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Saxnot stirbt nie - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Zweiter Roman

Saxnot stirbt nie - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Zweiter Roman

Titel: Saxnot stirbt nie - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Zweiter Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordian Robert
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Nachts singt er, und zwar immer dasselbe, irgendein Kirchengewimmer. Dabei sitzt er dann auf der Saxnot-Eiche. Das passt zusammen! Aber mir ist es recht. Sollen sie es unten nur hören. Es erinnert sie daran, dass sie alle verraten haben, die einen ebenso wie die anderen.“
    „Du hast bisher nur von drei Mönchen gesprochen. Was wurde aus dem vierten?“
    „Du meinst den Anführer?“
    „Ah! Der war also nicht unter denen, die gleich getötet wurden!“, rief ich.
    „Nein. Mit dem hatten wir etwas anderes vor.“
    „Was heißt das?“
    „Wir planten unseren Rachezug gegen die Franken. Dazu mussten wir Saxnot um seine Gunst bitten, er ist ja unser Kriegsgott. Dieser Kerl …“
    „Du meinst Theofried!“
    „Ich erinnere mich nicht, wie er hieß. War so ein Rothaariger. Und lang und dürr war der wie ein Besen, man konnte den Himmel mit ihm fegen.“
    „Ja, ja, das war er! Nun, was geschah mit ihm?“
    „Er wurde dem Priester übergeben.“
    „Dem Priester? Dem Volz?“
    „Ja.“
    „Und wozu? Natürlich, damit er - - - “
    Ein Blutstrom schoss aus dem Mund des Umm. Erst auf den zweiten Blick sah ich die Pfeilspitze, die eine Handbreit aus seiner Brust hervor stach. Der alte Sachsenhäuptling schwankte, packte erst mit der Linken den Pfeil, der ihn durchbohrt hatte, dann mit der Rechten den Schwertgriff und versuchte, sich umzudrehen. Er schaffte es nicht. Ein letzter Blick seiner kleinen, stechenden Augen traf mich. Er brachte das Schwert noch heraus und schlug nach mir. Ich sprang zurück und der Hieb traf den Stein. Umm wankte und sank nach vorn. Mit einer letzten Kraftanstrengung brach er den Pfeil ab.
    Ich war so bestürzt, dass mir erst jetzt einfiel, mich nach dem Schützen umzusehen. Indem ich das Grab als Schutzwehr nutzte, lugte ich vorsichtig an dem Deckstein vorbei. Dichtes Buschwerk stand an der Seite, von wo der Pfeilschuss gekommen war. Es hatte dem Mörder ermöglicht, sich bis auf wenige Schritte heran zu schleichen. Er mochte noch immer dort lauern oder sich leise davon gemacht haben.
    Unentschlossen hockte ich hinter den schützenden Steinen im Gras. Vor mir lag der Leichnam des Umm, zusammengekrümmt, mit dem Pfeil im Rücken. Um nicht ganz hilflos zu sein, zog ich einen der Dolche aus seinem Gürtel.
    Was sollte ich tun? Es war unvernünftig, hier sitzen zu bleiben. Wollte ich warten, bis sich der Mörder von der anderen Seite anschlich und auch mich mit einem Geschoss durchbohrte? Wenn er es überhaupt auf mich abgesehen hatte, war ich verloren, ob ich blieb oder fortging. Leichtsinnig war es gewesen, in diesen Urwald einzudringen, wo ich weniger sicher war als das schwächste Tier, das seine Fluchtwege und Verstecke kannte. Ich wusste ja nicht einmal, in welche Richtung ich gehen musste. Unter dem dichten Blätterdach war der Stand der Sonne nicht auszumachen und wäre es möglich gewesen, hätte mir das wenig genützt, da ich die Zeit, die seit meinem Aufbruch vom Salhof vergangen war, nicht annähernd zu schätzen vermochte. Der einzige zuverlässige Hinweis betraf die Richtung, die ich nach der Warnung des Umm vermeiden musste, um nicht ins Moor zu geraten.
    Eine andere, noch größere Unannehmlichkeit war die Gesellschaft, in der ich mich befand. Ich war allein mit dem Leichnam des alten Gauhäuptlings. Mein christliches Gewissen verbot, ihn so liegen zu lassen. Er würde in kürzester Zeit durch hungrige Kreaturen in unverdauliche Reste verwandelt werden. Andererseits kam nicht in Frage, ihn gleich zu bestatten. Ich musste Zeugen herbei holen, die bestätigten, wie er gestorben war. Wir waren allein gewesen und ich hätte ja der Drohung des Umm, mir die Haut abzuziehen, zuvor kommen können, allerdings kaum mit einem Pfeilschuss. Es überlief mich einen Augenblick kalt bei dem Gedanken an die neue Notlage, in der ich steckte. Ich erwog sogar, Hals über Kopf zu fliehen und zu vergessen, dass ich dem Alten begegnet war. Doch umso schlimmer, würde man mich später daran erinnern. Es gab ja mindestens einen, der uns zusammen gesehen hatte: den Mörder.
    Wohin also mit dem Leichnam? Mir fiel die Hütte ein, von der schon der alte Wrach gesagt hatte, sie befände sich in der Nähe des Steingrabs. Auch Umm hatte von der Hütte gesprochen, aus der er den letzten ihrer Erbauer vertrieben hatte.
    Ich machte sich auf die Suche.
    War es Zufall oder ein unsichtbarer Wegweiser, den der Allmächtige mitleidig für mich aufgestellt hatte? Lange brauchte er nicht umher zu irren. Nach

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