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Scalzi, John - Metatropolis (Erzählungen)

Scalzi, John - Metatropolis (Erzählungen)

Titel: Scalzi, John - Metatropolis (Erzählungen) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Scalzi
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städtischen Angestellten über völlig sinnfreie Themen, die in keinem Zusammenhang mit irgendetwas standen, soweit ich erkennen konnte. Manchmal war mir die Arbeitsorganisation meiner Heimatstadt völlig unverständlich.
    »Ich sehe, dass Sie Ihre Eignungstests zum allerletzten möglichen Termin gemacht haben«, sagte Lo.
    »Ich bin mir sicher, dass viele Leute es genauso machen«, sagte ich.
    »Eher nicht«, erwiderte Lo. »Die meisten Jugendlichen machen sie unmittelbar nach Abschluss ihrer Schulausbildung, weil sie da noch alles frisch im Kopf haben. Die meisten brennen darauf, so schnell wie möglich etwas zum Wohlergehen von NSL beizutragen – und so schnell wie möglich mit ihrer Karriere beginnen zu können.«
    Ich zuckte die Achseln. Nachdem ich die Schule abgeschlossen hatte, wollte ich einige der anderen Städte bereisen, die »offene Grenzen« zu New St. Louis hatten: Die Portland-Arkologien und andere Teile von Cascadia, die Malibu-Enklave, Singapur und Hongkong und das neue Helsinki-Kollektiv. Damit war ich einige Monate lang beschäftigt gewesen, und ich fand es gut. Reisen erweitern den Horizont und so.
    Mutter war davon nicht sehr begeistert gewesen, aber ich hatte ihr versprochen, die Eignungstests bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit zu machen, wenn ich zurückgekommen war. Ich hatte mich wirklich bemüht, aber dann waren mir ständig andere Dinge dazwischengekommen. Aber schließlich schaffte ich es, weil mein einundzwanzigster Geburtstag immer näher rückte, denn hier in New St. Louis gibt es eine Bezeichnung für Einundzwanzigjährige, die ihre Eignungstests noch nicht gemacht hatten, um sich einen Job zuweisen zu lassen: Ausgestoßene. Selbst New Louies, die an der Uni einer anderen Stadt studierten, absolvierten spätestens mit zwanzig ihre Tests. Die Ergebnisse der Fernprüfung wurden für später zu den Akten gelegt. Wenn man sie verpasst, ist man draußen.
    Genau das war mit Wills Bruder Marcus geschehen. Er ließ seine letzte Chance, sich für die Eignungstests anzumelden, vor fünf Jahren verstreichen, und kurz darauf standen Vertreter der Stadt mit einer Ausweisung vor seiner Tür. Sie eskortierten ihn zur Stadtgrenze, drückten ihm eine Kreditkarte im Wert von sechzehn Unzen Gold in die Hand und winkten ihm zum Abschied zu. Jetzt wohnte Marcus draußen, im heruntergekommenen Kreis der Vorstädte rund um das neue und alte St. Louis, den wir als »Wildnis« bezeichneten, und tat dort das, was auch immer die Leute in der Wildnis mit ihrer Zeit anstellten. Ich vermutete, dass er schnorrte und gärtnerte, wenn auch nicht unbedingt in dieser Reihenfolge. Jetzt wissen Sie auch, warum Will mir am liebsten die Fresse poliert hätte, als ich seinen Bruder erwähnte.
    Marcus könnte eines Tages zurückkehren … vielleicht. Leute, die aus NSL rausgeflogen waren, bekamen nur eine Chance auf Rückkehr, nachdem sie neue Eignungstests gemacht hatten. Dann mussten sie warten, ob es für sie einen Job gab, den sonst niemand in der Stadt machen wollte. Selbst dann mussten sie sich in eine Warteschlange einreihen, weil für die Jobangebote zuerst die New Louies, dann die Bürger anderer »Partnerstädte« und ganz zuletzt der Rest der Welt berücksichtigt wurde. Wenn man bei den Eignungstests seine letzte Chance verspielte, konnte es Jahre dauern, bis man wieder eingebürgert wurde.
    Jetzt wissen Sie auch, warum ich an diesem Tag meinen letzten Termin für den Eignungstest wahrgenommen hatte. Wenn ich versuchte mir vorzustellen, was meine Mutter tun würde, wenn jemand von der Stadt zu ihr kam, um mich rauszuwerfen, stellte mein Gehirn einfach den Betrieb ein. Dieser Weg führt direkt in den Wahnsinn. Ich erschauderte, wenn ich nur daran dachte.
    Lo bemerkte es. »Frieren Sie?«, fragte sie.
    »Nein, Entschuldigung«, sagte ich. »Habe nur an etwas gedacht.« Ich deutete auf den Monitor. »Und was jetzt? Soll ich mir einen dieser Jobs aussuchen?«
    »Nicht ganz«, sagte Lo. »Ich zeige Ihnen all diese Jobs nur, damit Sie eine Vorstellung haben, wie viele Arbeitskräfte diese Stadt benötigt.«
    »Gut, verstanden«, sagte ich.
    »Das freut mich«, sagte Lo. »Als Nächstes werde ich jetzt die Ergebnisse Ihrer Eignungstests in diese Matrix offener Stellen eingeben, um zu sehen, für welche Sie qualifiziert sind. Zuerst die Resultate Ihres ersten Prüfungstages – die Abfrage Ihres Schulwissens.« Lo tippte auf ihr Pad.
    Ich beobachtete, wie etwa neunzig Prozent der Jobangebote vom Wandmonitor

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