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Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen

Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen

Titel: Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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sah kurz den Inhalt des Kleiderschranks durch und nahm sich die paar Bücher vor, die auf dem Regal neben dem Bett standen.
    »La Rôtisserie de la Reine Pédauque, L'Anneau d'Améthyste, South Wind (unser junger Freund macht seinem Typ alle Ehre), Chronique d'un Cadet de Coutras (na, na, Charles!), Manon Lescaut . Hm. Gibt's hier in diesem Zimmer noch etwas, das ich mir ansehen sollte?«
    »Ich glaube nicht. Wo möchtest du jetzt weitermachen?«
    »Wir folgen ihnen nach unten. Sekunde! Wer wohnt in den anderen Zimmern? Ah, ja. Hier ist Geralds Zimmer. Helen ist in der Kirche. Nichts wie hinein. Hier ist natürlich abgestaubt und geputzt worden, so daß bestimmt nichts mehr zu finden ist, wie?«
    »Ich fürchte ja. Schließlich konnte ich der Herzogin nicht gut ihr eigenes Zimmer verbieten.«
    »Richtig. Hier ist das Fenster, aus dem Gerald ihm nachgerufen hat. Hm! Im Kamin ist natürlich auch nichts – das Feuer ist seitdem wieder angemacht worden. Weißt du, ich frage mich, wo Gerald diesen Brief hingetan hat – den von Freeborn, meine ich.«
    »Darüber hat bisher niemand ein Wort von ihm herausgekriegt«, sagte Parker. »Mr. Murbles hat schon seine liebe Not mit ihm gehabt. Der Herzog behauptet steif und fest, er habe ihn vernichtet. Mr. Murbles hält das für Unsinn. Ist es auch. Wenn er dem Verlobten seiner Schwester so einen Vorwurf machen wollte, hätte er doch wenigstens einen Beweis dafür erbracht, daß in seinem Wahnsinn Methode steckte, nicht wahr? Oder war er einer von diesen Patriarchen, die nur zu sagen brauchten: ›Als Oberhaupt der Familie verbiete ich diese Heirat‹?«
    »Gerald«, sagte Wimsey, »ist ein guter, ordentlicher, anständiger, wohlerzogener Internatsschüler und ein furchtbarer Esel. Aber für so mittelalterlich halte ich ihn nicht.«
    »Aber wenn er den Brief hat, warum zeigt er ihn nicht?«
    »Allerdings, warum nicht? Briefe aus Ägypten von früheren Kommilitonen sind im allgemeinen so kompromittierend nicht.«
    »Du meinst also nicht«, fuhr Parker zögernd fort, »daß dieser Mr. Freeborn in seinem Brief auf irgendeine alte – äh – Episode angespielt haben könnte, die dein Bruder nicht gern der Herzogin erzählen möchte?«
    Lord Peter betrachtete gedankenverloren eine Reihe Schuhe und schwieg.
    »Das wäre eine Idee«, meinte er schließlich. »Es hat solche Episoden gegeben – ganz harmlos, aber Helen würde großes Aufheben davon machen.« Er pfiff nachdenklich durch die Zähne. »Aber immerhin, wenn's zum Galgen geht –«
    »Glaubst du, daß dein Bruder wirklich mit dem Galgen rechnet, Wimsey?« fragte Parker.
    »Murbles wird ihm das schon klargemacht haben«, sagte Lord Peter.
    »Schon. Aber kann er es sich wirklich vorstellen – begreift er voll und ganz, daß man einen englischen Peer auf Grund von Indizien wegen Mordes aufhängen kann?«
    Darüber mußte Lord Peter erst einmal nachdenken.
    »Phantasie war noch nie Geralds Stärke«, räumte er ein. »Ich nehme doch an, daß man auch Peers aufhängt? Sie werden nicht etwa auf dem Tower Hill geköpft?«
    »Ich kann mich gern erkundigen«, sagte Parker. »Earl Ferrers ist jedenfalls 1760 gehängt worden.«
    »Wirklich?« meinte Lord Peter. »Na ja. Wie sagten schon die alten Heiden vom Evangelium? Es ist lange her, und hoffentlich stimmt es nicht.«
    »Es stimmt aber«, sagte Parker. »Und danach haben sie ihn in Stücke geschnitten. Aber diese Sitte ist aus der Mode gekommen.«
    »Wir werden es Gerald beibringen«, sagte Lord Peter, »und ihm nahelegen, die Sache ernst zu nehmen. Welche von diesen Stiefeln hat er am Mittwochabend angehabt?«
    »Die da«, sagte Parker. »Aber der Dummkopf hat sie saubergemacht.«
    »Tja«, machte Lord Peter mißmutig. »Hm! Schöne, schwere Schnürstiefel – die drücken einem das Blut in den Kopf.«
    »Gamaschen hatte er auch an«, sagte Parker. »Die hier.«
    »Ziemlich aufwendige Vorbereitungen für einen Spaziergang im Garten. Aber wie du gerade ganz richtig sagen wolltest, draußen war es naß. Ich muß Helen mal fragen, ob Gerald öfter an Schlaflosigkeit leidet.«
    »Hab ich schon gefragt. Normalerweise nicht, sagt sie, aber manchmal hat er solche Zahnschmerzen, daß er nicht einschlafen kann.«
    »Aber damit geht man doch nicht in einer kalten Regennacht aus dem Haus. Na ja, gehen wir mal nach unten.«
    Sie gingen durchs Billardzimmer, wo der Oberst gerade eine sensationelle Serie hinlegte, und von da weiter in den angrenzenden kleinen Wintergarten.
    Lord Peter

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