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Scatterheart

Scatterheart

Titel: Scatterheart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lili Wilkinson
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sich fast überhaupt nicht.
    Die Luft wurde schwer und stickig. Im Stall neben ihr muhte unruhig eine Kuh.
    Hannah wusste nicht, wie lange sie sich schon an die Gitterstäbe presste und lauschte, doch schließlich verebbten alle Geräusche auf dem Schiff. Nur noch das gedämpfte Schreien der Möwen war zu hören.
    Um Zeit totzuschlagen, sagte sie sich die Könige von England auf. Bei Heinrich dem Dritten blieb sie stecken. Kam nach ihm Heinrich der Vierte? Oder kam erst ein Edward? Ein George oder Charles sicher nicht.
    Der Tag zog sich dahin. Hannah überlegte, wie Meg ihre Zeit im Bau verbracht haben mochte.
    »Ach, weißt du«, hörte sie Meg sagen, »ich gebe großartige Empfänge und Bankette. Wenn du wüsstest, wie viele vornehme Herren zu mir kommen.«
    Hannah fragte sich, ob es draußen schon dunkel war. Sie dachte an den Großen Bären, der nachts funkelnd zum Leben erwachte. Aber dann fiel ihr ein, dass sie ihn indiesem eigenartigen Teil des Himmels nicht sehen konnte. Sie war kurz davor wegzudösen, als sie ein Rascheln im Stroh vernahm. Wahrscheinlich eine Ratte. Wieder raschelte es, diesmal hinter einer der Kühe. Dann ein trippelndes Geräusch, das näher und näher kam. Hannah erschrak. Das schien eine sehr große Ratte zu sein.
    »Hannah!«, zischte es.
    Hannah seufzte vor Erleichterung.
    »Molly, du bist es. Was machst du hier? Warum hat das Schiff angehalten?«
    Molly huschte nach vorn und Hannah spürte ihre kühlen kleinen Finger auf der Haut.
    »Wir sind in einer Stadt mit spitzen Bergen und Häusern und Leuten, die eine braune Haut haben, und einem großen Felsen, der Tafelberg heißt und ein Tischtuch aus Wolken hat, und Damen, die oben nichts anhaben.«
    Hannah zog die Stirn in Falten. »Sind wir in New South Wales?«
    »Nein. Wir haben nur haltgemacht, um frisches Wasser und neue Tiere zu laden.«
    Als Hannah ›frisches Wasser‹ hörte, brannte ihr ausgetrockneter Mund. Molly zappelte ein bisschen hin und her, dann legte sie etwas in Hannahs Hand.
    »Das haben wir bekommen«, sagte sie. Es war ziemlich groß, ungefähr wie eine große Kartoffel, glatt und oval und hatte an einem Ende eine raue Spitze. Es fühlte sich angenehm kühl an.
    »Was ist das?«, fragte Hannah.
    Molly lachte. »Es ist himmlisch. Aber die Haut darfst du nicht mitessen.«
    Dann war sie verschwunden.
    Hannah strich über die glatte Form und wünschte, es wäre hell genug, um etwas zu sehen. Sie hielt das Ding vor ihre Nase und roch daran.
    Es duftete nach Sommer, herrlich süß und fruchtig. Sie grub mit dem Fingernagel die Haut auf. Saft triefte über ihre Hand. Sie leckte ihn neugierig ab.
    Molly hatte recht. Es schmeckte himmlisch. Es schmeckte nach warmen Nächten, nach Feuerwerk, nach faulen, schläfrigen Sommernachmittagen. Hannah schälte die Haut ab und leckte am Fruchtfleisch. Es war klebrig und köstlich. Sie biss ein Stück ab. Der Saft lief ihr über Kinn und Wangen. Grobe Fasern blieben zwischen ihren Zähnen stecken. Sie schmatzte und kaute genüsslich, bis nur noch die leere Schale und ein flacher, ovaler Kern übrig waren.
    Am Spätnachmittag des nächsten Tages näherten sich Schritte. Im Dunkel leuchtete eine Laterne auf und dann erschien James. Seine Haare waren zerzaust, aber er war schön wie immer.
    Seine Augen blickten unstet und sein Gang war unsicher. Hannah versteckte eilig Thomas’ Taschentuch sowie Kern und Schale der fremden Frucht im Stroh. James taumeltegegen die Gitterstäbe des Käfigs und rutschte zu Boden. Er stank nach Alkohol und Schweiß. Zuerst starrte er nur schweigend auf die Eisenstäbe. Dann sah er Hannah mit glasigen Augen an.
    »Wir sind in Kapstadt«, sagte er.
    Hannah schwieg und wünschte sich, sie hätte in Thomas’ Erdkundestunden besser aufgepasst. Kapstadt. Lag das in Afrika oder in Südamerika?
    »Hier kann man sich ausgezeichnet vergnügen«, fuhr er lallend fort. »Gut essen und trinken. Und die Frauen sind freundlich.« Er musterte Hannah von oben bis unten. Sie zog die Knie an und schlang ihre Arme darum.
    James lachte. »Nun spiel bloß nicht die Schüchterne, du Schlampe.«
    Hannah dachte daran, dass ihr früher bei James’ Lachen ganz warm geworden war.
    »Die Frauen hier haben eine dunkle Haut und sind halb nackt. Jede von denen würde mich anbetteln, dass ich sie mitnehme und zu meiner Frau mache. Alles würden sie dafür geben. Alles.«
    Hannah sah zur Seite.
    James seufzte.
    »Was ist nur los mit dir? Ich habe mich dir gegenüber wie ein Gentleman

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