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Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen

Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen

Titel: Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Informationen, die wir brauchen, dürften uns in Paris erwarten. Ich habe an die Sûreté und an Crédit Lyonnais geschrieben und um seine Papiere, vor allem um sein Kontobuch und sein Scheckheft, gebeten.
    Ich bin von der gestrigen und heutigen Arbeit todmüde. Nach so einer Reise auch noch die ganze Nacht auf den Beinen zu sein ist kein Vergnügen. Falls Du mich nicht brauchst, warte ich hier auf die Papiere, oder ich fahre vielleicht selbst nach Paris.
    Unter den Büchern, die Cathcart hier hatte, befinden sich ein paar moderne französische Romane und noch eine Ausgabe von Manon , mit ›zierlichen‹ Illustrationen, wie es in den Katalogen immer heißt. Aber er muß doch irgendwo ein Leben geführt haben, oder nicht?
    Die beiliegende Rechnung von einem Schönheitssalon in der Bond Street interessiert Dich vielleicht. Ich war da. Die Inhaberin sagt, er sei regelmäßig jede Woche einmal gekommen, wenn er in England war.
    Eine völlige Niete habe ich am Sonntag in King's Fenton gezogen – aber das habe ich Dir ja schon erzählt. Ich glaube nicht, daß der Kerl durch diesen Ort gekommen ist. Mich würde es nicht wundern, wenn er sich durchs Moor davongemacht hätte. Meinst Du, es könnte sich lohnen, in dieser Richtung zu suchen? Aber das dürfte wie die Suche nach einer Nadel im Heuhaufen sein. Merkwürdig ist ja nach wie vor die Sache mit der Brillantkatze. Du hast im Haus nichts Näheres darüber erfahren, oder? Irgendwie scheint sie mir zu Schuhgröße 45 nicht zu passen – aber man sollte doch meinen, daß man im Dorf etwas davon wüßte, wenn jemand sie verloren hätte. Also bis bald!
    Stets Dein
    Charles Parker«

– und die Tochter, in großer Angst
    »Auch die Frauen sahen blaß und krank aus.«
Des Pilgers Wanderschaft
    Mr. Bunter brachte Lord Peter am Mittwochmorgen Parkers Brief ans Bett. Das Haus war fast leer, denn alle waren nach Northallerton gefahren, um dem Haftprüfungstermin beizuwohnen. Dieser würde natürlich eine reine Formsache sein, aber es gehörte sich nun einmal, daß die Familie dabei voll repräsentiert war. Sogar die Herzoginwitwe war gekommen – sie war sofort zu ihrem Sohn geeilt und wohnte tapfer in einem möblierten Zimmer, doch die jüngere Herzogin fand das von ihrer Schwiegermutter mehr couragiert als würdevoll. Man wußte außerdem nie, was sie anstellen würde, wenn man sie sich selbst überließ. Womöglich gab sie nocheinem Zeitungsreporter ein Interview. Überdies gehörte in so einem Augenblick die Frau an die Seite ihres Mannes.
    Lady Mary war krank, wogegen man nichts sagen konnte, und wenn Lord Peter es vorzog, im Pyjama herumzusitzen und Zigaretten zu rauchen, während sein einziger Bruder einer öffentlichen Demütigung unterzogen wurde, so war von ihm ja nichts anderes zu erwarten. Peter schlug nach seiner Mutter. Wie dieser exzentrische Zug in die Familie geraten war, konnte Ihre Gnaden leicht erraten; die Herzoginwitwe entstammte zwar einer guten Familie aus Hampshire, aber an den Wurzeln des Stammbaums war fremdländisches Blut. Ihre eigene Pflicht war klar, und sie würde sie tun.
    Lord Peter war wach und sah ziemlich mitgenommen aus, als ob er auch nachts noch den Spürhund gespielt hätte. Mr.
    Bunter hüllte ihn fürsorglich in einen prächtigen orientalischen Morgenmantel und stellte ihm das Tablett auf die Knie.
    »Bunter«, sagte Lord Peter leicht verdrießlich, »Ihr café au lait ist das einzig Erträgliche in diesem gräßlichen Haus.«
    »Vielen Dank, Mylord. Es ist heute wieder sehr kühl, Mylord, aber es regnet nicht direkt.«
    Lord Peter las stirnrunzelnd den Brief.
    »Steht was in der Zeitung, Bunter?«
    »Nichts Wichtiges, Mylord. Eine Versteigerung nächste Woche in der Northbury Hall – Mr. Fleetwhites Bibliothek –, eine Caxton-Ausgabe der Confessio Amantis –«
    »Wozu sagen Sie mir das überhaupt, wenn wir hier noch Gott weiß wie lange festsitzen werden? Wäre ich doch nur bei meinen Büchern geblieben und hätte die Finger von der Kriminalistik gelassen! Haben Sie die Proben an Lubbock geschickt?«
    »Ja, Mylord«, sagte Bunter sanft. Dr. Lubbock war der ›berühmte Wissenschaftler‹.
    »Wir brauchen Fakten«, sagte Lord Peter. »Fakten. Als kleiner Junge habe ich Fakten immer gehaßt. Ich fand sie häßlich – hart und unhandlich. Und so kompromißlos.«
    »Sehr wohl, Mylord. Meine alte Mutter –«
    »Ihre Mutter, Bunter? Wußte gar nicht, daß Sie eine haben. Hab mir immer eingebildet, Sie seien fix und fertig auf die Welt

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