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Scatterheart

Scatterheart

Titel: Scatterheart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lili Wilkinson
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noch in ihren Betten. Schweigend beobachteten sie Hannah und Molly. Sally presste ihr Kind an sich und bekreuzigte sich.
    »Kommt ihr nicht zum Frühstück?«, fragte Hannah.
    Sally sah zur Seite und schüttelte den Kopf. »Heute nicht«, sagte sie. »Wir dürfen nicht hinauf.«
    »Wieso? Was ist da oben los?«, fragte Hannah.
    Sally zuckte die Achseln. Das Baby begann zu quengeln und Sally schaukelte es hin und her.
    »Wir dürfen halt nicht. Da drüben im Fass ist Zwieback.« Molly fasste Hannahs Hand fester. »Warum dürfen wir nicht rauf?«, piepste sie kläglich.
    »Keine Ahnung«, erwiderte Hannah finster. Hatte das etwas mit Long Megs Verschwinden zu tun? Vielleicht wurde Dr. Ullathorne jetzt bestraft, nachdem herausgekommen war, was er angestellt hatte. »Ich glaube, wir bleiben einfach eine Weile hier unten.«
    »Ist Long Meg da oben?«, fragte Molly.
    Hannah versuchte zu lächeln.
    »Sie wird bestimmt gleich hier sein. Komm, wir spielen mit deiner Puppe. Du darfst mein Taschentuch nehmen und ihr ein Bettchen machen.«
    Molly ließ sich willig in ihre Koje zurückbringen.
    Die Verletzung auf ihrem Arm sah rot und entzündet aus und Hannah machte sich Sorgen, dass die Entzündung in der abgestandenen Luft unter Deck schlimmer werden könnte. Sie tauschte ihren Zwieback gegen einen Fingerhut voll Gin und säuberte die Wunde. Molly jaulte kurz auf, als der Alkohol in den Schnitt eindrang, aber dann biss sie die Zähne zusammen und gab keinen Ton mehr von sich. Hannah riss einen Streifen Stoff vom Saum ihres Kleides ab und verband Mollys Arm.
    Dann und wann waren von oben Geräusche zu hören, das Krachen von Holz, das Klatschen des Wassers und einmal ein seltsamer schriller Schrei, der nichts Menschliches an sich hatte. Hannah versuchte sich so normal wie möglich zu verhalten, denn sie wollte nicht, dass Molly sich fürchtete.
    Im Lauf des Tages wurde es immer heißer und stickiger im Schlafsaal. Die Frauen dösten vor sich hin oder spielten Karten. Der Mittag ging vorüber. Molly kuschelte sich in Hannahs Bett und schlief ein. Hannah kämpfte gegen ihre Müdigkeit an, fiel aber bald in einen unruhigen Schlaf.
    Hannah wurde von einem markerschütternden Kreischen geweckt.
    Etwas Riesiges schrammte an der Schiffswand entlang und schlug klatschend auf dem Wasser auf. Ein paar Sekunden später ertönte ein gedämpftes Dröhnen. Das Kreischenerstarb und das Schiff neigte sich auf einmal so stark zur Seite, dass einige Frauen aus ihren Betten fielen. Dann kam das Schiff unter ächzenden Spanten und strudelndem Wasser vollständig zum Stehen.
    Die plötzliche Stille mutete seltsam an nach den vielen Wochen des Schlingerns und Schwankens von einer Seite zur anderen. Hannah kam es vor, als würde jede ihrer Bewegungen hundertfach verstärkt werden.
    Die Frauen rappelten sich auf und kletterten wieder in ihre Betten.
    Molly sah verwirrt unter der Decke hervor. Es war fast dunkel. Hannah hatte einen trockenen Mund und ihr schwindelte. Sie war ein wenig durcheinander, weil sie tagsüber geschlafen hatte, und wusste nicht recht, wie spät es war. War es Abend oder Morgen?
    Eine Glocke läutete. Von oben drangen seltsame Geräusche herab, ein Singen und Stampfen. Molly tastete zaghaft nach Hannahs Hand.
    »Was ist das?«, fragte sie. »Ist das Davy Jones?«
    »Unsinn«, versuchte Hannah sie zu beruhigen, »das ist bestimmt nur … das sind nur die Matrosen. Sie singen, glaube ich.«
    »Ich will jetzt Long Meg suchen«, sagte Molly.
    »Ich weiß nicht, ob wir dort hinaufsollten«, überlegte Hannah.
    Molly achtete nicht auf ihre Worte, sondern kletterte aus dem Bett.
    »Komm«, sagte sie und trippelte den Gang hinunter.
    Hannah zögerte einen Moment. Als sie in die Gesichter der anderen Frauen blickte, nahm sie Beunruhigung und Unsicherheit wahr. Aber keine von ihnen machte auch nur Anstalten, sich zu erheben, um nachzusehen, was da oben passierte. Sie gab sich einen Ruck und kletterte hinter Molly die Treppe hinauf.

Scatterheart ging und ging, bis sie zum Haus des Westwindes kam. Sie fragte ihn, ob er wisse, wo ihres Vaters Haus sei. »Oh ja«, sagte der Westwind, »ich blase dich hin.« Aber er war genauso durchtrieben wie sein Bruder, der Ostwind, und wehte das Mädchen in eine große öde Wüste.
    Hannah stieg bis zum Oberdeck hinauf. Der Gestank von fauligen Fischen schlug ihr entgegen.
    Hinter dem Horizont verschwanden die letzten Sonnenstrahlen, am schwarzen Himmel blinkten die Sterne.
    Es war heiß und kein

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