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Scalzi, John - Metatropolis (Erzählungen)

Scalzi, John - Metatropolis (Erzählungen)

Titel: Scalzi, John - Metatropolis (Erzählungen) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Scalzi
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St. Louis fand eine Woche später statt.
    Die Demonstranten an den Toren der Stadt hatten ein Problem: Sie kamen nicht in die Stadt hinein. New St. Louis war wie eine mittelalterliche Festung gesichert, und es gab nur wenige Eingänge, die allesamt bewacht wurden. Wenn man versuchte, ohne Ausweis mit Transponderchip durch ein Tor zu kommen, kam man nicht weit. Wenn man seinen Ausweis verlor, steckte man in großen Schwierigkeiten. Ich hatte meinen Ausweis einmal verloren und musste eine Serie von Identifikationsprüfungen über mich ergehen lassen, obwohl meine Mutter dem Exekutivkomitee angehörte. In dem Augenblick, wo der Stadt bekanntwurde, dass ein Ausweis vermisst wurde, wurde das Transpondersignal für ungültig erklärt. Wenn also jemand versuchte, mit diesem Ausweis nach NSL zu gelangen, wurde er sofort als Krimineller entlarvt. Wenn man kein New Louie war, kam man nicht ohne Ausweis in die Stadt. Und wenn man einen Ausweis klaute und sich hineinschmuggeln wollte, wurde man erwischt. Das Problem lautete also: Wie konnte man sich unrechtmäßig Zugang zur Stadt verschaffen?
    Die Lösung bestand darin, einen Ausweis nicht zu stehlen – sondern nur die darin gespeicherten Informationen.
    Der Rave war der Köder gewesen, etwas, wohin sich gelangweilte junge New Louies gerne locken ließen, und zwar außerhalb der gesicherten Stadtmauern. Durch den Rave kamen die Verschwörer in engen Kontakt zu den Kids aus der Stadt – nahe genug, um mit ihren Aufzeichnungsgeräten die Transpondersignale ihrer NSL-Ausweise auszulesen und zu kopieren. Der folgende Krawall war eine Gelegenheit, ein paar Köpfe einzuschlagen – aber auch, um an die Ausweisinformationen von ein paar weiteren Leuten zu gelangen, wie in meinem Fall. Da die Ausweise nicht direkt gestohlen wurden, meldete auch niemand einen Diebstahl.
    So war es für mehrere Dutzend unbefugte Personen plötzlich kein Problem mehr, einfach durch die Tore von New St. Louis zu spazieren. Die Verschwörer achteten darauf, dass sie eine gewisse Ähnlichkeit zu den Leuten hatten, deren Ausweisinformationen sie gestohlen hatten. Falls die Torwächter also doch einen Blick auf ihren Datenmonitor warfen, würden sie nichts Ungewöhnliches bemerken. Da die Wächter an diesem Tag jedoch damit beschäftigt waren, die außergewöhnlich große Menge der Demonstranten im Auge zu behalten, machte sich offenbar niemand die Mühe, etwas genauer hinzusehen. Die Identitäten der Leute wurden überprüft, und alles schien in Ordnung zu sein.
    Nach dem Ersten Weltkrieg (wie ich später erfuhr, einige Zeit nach der Schlacht von NSL) hatten die Franzosen aus Furcht vor einem erneuten Angriff der Deutschen eine Reihe schwerer Festungen erbaut, die als Maginot-Linie bekannt waren. Sie sollten einen für die Deutschen undurchdringlichen Wall bilden. Die Franzosen waren so sehr von ihrer Maginot-Linie überzeugt, dass sie ihre großen, auf Deutschland gerichteten Geschütze fest einbauten und nie darüber nachdachten, dass sie irgendwann vielleicht gebraucht wurden, um in die entgegengesetzte Richtung zu feuern. Das wurde zu einem Problem, als die Deutschen im Zweiten Weltkrieg den Wall nördlich umgingen und in Frankreich einfielen. Nun befanden sie sich hinter der Maginot-Linie und konnten ungehindert nach Paris vorrücken.
    New St. Louis wurde auf die gleiche Weise befestigt. Die Verteidigung war darauf ausgerichtet, die anderen Leute draußen zu halten. Es gab keine Vorkehrungen für den Fall, dass sie doch eindrangen. Deshalb war die Stadt völlig unvorbereitet, als der Angriff erfolgte, von der anderen Seite, von innerhalb der Stadtmauern.
    Die Verschwörer waren clever. Sie machten sich nicht die Mühe, die Haupttore der Stadt anzugreifen, wo sich die meisten Demonstranten, aber auch die meisten NSL-Polizisten und Edgewater-Wachen versammelt hatten. Stattdessen suchten sie sich einen kleineren, stilleren Eingang aus, der sich schnell verriegeln ließ, sobald sich die ersten Anzeichen von Unruhe zeigten. Deshalb gab es dort nur ein paar Wachleute, die sich mühelos von ein paar Dutzend entschlossenen Verschwörern überwältigen ließen. Danach ging es nur noch darum, das Tor zu öffnen und mehrere Hundert Leute hineinzulassen, die sich draußen versteckt hatten.
    Diese Leute hatten nur eine einzige Aufgabe zu erfüllen: Sie sollten so schnell wie möglich so viel Schaden wie möglich in New St. Louis anrichten, um die Polizisten und die Eddies möglichst schnell zu einer möglichst

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