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Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen

Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen

Titel: Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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alles hören, was Sie wissen.«
    »So, so«, meinte Peter. Er stand auf, zog den Stecker der Leselampe heraus und stellte sie auf eine Anrichte.
    »Keine Zeugeneinschüchterung, bitte«, kommentierte er grinsend.
    »Meinetwegen, wenn Sie nur aufwachen«, sagte Biggs ungerührt. »Also los.«
    Lord Peter nahm die Zigarre aus dem Mund, betrachtete sie mit schiefgelegtem Kopf, drehte sie vorsichtig um, fand, daß die Asche noch ein Weilchen am Deckblatt halten würde, rauchte wortlos weiter, bis sie jeden Moment hinunterfallen mußte, nahm dann die Zigarre wieder aus dem Mund, lud die Asche genau in der Mitte des Aschenbechers ab und begann mit seiner Aussage, bei der er nur die Sache mit dem Koffer sowie die Informationen wegließ, die Bunter von Ellen erhalten hatte.
    Sir Impey Biggs hörte ihm mit einer Miene zu, die Peter unangenehm an ein Kreuzverhör erinnerte, und warf hier und da eine scharfe Frage ein. Er machte sich ein paar Notizen, und als Wimsey fertig war, klopfte er nachdenklich auf sein Notizbuch.
    »Ich glaube, daraus können wir etwas machen«, sagte er, »selbst wenn die Polizei Ihren mysteriösen Fremden nicht findet. Denvers Schweigen kompliziert die Sache natürlich sehr.« Er hielt sich kurz die Hand vor die Augen. »Sie sagen also, Sie haben die Polizei auf diesen Kerl angesetzt?«
    »Ja.«
    »Haben Sie eine sehr schlechte Meinung von der Polizei?«
    »In solchen Dingen nicht. Das ist ihre Stärke; für so was ist sie eingerichtet, und das macht sie auch gut.«
    »Aha! Sie rechnen also damit, daß sie den Mann findet?«
    »Ich will es hoffen.«
    »So! Und was soll, bitte sehr, aus meiner Verteidigungsstrategie werden, wenn sie ihn findet, Wimsey?«
    »Was soll –?«
    »Passen Sie mal auf, Wimsey«, sagte der Verteidiger, »Sie sind nicht von gestern und brauchen jetzt auch kein Gesicht zu machen wie ein Dorfpolizist. Wollen Sie diesen Mann wirklich finden?«
    »Gewiß.«
    »Das ist natürlich Ihre Sache, aber mir sind schon ziemlich die Hände gebunden. Haben Sie sich einmal überlegt, daß es vielleicht besser wäre, den Mann nicht zu finden?«
    Wimsey sah den Anwalt mit geradezu entwaffnend ehrlichem Erstaunen an.
    »Bedenken Sie folgendes«, sagte dieser. »Wenn die Polizei erst etwas oder jemanden in den Fingern hat, hat es keinen Sinn mehr, auf meine oder Murbles' oder irgend jemandes Diskretion zu bauen. Dann wird alles ans Licht gezerrt, und nicht gerade auf feine Art. Denver steht unter Mordanklage und weigert sich auf das entschiedenste, mir auch nur im mindesten zu helfen.«
    »Jerry ist ein Esel. Er begreift nicht –«
    »Glauben Sie vielleicht«, unterbrach ihn Biggs, »ich hätte mir nicht die größte Mühe gegeben, es ihm begreiflich zu machen? Aber er sagt nur: ›Sie können mich nicht aufhängen; ich habe den Mann nicht umgebracht, obwohl ich es ganz erfreulich finde, daß er tot ist. Was ich im Garten getan habe, geht die nichts an.‹ Jetzt frage ich Sie, Wimsey, hat es noch etwas mit Vernunft zu tun, wenn ein Mann in Denvers Lage sich auf diesen Standpunkt stellt?«
    Peter murmelte etwas wie »noch nie Verstand gehabt«.
    »Hat man Denver schon etwas von diesem anderen Mann gesagt?«
    »Bei der Voruntersuchung wurden Fußspuren erwähnt, soviel ich weiß.«
    »Dieser Mann von Scotland Yard ist ein Freund von Ihnen, höre ich?«
    »Ja.«
    »Um so besser. Dann wird er ja den Mund halten können.«
    »Hören Sie, Biggs, das klingt ja alles sehr eindrucksvoll und mysteriös, aber worauf wollen Sie eigentlich hinaus? Warum soll ich mir den Burschen nicht greifen, wenn ich kann?«
    »Ich will Ihnen mit einer Gegenfrage antworten.« Sir Impey Biggs beugte sich etwas weiter vor. »Warum versucht Denver ihn zu decken?«
    Sir Impey pflegte sich damit großzutun, daß kein Zeuge in seiner Gegenwart unentdeckt einen Meineid leisten könne. Als er die Frage stellte, entließ er kurz den Blick des andern und sah scharf auf Wimseys langen, beweglichen Mund und die nervösen Hände. Als er eine Sekunde später wieder aufschaute, begegnete er einem Blick, der gut gespielt die ganze Ausdrucksskala überraschten Erkennens durchlief; aber es war zu spät. Er hatte eine kleine Falte am Mundwinkel sich glätten und die Finger kaum merklich sich entspannen sehen.
    »Mein Gott!« sagte Peter. »Darauf wäre ich nie gekommen. Was seid ihr Anwälte doch für schlaue Leute! Wenn das so ist, sollte ich wohl etwas leiser treten, wie? War schon immer ein bißchen voreilig. Meine Mutter sagt –«
    »Sie

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