Sawyer
Meinungsverschiedenheiten, aber ich weiß, dass sie sehr aneinander hängen. Sie haben mich immer unterstützt, und dafür bin ich ihnen sehr dankbar. Als meine Ehe in die Brüche gegangen ist, wusste ich das besonders zu schätzen. Obwohl sie Dick nie gemocht haben, haben sie mir hinterher keine Vorwürfe gemacht.“ Sie verstummte verlegen. Eigentlich hatte sie gar nicht über ihre Ehe sprechen wollen, zumal sie Sawyer kaum kannte.
„Haben Scott und Susan Kontakt zu ihrem Vater?“
„Nein. Und seit er die Army verlassen hat, hat er nicht einen Cent Unterhalt für sie gezahlt. Wir haben ihn schon seit Jahren nicht mehr gesehen. Zuerst war ich furchtbar wütend auf ihn – nicht wegen des Geldes. Aber dann ist mir klar geworden, dass Dick im Grunde der Verlierer ist, weil er nichts von seinen Kindern hat. Mittlerweile tut er mir nur noch Leid.“
Sawyer nahm ihre Hand in seine, und Abbey wandte sich ab, damit er nicht sah, dass ihr die Tränen kamen.
„Tut mir Leid, Abbey. Ich wollte Sie nicht aushorchen.“
„Das haben Sie auch nicht getan. Ich weiß nicht, was mit mir los ist. Normalerweise breche ich nicht so leicht in Tränen aus.“ „Vielleicht ist es deswegen, weil Sie so weit von zu Hause fort sind.“
„Wollen Sie mir damit sagen, dass ich wieder nach Seattle zurückgehen soll?“
Sawyer schwieg einen Moment. „Nein“, erwiderte er schließlich und strich ihr mit der anderen Hand über die Wange. Als sie sich in die Augen sahen, wusste Abbey, dass er sie gleich küssen würde.
Sie war schon lange nicht mehr geküsst worden, und es war noch länger her, dass sie sich so danach gesehnt hatte, von einem Mann in die Arme genommen zu werden.
Sobald Sawyer seine Lippen auf ihre presste, erwachten ganz neue Empfindungen in ihr. In den letzten Jahren hatte sie nur an ihre Kinder gedacht und sich alles andere als begehrenswert gefühlt. Bei Sawyer fühlte sie sich begehrenswert.
Als sie die Lippen öffnete und er ein erotisches Spiel mit der Zunge begann, wurde sie von einem heftigen Verlangen erfasst. Er löste sich kurz von ihr, um sie gleich darauf erneut zu küssen. Der Kuss war so sanft und gleichzeitig so erregend, dass sie einen süßen Schmerz verspürte.
Irgendwann löste Sawyer sich von ihr. Als Abbey hochschaute, stellte sie fest, dass er sie betrachtete.
Sie lächelte, und das schien ihn vollends um den Verstand zu bringen, denn er stöhnte auf und küsste sie so leidenschaftlich, dass ihr der Atem stockte.
Abbey war klar, dass sie diesen wunderbaren Moment nie vergessen würde, was immer ihr in Hard Luck widerfahren und von nun an zwischen Sawyer und ihr sein mochte.
Nachdem er sich sanft von ihr gelöst hatte, barg sie den Kopf an seiner Schulter und atmete ein paarmal tief durch.
Keiner von ihnen sagte ein Wort, um den Zauber des Augenblicks nicht zu zerstören. Sawyer strich ihr zärtlich über den Rücken.
„Ich gehe jetzt lieber zurück“, flüsterte er nach einer Weile. Daraufhin ließ er sie los und stand auf. Er wandte sich jedoch nicht gleich ab, sondern schob die Hände in die Hosentaschen und zögerte. Offenbar wollte er etwas sagen, aber schließlich wünschte er ihr eine gute Nacht und kehrte in sein Haus zurück.
Abbey hatte das Gefühl, dass sie bei ihrer nächsten Begegnung kein Wort über diesen Abend verlieren würden. Sie würden beide so tun, als wäre nichts passiert.
Aber es war etwas zwischen ihnen passiert.
Nachdem Sawyer eine Stunde nervös auf und ab gegangen war, setzte er sich an seinen Schreibtisch und blätterte in seinem Adressbuch. Er musste mit Christian sprechen – je eher, desto besser.
Dann überflog Sawyer die Namen der Hotels in Seattle. Da er Christians Reiseroute nicht kannte, wusste er nicht, in welchem Hotel Christian wohnte und ob er überhaupt noch in Seattle war. Aber er musste ihn finden, und wenn er die ganze Nacht dafür brauchte.
Gleich beim ersten Hotel, dem Emerald City Empress, hatte Sawyer Glück. Er wurde sofort zu Christians Zimmer durchgestellt.
Erst nach dem vierten Klingeln nahm sein Bruder ab. Er klang ziemlich erledigt.
„Ich bin’s, Sawyer.“
„Verdammt, wie spät ist es?“
„Elf.“
„Ist es nicht.“ Sawyer konnte sich lebhaft vorstellen, wie Christian zu seinem Reisewecker griff und einen Blick darauf warf. „In Hard Luck vielleicht, aber hier ist es Mitternacht. Was ist denn so wichtig, dass es nicht bis morgen Zeit hat?“
„Du hast dich schon seit Tagen nicht mehr gemeldet.“
„Meine
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