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Scatterheart

Scatterheart

Titel: Scatterheart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lili Wilkinson
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herrlich aus und singt hässlich.«
    Der Vogel stieß wieder seinen rauen, schrillen Schrei aus, dann schlug er mit den Flügeln aus und erhob sich in den dunkler werdenden Himmel.
    Hannah sah ihm nach, wie er über das Tal flog und auf eine gelbe Felsspitze zuhielt.
    »Er zeigt uns den Weg!«, rief Molly und wies in die Richtung, in die der Vogel geflogen war. »Das hat Will Appledore gemeint. Er wusste, dass der Vogel kommen und uns den Weg zu Mr Bär weisen würde.«
    Hannah lächelte und schüttelte den Kopf. »Ich glaube, Will Appledore hat nur einen Scherz gemacht«, sagte sie traurig.
    Weit hinten am Horizont, in der Richtung, die der Vogel genommen hatte, tauchte ein großer gelber Stern auf. Dann, weiter oben am Himmel, noch einer, ein roter. Danach ein grüner. Und plötzlich war der ganze Himmel von Sternen übersät, es waren so viele, dass kaum ein schwarzes Fleckchen übrig blieb.
    »Herrlich«, flüsterte Molly.
    Aber es gab keinen Großen Bären, der sie hätte führen können. Hannah seufzte und packte die Decke und einen verschrumpelten Apfel aus. Molly rollte sich in einer Felskuhle zusammen.
    »Weck mich, wenn Mr Bär kommt«, sagte sie schläfrig und schloss die Augen.
    Hannah deckte sie zu und starrte in die Dunkelheit hinaus. Sie saß nur da und beobachtete die Bewegung der Sterne, stundenlang, wie es ihr schien.
    Auf einmal tauchte am Horizont eine weiße hell leuchtende Scheibe auf. Im ersten Moment machte Hannahs Herz einen Sprung und sie dachte, es wäre der weiße Bär, der zu ihrer Rettung kam. Aber es war nur der Mond, der langsam in den nächtlichen Himmel hinaufwanderte. Jetzt konnte Hannah auch wieder die Umrisse der Berge erkennen.
    Als der Mond hoch am Himmel stand, warf er ein seltsames fahles Licht über den Felshang und den Wasserfall. Hannah starrte auf den hellen gelben Stern, der direkt unter dem Horizont aufleuchtete.
    »Molly«, sagte sie leise.
    Es sah aus, als flackerte der Stern.
    »Molly!« Sie rüttelte sie wach.
    »Ist Mr Bär gekommen?«, fragte Molly schläfrig.
    »Nein«, antwortete Hannah. »Aber ich weiß, wo er ist.«
    Sie zeigte auf den gelben Stern. »Das ist kein Stern, das ist ein Lagerfeuer.«

Bald kam Scatterheart zu einem Feld, das über und über mit großen, spitzen Stacheln bedeckt war. Sie brach die Silbereichel auf und fand darin zwei silberne Pantöffelchen. Die zog sie an und ging über das Feld, ohne sich wehzutun.
    Als am nächsten Morgen die Sonne aufging, sah Hannah zu der Stelle hinüber, wo sie das Feuer entdeckt hatte. Auf der Bergspitze auf der anderen Seite des Tals erhoben sich drei zerklüftete gelbe Felszacken.
    »Dorthin gehen wir«, sagte sie.
    Molly klatschte in die Hände und sprang auf, aber sie war ganz wackelig auf den Beinen und musste sich gleich wieder setzen.
    »Molly, ist alles in Ordnung?«, fragte Hannah.
    »Bin nur hungrig, was gibt’s zum Frühstück?«
    Nachdem Hannah sich und Molly eine karge Ration hartes Brot und Käse zugeteilt hatte, brachen sie auf.
    Links des Wasserfalls fiel der Fels nach unten ab und ging schließlich in den Bergabhang über. Diesen Weg wählten sie. Als sie am Fuß der Felswand angekommen waren, sah Hannah ein letztes Mal zu den drei gelben Bergspitzen hinüber. Dann tauchten sie in den Wald ein.
    Der Weg ins Tal war mühsam und bereits nach einer Stunde sehnte sich Hannah nach der steinigen, morastigen Straße zurück, die sie hinter sich gelassen hatten. Es gab keinen Pfad, und das Dickicht aus Schlingpflanzen und Buschwerk schien sie immer weiter Richtung Parramatta drängen zu wollen. Hannah hätte ein Messer oder etwas Ähnliches gebrauchen können, um sich einen Weg freizuschlagen, so aber musste sie sich mit bloßen Händen durch das Unterholz kämpfen. Bald schon waren ihre Arme und Knöchel aufgekratzt und juckten. Stechmücken und Fliegen surrten umher und labten sich an ihrem Blut, und als sie weiter hinabstiegen, schloss sich über ihren Köpfen ein grünes Blätterdach, das das Sonnenlicht vollständig aussperrte.
    Mit dem Abstieg ins Tal wurde es auch kälter. Hannah war vom mühsamen Weg durchs Unterholz schweißnass und nun fröstelte es sie. Sie kam sich in dem dichten Grün wie eingesperrt vor und die Geräusche der Insekten und Vögel klangen bedrohlich laut und nah.
    Dicht an ihrem Ohr sirrte eine Stechmücke. Hannah schlug danach und traf sich selbst am Kopf. An ihrer Hand klebte schwarz-rot das tote Insekt.
    Um die Mittagszeit hatte Hannah vollständig die Orientierung

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