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Saxnot stirbt nie - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Zweiter Roman

Saxnot stirbt nie - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Zweiter Roman

Titel: Saxnot stirbt nie - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Zweiter Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordian Robert
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wenig wie ich.“
    Wig stand sofort auf. Ich ging voraus und er folgte mir. An der Seite der Kirche setzte ich mich auf eine Bank. Er blieb vor mir stehen und wartete und erst auf mein Zeichen nahm er ebenfalls Platz. Stille umgab uns, nur ab und zu durch einen Tierlaut aus einem der Stallhäuser unterbrochen. Der Wind wehte noch ein paar Fetzen vom Lärm des zu Ende gehenden Gelages herüber. Die Nachtluft hatte mir gutgetan. mein Rausch war verflogen, ich fühlte mich erfrischt und erholt.
    „Ich habe gehört“, begann ich, „dass Ihr als Zögling des berühmten Klosters Prüm eine gediegene Ausbildung erhalten habt. Ich bin froh, hier einen Mann wie Euch zu treffen, der Benediktiner und Presbyter zugleich ist. Habt Ihr tatsächlich schon die Priesterweihe empfangen?“
    „So ist es, Vater“, sagte Wig leise, wobei er den Kopf gesenkt hielt und auf seine im Schoß gefalteten Hände blickte. „Ich weiß natürlich, dass ich unwürdig bin. Unser Herr Jesus Christus predigte erst mit dreißig Jahren. Deshalb sollte niemand geweiht werden, der dieses Alter nicht erreicht hat. Die ehrwürdigen Väter in Prüm waren aber der Meinung, es müsse eine Ausnahme gemacht werden, weil es in Sachsen so wenig Priester gibt.“
    „Da hatten sie sicher Recht. Wie alt seid Ihr denn?“
    „Sechsundzwanzig Jahre.“
    „Und wie lange habt Ihr schon diesen Sprengel?“
    „Seit vier Jahren. Aber ich bitte Euch, sprecht mich als Bruder an. Als jüngeren Bruder.“
    Wig blickte zum ersten Mal kurz auf. Seine dunklen, lebhaften Augen lagen im Schatten tiefer Höhlen.
    „Wenn du mich darum bittest“, sagte Lupus, „will ich das gern tun, Bruder Wig. Ich habe ein paar Jahre mehr auf dem Buckel. Was aber den Ordinationsgrad betrifft, bist du einen Schritt weiter. Ich bin nur Diaconus.“
    „Man hat mir gesagt, dass Ihr ein hoher Würdenträger seid und hier Gericht halten werdet. Gegen Euch bin ich nur ein Wurm. Auch sonst habe ich ja keinen Anspruch auf eine Anrede, die nur Freien zukommt.“
    „Ah, du bist Late?“, fragte ich überrascht.
    „Ja“, sagte Wig und fügte mit einer Kopfbewegung hinzu: „Genauso wie der da drinnen.“
    „Das wusste ich nicht. Es kommt ja vor, dass Brüder nicht demselben Stand angehören. Ist nicht aber Euer Vater ein Friling?“
    „Sprecht nicht von ihm!“, stieß er hervor.
    „Verzeih. Ich wusste nicht, dass ich an eine empfindliche Stelle rührte. Wenn du Late bist … wer ist dein Herr?“
    „Der Herr Graf. Ihm verdanke ich alles“, fügte er mit Betonung hinzu.
    „Du willst vermutlich damit sagen, dass du ihm verdankst, Priester geworden zu sein. Bist du durch ihn als Geisel zu den Franken gekommen?“
    „Ja, durch ihn. Er bestand darauf und setzte es durch.“
    „Gegen wen?“
    Wig schwieg und starrte auf seine Hände.
    „Ich frage nur“, sagte Lupus, „weil ich es ungewöhnlich finde, dass ein Late von den Franken als Geisel genommen wurde. Im Allgemeinen nahm man nur Edelinge, höchstens mal einen Friling.“
    „Damals waren wir ja noch Frilinge.“
    „So war es also, wie traurig für dich. Da bist du wohl als Freier fortgegangen und als Höriger des Grafen wiedergekommen.“
    „Ich beklage mich nicht. Es ist eine Strafe Gottes, eine sehr milde Strafe.“
    „Wofür?“
    Wig seufzte tief, schwieg aber wieder.
    „Bruder Wig“, sagte ich, wobei ich ihm meine Hand auf die Schulter legte, „du bist gut unterrichtet. Wir sind Kommissare des Königs Karl und wir werden hier zu Gericht sitzen. An der Versammlung wirst auch du teilnehmen, denn nach altem sächsischem Recht haben ja auch die Laten vor Gericht zu erscheinen. Vor aller Ohren werde ich dich dann fragen müssen, warum du als Priester wider die christlichen Gebote und die Bestimmungen des königlichen Kapitulars und mit einem Eifer, der meinen Amtsgefährten und mich erstaunte, die Todesstrafe für deinen Halbbruder Erk verlangt hast, obwohl er sich in den Schutz des Altars begeben hatte. Und es wird sich dann kaum vermeiden lassen, dir weitere Fragen zu stellen, die eure Familie betreffen. Ich habe nun allerdings den Eindruck, dass dabei Dinge zur Sprache kommen könnten, die dem Ansehen der Kirche vielleicht nicht förderlich wären. Siehst du, und deshalb sprechen wir jetzt miteinander. Unter Ordensleuten und Klerikern, als ehrliche Männer und aufrechte Christen. Damit du mir hilfst, mich zurechtzufinden und das zu tun, was richtig und notwendig ist. Willst du mir helfen?“
    Wig tat einen tiefen Atemzug und

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