er selber zügig zu den Stallungen.
Tiefe Nacht lag über dem Land. Wolkenfetzen zogen über den Himmel und nur hin und wieder erschien der fast volle Mond.
Savinama schritt gedankenverloren über den Holzsteg der alten Wassermühle. Seine Schritte klangen fremd, als ob sie nicht hierher gehörten. Das brüchige Holz knarrte. An der Seite, tief unter ihm, befand sich das große Schaufelrad. Die Mühle hatte man damals an einen steilen Hang gebaut, doch sie war schon viele Jahre nicht mehr in Betrieb.
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