Scalzi, John - Metatropolis (Erzählungen)
sind Sie?«
Die Frau lächelte, aber sie erhob sich nicht. »Stephanie Shearer. Und bevor Sie danach fragen: Ja, das ist mein wirklicher Name.«
Was auch immer das heißen soll. Es klang nach einem Namen, den ein fantasieloses Schriftstellerteam der Freundin des Superhelden geben würde.
»Das war eine präzise, aber nutzlose Antwort«, sagte Cadie. »Was wollen Sie von mir?«
Sie spürte, wie Homer seinen Körperschwerpunkt ein wenig zurückverlagerte. Also hatte er großen Respekt vor Shearer und vielleicht sogar etwas Angst vor ihrer Reaktion auf Cadies Trotz. Entweder das, oder er missbilligte den Trotz, unabhängig von Shearers potenzieller Erwiderung.
Shearer schürzte die Lippen. »Sie sind Scarlet Boyko.«
»Ich ziehe es vor«, gab Cadie mit eisiger Stimme zurück, »nicht mit diesem Namen angesprochen zu werden.«
»Wie kam es also«, fuhr Shearer fort, »dass ein nettes kalifornisches Mädchen die Braut eines russischen Mafioso wurde?«
»Das ist eine lange Geschichte.« Cadie konnte sich den weiteren Verlauf des Gesprächs vorstellen, wie verschränkte Finger, die sich an der Basis berührten, aber in völlig unterschiedliche Richtungen zeigten und gegeneinanderdrückten. Das Geplänkel konnte ewig weitergehen, ohne dass irgendetwas dabei herauskam. »Hören Sie, Stephanie. Sie haben mich bereits ins Hintertreffen gebracht. Sie wissen, wer ich bin, und das macht mir Sorgen. Sie müssen eine ziemlich gute Vorstellung davon haben, was ich für Sie tun könnte, weil Sie ansonsten nicht Homer losgeschickt hätten, um Kontakt mit mir aufzunehmen. Sie können nicht erwarten, dass ich Ihnen zusätzliche Vorteile zuspiele, solange Sie mir hier keinen sicheren Stand verschaffen. Was wollen Sie von mir? «
Shearers Hände wogten leicht auf den Lehnen ihres abgenutzten Rohrsessels. »Vertrauen.«
Cadie schüttelte den Kopf, als hätte sie nicht richtig gehört, doch das Wort hing immer noch fast sichtbar in der Luft und genauso, wie sie es ursprünglich verstanden hatte. Sie musste sich zusammenreißen, um keinen Seitenblick auf Homer zu werfen, als wollte sie gemeinsam mit ihm die Augen verdrehen. Nicht dass sie von ihm Solidarität erwarten konnte, aber in der Not …
»Sie sind verrückt«, sagte sie.
»Ganz und gar nicht.« Jetzt stand Shearer auf, und es zeigte sich, dass sie tatsächlich von durchschnittlicher Statur und – wenn man nach ihren Bewegungen ging – jünger war, als sie aussah. Vielleicht hatte sie auch nur darauf geachtet, außergewöhnlich gut in Form zu bleiben. Allerdings hinkte sie ein wenig, und Cadie fragte sich, ob es eine vorübergehende oder dauerhafte Verletzung war. »Ich möchte Ihnen etwas über die Loyalität gegenüber Markennamen erzählen.«
Diesmal warf Cadie einen Seitenblick zu Homer, bevor sie sich zusammenreißen konnte. Er betrachtete sie mit amüsierter Miene, und sie glaubte nicht, dass Shearer die Adressatin war. »Sie vergeuden meine kostbare Zeit, Stephanie.«
Ihre Verärgerung war eine Pose. Je mehr Zeit die beiden vergeudeten, desto länger konnte Cadie die Sache hinauszögern, und desto mehr Zeit hatte die Krippe, Firuza in Sicherheit zu bringen. Ein erstklassiger Evakuierungsplan war einer der Gründe, warum Cadie so viel Geld für die Betreuung von Firuza bezahlte.
»Markennamen«, sagte Shearer, als hätte sie Cadies Einwand überhört, »stellen eine besonders erfolgreiche Anwendung von Erkenntnissen der menschlichen Psychologie dar. Sie funktionieren, weil sie die Regeln einhalten, nach denen Menschen Vertrauen fassen.«
»Vertrauen.«
»Sie misstrauen mir in diesem Moment, weil Sie mich nicht kennen. Aber wenn man beginnt, einer Person zu vertrauen, geschieht es im Allgemeinen, weil man diese Person kennt oder weil man Personen kennt, die diese Person kennen und sich für sie verbürgen können. Und man vertraut dem Wort bestimmter Personen mehr als dem von anderen, weil man weiß, dass sie ethischen Grundsätzen folgen oder gut informiert sind. Es ist eine Reputationsökonomie.«
Cadie beugte sich unwillkürlich ein wenig vor. »Ich höre.«
»Also ist ein Markenname im Wesentlichen eine Pseudoperson, bei der Sie das Gefühl haben können, sie zu kennen. Die Psychologie ist ziemlich einfach.«
Homer räusperte sich und fügte hinzu: »Und in praktischer Hinsicht absolut zynisch, weil überhaupt keine reale Person dahintersteht. Keine Reputation, auf die man sich verlassen könnte. Keine ethischen Grundsätze. Nur eine
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