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Saxnot stirbt nie - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Zweiter Roman

Saxnot stirbt nie - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Zweiter Roman

Titel: Saxnot stirbt nie - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Zweiter Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordian Robert
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in Falten gezogener Stirn, gerümpftem Näschen und verächtlich herabgezogenen Mundwinkeln. Aufgeputzt thronte sie auf einem hohen, mit Kissen und Fellen bedeckten Stuhl. Während zu ihren beiden Seiten Odo und Gozbert ununterbrochen redeten, sprach sie fast nichts, sondern ließ nur von Zeit zu Zeit ein geziertes Lachen hören. Doch Odo genügte das schon. Er genoss die Gesellschaft der edlen Dame, belachte Gozberts Witze, aß, trank den klaren Burgunder (denn natürlich wurde uns nicht das trübe Bier vorgesetzt) und zwinkerte mir ein paarmal zu: Gräm dich nicht, Vater! Wir haben uns eben ein bisschen geirrt. Lass es dir wohl sein! Sind wir nicht unter braven, biederen, fröhlichen Leuten, die ihre Seelen in den Augen und ihre Gedanken auf der Zunge tragen?
    Hatte er Recht? Ich war nicht mehr im Stande, das zu beurteilen. Leider hatte ich das Gebot der Mäßigkeit, wie es die Regel des Benedikt vorschreibt, grob missachtet, ein halbes Lamm verspeist und einige Becher Wein geleert. Schon hatte ich Mühe, mich gerade auf meinem Stuhl zu halten. Aber ich riss mich natürlich zusammen. Diese vorübergehende Schwäche durfte nicht sichtbar werden. Einen weiteren Nachweis unserer Untauglichkeit, sei es auch nur zum Essen und Trinken, konnten wir uns nicht mehr erlauben.
    Der Einzige im Saal, der sich die Vollkraft seiner Sinne bewahrt hatte, schien mir der Graf zu sein. Ich saß neben ihm und ab und zu wechselten wir ein paar Worte. Er trank nicht weniger als die anderen, doch bemerkte man keine Wirkung. Gelassen blickte er auf das Treiben, wie gewöhnlich mit der gütigen Miene des Frommen. Dennoch schien er mir ein wenig verändert. War es nun aber die Folge des Weingenusses oder täuschte ich mich, wenn mir das Blau seiner Augen auf einmal kälter erschien? Sprang jetzt aus dem runden Gesicht, als sei es ein wenig aus den Fugen geraten, ein derbes, hartes Kinn hervor?
    Von Zeit zu Zeit lächelte er Frau Frodegard zu. Sie lächelte dann huldvoll zurück, lauschte aber weiter auf Odos Geplauder. Es schien Volz jedoch nicht zu stören, dass sich mein Amtsgefährte ihrer annahm. Ich hatte sogar den Eindruck, dass er mit Absicht gleichgültig wegsah, wenn Odo sich zu ihr hin bog und ihr vertraulich etwas zuraunte. Auch Gozbert fand offenbar nichts dabei. Im Laufe des Abends war Odo ihr immer näher gerückt. Schon war er nahe genug, um ihr mit seinem Schnurrbart die Wange zu kitzeln. Wie immer, wenn es ihn packte, schienen die braunen Augen zur Mitte zu streben, sodass es fast aussah, als ob er schielte. Fasste er etwa nach ihrer Hand?
    Ich war plötzlich besorgt und beugte mich ebenfalls vor, um ihm Zeichen zu geben. Vorsicht, Odo! Merkst du nicht, dass du es mit einer Dame, einer vom Stande der nobiles , zu tun hast? Nimm dir eine der Mägde, wenn dir nach sündigem Treiben ist, aber die lass in Ruhe!
    Er achtete nicht auf mich, er war viel zu beschäftigt. Unter dem Vorwand, den mit Gold und Steinen verzierten Gürtel der Dame bewundern zu wollen, tastete er schon an ihrem Leib herum. Wobei er zu allem Übel noch seine Nase an ihren Busen drückte.
    Und da geschah es: Plötzlich stieß sie ihn zurück und mit einem gellenden Schrei sprang sie auf.
    Ich schloss die Augen. Jetzt ist es aus mit uns, dachte ich. Unsittliches Betragen gegen eine Edelfrau – das Schimpflichste überhaupt! Man wird uns davonjagen, trotz unseres königlichen Mandats, und uns noch eine Anklage hinterherwerfen! War das die Absicht dieser Herren?
    Ich wagte nicht, die Augen zu öffnen. Doch was war das?
    Gepolter. Freudenrufe. Jubel. Gebrüll.
    Vorsichtig blinzelnd sah ich, dass alle – oder fast alle - aufgesprungen waren, die Blicke dem Eingang zugewandt. In der Öffnung zwischen den halbhohen Flechtwänden, die den Saal vom Mittelgang trennten, stand ein unmäßig dicker Mann, der die Zähne bleckte und eifrig nach allen Seiten nickte und winkte. Er trug einen mit maurischen Zeichen bestickten Überwurf und an den Armen goldene Ringe.
    Es war das Erscheinen dieser grotesken Figur, nicht Odos Zudringlichkeit, was Frau Frodegard so heftig erregt hatte. Jetzt klatschte sie wie ein Kind in die Hände und schrie:
    „Ratbold! Hierher!“
    Der Dicke durchquerte mit hurtigen Schritten die Mitte des Saals, trat vor unseren Tisch und verneigte sich ehrerbietig. Er wandte sich zunächst an Volz.
    „Verzeiht mir, Herr Graf, dass ich so spät noch Euer Fest störe. Aber ich folge nur dem Befehl des Herrn Gozbert. Er ließ mich dringend

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