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Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen

Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen

Titel: Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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die Socken mache, ja? Ich habe viel zu tun.«
    Bei seiner Rückkehr nach Riddlesdale fand Lord Peter einen neuen Gast am Teetisch vor. Als Peter eintrat, erhob er sich zu imposanter Größe und streckte ihm eine wohlgeformte, ausdrucksvolle Hand entgegen, die einem Schauspieler ein Vermögen eingebracht hätte. Er war zwar kein Schauspieler, fand aber die Hände doch sehr geeignet zur Erzielung dramatischer Effekte. Mit seiner prächtigen Figur und der edlen Kopfform war er eine eindrucksvolle Erscheinung; seine Züge waren makellos, seine Augen hart. Die Herzoginwitwe hatte einmal über ihn gesagt: »Sir Impey Biggs ist der schönste Mann Englands, und keine Frau wird je zwei Penny für ihn geben.« Er war mit seinen achtunddreißig Jahren tatsächlich noch Junggeselle und außerdem berühmt für seine Rednergabe und das Geschick, mit dem er gegnerische Zeugen sanft, aber unbarmherzig auseinandernahm. Sein unvermutetes Freizeitvergnügen war die Zucht von Kanarienvögeln, und außer ihrem Gesang liebte er nur Revueschlager. Er erwiderte Wimseys Gruß mit seiner schönen, klangvollen, wunderbar beherrschten Stimme. Tragische Ironie, beißende Verachtung und helle Empörung waren die Ausdrucksvarianten, mit denen Sir Impey Biggs Richtern wie Geschworenen beikam; er verfolgte die Mörder der Unschuldigen und verteidigte bei Verleumdungsklagen; er verstand zu rühren und war selbst so gefühllos wie ein Stein. Wimsey gab seiner Freude über das Wiedersehen in einem noch verhalteneren, zögernderen Ton Ausdruck, als man ohnehin von ihm gewöhnt war.
    »Sie kommen gerade von Jerry?« fragte er. »Bitte frischen Toast, Fleming. Wie geht's ihm denn? Macht's ihm noch Spaß? Ich kenne keinen zweiten Menschen, der aus einer Situation so wenig machen kann wie Jerry. Wie gern würde ich so was mal selbst erleben, allerdings würde es mir wenig Freude machen, eingesperrt zu sein und zusehen zu müssen, wie andere meinen Fall verpfuschen. Das soll keine Anspielung auf Murbles und Sie sein, Biggs. Ich meine mich selbst – oder den Mann, der meine Rolle spielen würde, wenn ich Jerry wäre. Können Sie mir folgen?«
    »Ich habe eben zu Sir Impey gesagt«, ließ sich die Herzogin vernehmen, »daß er Gerald unbedingt dazu bringen muß, zu sagen, was er um drei Uhr morgens im Garten wollte. Wäre ich doch nur in Riddlesdale gewesen, dann hätte das alles nicht passieren können. Natürlich wissen wir , daß er nichts Böses getan hat, aber können wir von den Geschworenen erwarten, daß sie das verstehen? Die unteren Klassen sind ja so voreingenommen. Wie dumm aber auch von Gerald, einfach nicht zu begreifen, daß er reden muß! Er kennt keine Rücksicht.«
    »Ich tue schon mein Bestes, Herzogin«, sagte Sir Impey, »aber Sie müssen etwas Geduld haben. Wir Rechtsanwälte haben es ja auch gern ein bißchen geheimnisvoll, wissen Sie? Wenn jeder vorträte und geradeheraus die Wahrheit sagte, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit, müßten wir alle ins Armenhaus.«
    »Hauptmann Cathcarts Tod ist allerdings geheimnisvoll«, sagte die Herzogin, »aber nach allem, was sich jetzt über ihn herausstellt, war es für meine Schwägerin letzten Endes besser so.«
    »Sagen Sie, Biggs, könnten Sie nicht auf ›Tod durch göttliche Heimsuchung‹ plädieren?« meinte Lord Peter. »Gottes Strafe dafür, daß er in unsere Familie einheiraten wollte?«
    »Ich habe schon dümmere Urteile erlebt«, antwortete Biggs trocken. »Es ist köstlich, was man den Geschworenen alles einreden kann, wenn man nur will. Ich erinnere mich da an einen Fall in Liverpool –«
    So lenkte er geschickt hinüber ins ruhige Fahrwasser der Anekdoten. Lord Peter betrachtete sein statuenhaftes Profil vor dem Feuer; es erinnerte ihn an die strenge Schönheit des Wagenlenkers von Delphi und war ebenso ausdrucksvoll.
    Erst nach dem Abendessen sprach Sir Impey ganz offen mit Wimsey. Die Herzogin war zu Bett gegangen, und die beiden Männer befanden sich allein in der Bibliothek. Lord Peter, im korrekten Abendanzug und von Bunter bestens versorgt, war den ganzen Abend ungewöhnlich mitteilsam und fröhlich gewesen. Jetzt zündete er sich eine Zigarre an, ließ sich im größten Sessel nieder und hüllte sich in tiefes Schweigen.
    Sir Impey Biggs ging eine halbe Stunde lang rauchend auf und ab. Dann trat er entschlossen näher, knipste die Leselampe an, richtete ihren Schein brutal auf Wimseys Gesicht, setzte sich ihm gegenüber und sagte: »Also, Wimsey, jetzt will ich

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