Sayers, Dorothy L. - Wimsey 14 - Feuerwerk
Mr. Cedric ins Haus zurück.
Als wir an der Tür des Studierzimmers vorüberkamen, sagte Mr. Cedric: ›Ob mein Onkel wohl … ‹ Er brach ab und fügte hinzu: ›Nein, es ist besser, wenn man ihn bis morgen allein läßt.‹ Wir kehrten in mein Zimmer zurück, wo Mrs. Cedric auf uns wartete. Sie fragte: ›Was ist los, Cedric?‹ Und er antwortete: ›Onkel Henry hat die Geschichte mit Ella herausbekommen. Ich habe Ray ja gewarnt.‹ Sie sagte nur: ›O du liebe Güte!‹ Dann schlugen wir ein anderes Thema an.
Mr. und Mrs. Cedric blieben bis halb zwölf bei mir und gingen dann nach oben zu Bett, während ich meinen üblichen Rundgang durchs Haus antrat. Als ich das Licht in der Diele ausmachte, bemerkte ich, daß das Licht in Mr. Whipleys Studierzimmer noch brannte. Da er nie so lange aufblieb, ging ich hin, um nachzusehen, ob er über einem Buch eingeschlafen war.
Da ich auf mein Klopfen keine Antwort bekam, trat ich ein, und da lag er tot im Sessel. Auf dem Tisch standen zwei leere Kaffeetassen, zwei Likörgläser und eine halbleere Flasche Pfefferminzlikör. Ich rief sofort Mr. Cedric, der mir riet, alles genauso zu lassen, wie es war, und Dr. Baker anzurufen.«
Als nächste Zeugin erschien die Hausgehilfin, die bei Tisch aufgewartet hatte. Sie erklärte, daß während der Mahlzeit nichts Besonderes vorgefallen sei. Nur seien Mr. Whipley und sein Sohn ziemlich schweigsam und nachdenklich gewesen.
»Am Ende der Mahlzeit hatte Mr. Raymond gesagt: ›Hör mal zu, Vater, so geht das nicht.‹ Mr. Whipley hatte geantwortet: ›Wenn du deine Ansicht geändert hast, sagst du es mir am besten gleich‹, und hatte den Kaffee ins Studierzimmer bestellt. Mr. Raymond erwiderte: ›Ich kann meine Ansicht nicht ändern, aber wenn du mich nur anhören wolltest … ‹ Mr. Whipley schwieg.
Er fragte Mr. Raymond: ›Was willst du trinken?‹ Mr. Raymond erwiderte: ›Pfefferminzlikör.‹ Woraufhin Mr. Whipley sagte: ›Das sieht dir ähnlich – ein Frauengetränk.‹«
Mr. Egg lächelte vor sich hin, als er diesen Worten lauschte. Er konnte sich den alten Mr. Whipley so gut dabei vorstellen.
Dann verzog er sein pausbäckiges Gesicht zu einer ernsteren Miene, als der Coroner Mr. Cedric Whipley vortreten ließ.
Mr. Cedric bestätigte die Aussage der Haushälterin. Er gab an, daß er sechsunddreißig Jahre alt und Juniorpartner in der Verlagsfirma Freeman & Toplady sei. Ihm waren die näheren Umstände der Auseinandersetzung zwischen Vater und Sohn bekannt. Ja, Mr. Whipley hatte ihn und seine Frau extra eingeladen, um die Sache mit ihnen zu besprechen. Es handelte sich um Raymonds Verlobung mit einer gewissen Dame.
Mr. Whipley hatte recht impulsiv von einer Testamentsänderung gesprochen, aber er, Cedric, hatte ihn dringend gebeten, sich die Sache noch einmal in Ruhe zu überlegen. Am Abend der Tragödie hatte ihm Raymond anvertraut, daß sein Vater ihn zu enterben gedroht habe. Er hatte Raymond dann den Rat gegeben, es nicht so tragisch zu nehmen, da der alte Herr sich wieder beruhigen würde. Raymond hatte ihm diese Einmischung übelgenommen.
Nach Raymonds Aufbruch hatte er es für besser gehalten, den alten Mann in Ruhe zu lassen. Nachdem er und seine Frau sich von Mrs. Minchin verabschiedet hatten, war er direkt nach oben gegangen, ohne das Studierzimmer zu betreten. Nach seinem Ermessen war es etwa eine Viertelstunde später, als er auf Mrs. Minchins Ruf hin wieder nach unten gekommen war und seinen Onkel tot vorgefunden hatte.
Er hatte sich über ihn gebeugt, um ihn zu untersuchen, und dabei einen schwachen Geruch von Mandeln auf den Lippen entdeckt, dann an den Likörgläsern gerochen, ohne sie anzufassen, und da ihm eins davon auch nach Mandeln zu riechen schien, hatte er Mrs. Minchin instruiert, ja nichts anzurühren. Er hatte dann die Idee gehabt, daß sein Onkel vielleicht Selbstmord begangen habe.
Ein Raunen ging durch den Saal, als Mr. Raymond Whipley an den Tisch des Coroners trat. Ein dünner, ungesund aussehender Mann, dessen Alter zwischen dreißig und vierzig lag.
Er gab seinen Beruf als »Kunstfotograf« an und sprach von einem Atelier in der Bond Street. Seine »expressionistischen Studien« prominenter Männer und Frauen hätten beträchtliches Aufsehen im West End erregt. Sein Vater, der altmodische Vorurteile hatte, habe seine Tätigkeit nicht gebilligt.
»Soweit ich unterrichtet bin«, sagte der Coroner, »wird Blausäure häufig in der Fotografie verwendet.«
Mr. Raymond Whipley lächelte
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