Sayuri
Namen sagen.
Elegant sank der Greif auf den Boden, um Sayuri auf seinen Rücken steigen zu lassen. Ein nervöses Kribbeln machte sich in ihr breit, als sie Suieens Anweisungen folgte. Mit den Händen konnte sie sich an den Flügelansätzen festhalten, ihre Beine drückte sie fest an das weiche, glatte Fell des Greifs.
Als sie sicher saß, drehte sie sich nach Yuuka um.
Wo treffen wir dich wieder?, fragte sie.
Yuuka gab ein grollendes Lachen von sich. Ich bin immer unter euch, versprach sie. Greifen können nicht schneller fliegen, als ich laufe.
Sayuris Finger strichen über das weiche Gefieder ihres Flugtieres. Sie spürte den Übergang von Federn zu Fell, malte vorsichtig einen hellen Streifen am Flügelansatz mit den Fingern nach. Im nächsten Moment ging ein Ruck durch den Greifenleib. Er stieg kurz auf die Hinterläufe, schüttelte den schlanken Kopf und schlug kräftig mit den Flügeln.
Yuuka war vor ihnen zurückgewichen, als der Greif mit schnellen Schritten loslief und Sand um sie herum aufwirbelte. Schließlich stieß sich der Greif vom Boden ab. Sayuri krallte sich am Flügelansatz fest und schloss die Augen. Erst als er so weit in die Höhe gestiegen war, dass er auf dem Wüstenwind gleiten konnte, wurden seine Bewegungen geschmeidig und ruhig, sodass Sayuri es wagte, ihre Hände aus seinem Gefieder zu lösen.
Sie legte den Kopf in den Nacken und schaute in den Himmel, der mit zahllosen Sternen übersät war. Der Wind strich ihr über die Haut und zog an ihren Haaren. Frei, dachte sie stumm für sich, konnte aber spüren, dass der Gedanke Suieen erreichte, der auf dem zweiten Greif direkt neben ihnen flog. Als sie zu ihm hinübersah, konnte sie ein Lächeln auf seinen Lippen erkennen.
Vorsichtig spähte sie über einen Flügel hinab in die Tiefe. Das fahle Licht der Monde tauchte die Wüste aus sanften Dünenwellen in blaugrünes Meer. Hinter ihnen verschwand das kleine Lager, das ihr in der Weite der Wüste plötzlich verloren erschien. In der Ferne konnte sie kleine leuchtende Punkte erkennen, dicht aneinandergedrängt wie ein Schwarm Irrlichter.
Die Kaiserstadt, hörte sie Suieen sagen.
Die Greifen schwenkten nach Westen und die Stadt blieb hinter ihnen zurück. Unter ihnen erstreckte sich nun der Zentaurenwald und Sayuri war darüber erstaunt, welch große Fläche das Reich der Zentauren mitten in der Wüste einnahm. Unter ihnen huschten leuchtende Irrlichter durch den Wald, blau und grün schimmernd, als wollten sie den Monden ihre Ehre erweisen. Inmitten des Irrlichterschwarms lief Yuuka. Ihr sandfarbener Körper war immer wieder zwischen den dunklen Ästen zu erkennen, unter denen sie geschickt hindurchtauchte.
Ein Windstoß traf Sayuri und brachte den Greif kurz ins Schwanken. Mit kräftigen Flügelschlägen schraubte er sich noch weiter in die Höhe. Eine Gänsehaut überlief Sayuri, als sie die kalte Luft spürte. Zitternd wickelte sie sich fester in ihren Umhang und grub ihre kalten Finger vorsichtig ins weiche Gefieder des Greifs.
Alles in Ordnung?, konnte sie Suieens leise Stimme in ihren Gedanken hören. Der Greif, auf dessen Rücken er saß, flog nun ein Stück über ihnen.
Alles in Ordnung.
Und das war es. Plötzlich, hier oben in der Weite des Himmels, in der Freiheit, wusste sie, dass ihre Entscheidung die richtige gewesen war.
Alles würde gut werden.
Sie flogen schweigend über die Wüste, bis Suieen plötzlich wortlos auf einen großen Schwarm Irrlichter unter ihnen zeigte. Sayuri versuchte, die Gedanken der winzigen Geschöpfe aufzufangen, die man immer an ihrer schnell hin und her springenden Art erkannte, aber plötzlich zuckte sie zusammen. Das dort unten waren keine Irrlichter, sondern Menschen, die Fackeln trugen.
Sie hörte den Gedanken so laut, als würde ihn jemand in ihr Ohr brüllen, und er war voller Wut. Erschrocken fuhr sie zusammen.
Kiyoshi!
Kurz sah sie zu Suieen, doch der schien nichts gehört zu haben. Wieder versuchte sie sich an den Menschen heranzutasten, der gerade an ihren Freund dachte.
Diese verlogenen Söldner … Nur um selbst den Ruhm einzustreichen. Als würde Miro sie für ihre Dienste ehrlich entlohnen … Ich werde Kiyoshi finden, noch bevor sie ihn in ihre dreckigen Finger bekommen … Das wird meine Rache …
Sayuris Herz begann wild zu klopfen, als sie die Worte hörte, die so voller Hass waren.
Und ich werde dieses Mädchen finden! Noch einmal wird sie mir nicht entkommen. Und dann werde ich dafür sorgen, dass sie uns nie
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