Saxnot stirbt nie - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Zweiter Roman
rufen.“
„Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, lieber Ratbold“, erwiderte Volz. „Dass du hier immer willkommen bist, weißt du ja. An dem Begrüßungsjubel hast du bemerkt, wie beliebt ihr Kaufleute jetzt in Sachsen seid. So begeistert wird nur noch der König empfangen. Die Stunde deines Besuchs ist allerdings ungewöhnlich.“
„Ich war bereits unterwegs nach Magdeburg, um einen Sklaventreck aus dem Lusizergau in Empfang zu nehmen, als der Bote mich einholte.“ Ratbold bleckte die Zähne nun gegen Gozbert. „Ich bin sofort umgekehrt, edler Herr. Aber Ihr kennt ja den Zustand der hiesigen Straßen. Wir sind nicht in Franken und schon gar nicht in Gallien.“
„Schon gut, mein Lieber“, sagte Gozbert. „Die Verspätung sei dir verziehen. Vorausgesetzt, du hast, was ich wollte.“
„Selbstverständlich habe ich es.“
„Hast du auch schon die seidenen Tuniken, Ratbold?“, rief Frau Frodegard. „Und die Halskette mit den Jaspissteinen? Und hast du den Gürtelschmuck, den ich bestellt habe … den mit den Fischen?“
Das war mehr auf einmal, als sie sonst den ganzen Abend gesprochen hatte.
„Den Gürtelschmuck habe ich, edle Frau“, sagte der Kaufmann. „Aber der Goldschmied lässt mich warten.“
„Und die Gewänder?“
„Sind unterwegs. Mein Sohn wird sie bringen. Nur sind die Alpenpässe schwer zu …“
„Werden es auch die gefütterten sein?“
„Entschuldige, Schwester, das hat wohl Zeit!“, fuhr Gozbert dazwischen. „Ich will, dass Ratbold jetzt …“
Aber inzwischen war der Dicke bereits von zehn, zwölf Männern umdrängt, die alle gleichzeitig auf ihn einredeten. „Hast du an meine Brünne gedacht?“ – „Du hast mir den Räderpflug versprochen!“ – „Meine Frau wartet auf den Teppich!“ – „Die neuen Schilde … sind sie schon da?“ – „Hör mal, Ratbold, ich brauche so ein römisches Vorhängeschloss, bei mir wird gestohlen …“
Der Kaufmann lachte laut und hob abwehrend die fetten Arme mit den Goldreifen. „Wartet, wartet! Ihr kommt alle dran. Eure Wünsche werden erfüllt. Aber jetzt muss ich erst einmal Herrn Gozbert gehorchen. Weg da! Macht Platz!“
Er wälzte sich durch den Haufen der Männer, schob einige höflich, doch mit Nachdruck beiseite und winkte einem Diener. Dieser, ein junger, dunkelhäutiger Bursche, trug auf seinen vorgestreckten Händen ein Schwert, ein Prunkstück, wie man bereits von weitem sah. .Feierlich schritt er zwischen den Männern hindurch und blieb vor Herrn Gozbert stehen.
Ratbold folgte ihm zurück an den Tisch. „Das ist es, edler Herr, das beste, was ich habe!“, sagte er mit der Zungenfertigkeit des Händlers, wobei er das Schwert in die Rechte nahm und die dicken, beringten Finger der Linken sanft, fast zärtlich über die Scheide gleiten ließ. „Es stammt aus dem Orient, wo die Waffenschmiede noch Künstler sind, keine Handwerker und Banausen. Seht hier die in Goldzellenwerk eingelegten Granatsteine! Diese Waffe ist eines Herrschers würdig. Schon der große König Nebukadnezar, welcher vor mehr als tausend Jahren lebte und mehr als hundert Völker besiegte, hatte ein solches Schwert!“
Er hielt die Klinge gegen das Licht einer Fackel.
„Habt Ihr so etwas schon einmal gesehen? Die schimmernden Wellen, die feinen Adern … das Farbenspiel? Dieser Stahl ist ein lebendiger Körper! Und nun passt auf, meine edlen Herren … Ich bemerke da einen dicken Nagel im Pfeiler, zwei Finger breit guckt der Kopf heraus. Erlaubt Ihr, dass ich ihn abschlage? Danke!“
Er trat an den Pfeiler heran, nahm sorgfältig mit den Augen Maß und schlug mit einem Hieb den Nagelkopf ab.
„Das schaffe ich auch mit meinem Sax!“, rief einer der Betrunkenen. Mehrere, die der alten sächsischen Waffe die Treue hielten, grölten Zustimmung.
„Vielleicht schaffst du es“, rief ihm der Kaufmann zu, „doch bestimmt erst nach mehrmaligem Zuschlagen. Danach wird dein Sax wie der Zinnenkranz einer Burgmauer aussehen und nicht mehr wert sein als ein Stück Käse. Nun, edle Herrn, prüft die Klinge! Nicht die geringste Verletzung der Schneide …“
Volz, Odo und Gozbert nahmen nacheinander das Schwert in die Hände und bestätigten das Wunder. Auch die Liudolfs und Liutgers prüften die Schneide, wobei sich einer zum allgemeinen Vergnügen den Daumen einschnitt.
„Ich kaufe das Schwert, was immer es kostet!“, sagte Gozbert. „Lass dich morgen von meinem Vilicus auszahlen, Ratbold. Auch der zweifache Weg wird dir vergütet
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