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Scatterheart

Scatterheart

Titel: Scatterheart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lili Wilkinson
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blickte auf ihre Hände, die vom Wäschewaschen weiß und runzelig geworden waren. Dann sah sie über das Meer, das mit dem Einbruch der Nacht tintenschwarz wurde. Sie sah zu den fremden Sternen hinauf und suchte vergebens nach dem Großen Bären.
    »Hannah?«, fragte Molly. »Hat sie ihn gefunden?«
    Hannah schaute Molly nachdenklich an.
    »Ich … ich habe es vergessen. Ich weiß nicht mehr, wie die Geschichte weitergeht.«

Scatterheart und der Nordwind flogen über das weite Meer. Der Nordwind wurde immer matter und seine Flügel sanken immer weiter herab. Schließlich flog er so tief, dass das Wasser der Wellen auf seine Fersen spritzte. »Hast du Angst?«, fragte der Nordwind. Nein, sie hatte keine Angst.
    Sie blieben eine Woche in Kapstadt. Bei ihrer Abfahrt war das Schiff, das ihnen monatelang groß und leer vorgekommen war, mit Säcken, Fässern und Kisten vollgepackt. Das Orlopdeck war vom Quäken, Blöken und Muhen verängstigter Tiere erfüllt, deren schwermütiges Schreien die Frauen nachts wach hielt. Erst nach einer Woche auf See hatten sie sich an die stickige Dunkelheit gewöhnt.
    Hannah versuchte James aus dem Weg zu gehen, aber er war überall.
    Eines Nachmittags saß sie mit Cathy, Patty und Sally an Deck und zupfte Werg. Sallys Kind lag unweit von ihnenin eine raue Wolldecke gewickelt. Hannahs Fingernägel waren entzündet und rissig und der Schweiß ran ihr über die Stirn. Als sie ihn abwischte, geriet eine der harten Hanffasern in ihr Auge. Es juckte und schmerzte so sehr, dass sie reiben musste.
    »Du weinst wohl, weil du deinen Liebsten verloren hast?«, bemerkte Cathy grinsend.
    »Nein«, sagte Hannah, »ich habe etwas im Auge.«
    Cathy und die anderen Frauen lachten.
    »Du bist nur eifersüchtig, weil du nicht mehr sein Liebling bist«, entgegnete Cathy. Sie zeigte zum Vorderdeck, wo James im Gespräch mit einer anderen Gefangenen an der Reling lehnte. Hannah kniff geblendet die Augen zusammen. Es war Sarah, ein irisches Mädchen mit rosigen Wangen und üppigem Busen. Sie sah, wie Sarah lachte und James ihr über die Wange strich. Hannah schauderte, denn sie stellte sich vor, wie James über Long Megs kalte weiße Wange gestrichen haben mochte.
    Die Frauen lachten, als sie Hannahs Reaktion bemerkten.
    »Seht nur, wie sie sich nach ihrem Liebsten sehnt!«
    »Und wie lang und kalt die Nächte für sie sein werden.«
    »Ehrlich, Mädchen, was wären wir traurig, wenn der hübsche Leutnant uns nicht mehr haben wollte.«
    Cathy machte ein genießerisches Geräusch.
    »Wir können froh sein, dass er immer noch seine Bettübungen mit uns macht.«
    Hannah sah sie an. »Wie kannst du nur so etwas sagen?«
    Die Frauen guckten erstaunt.
    »Überleg doch nur, was er mit Long Meg gemacht hat«, erinnerte Hannah sie. »Er hat sie umgebracht. Das wisst ihr doch. Und dann zwitschert ihr hier herum, was für ein toller Kerl er ist.«
    »Lass uns mit deiner Moralpredigt in Ruh, Frollein«, entgegnete Cathy. »Wir tun das, weil wir überleben wollen. Was man von Meg nicht unbedingt behaupten konnte.« »Long Meg hat doch nur versucht Molly zu schützen. Deshalb musste sie sterben!«, erwiderte Hannah.
    »Nein«, blaffte Cathy und stand auf. »Sie ist gestorben, weil du sie nicht gerettet hast. Du hättest die Macht gehabt, den Leutnant zurückzuhalten. Du warst doch dabei. Du hättest sie retten können. Also tu nicht so, als ob du eine von uns wärst. Das bist du nie gewesen und wirst es auch nie sein.«
    Die Tage schleppten sich dahin, das südliche Meer glitt unter ihnen hinweg und Mollys Kerben über Long Megs Bett wurden immer mehr, bis es über einhundert waren. Das Wetter wurde kälter und nachts schlüpfte Molly zu Hannah ins Bett, um sich zu wärmen.
    Noch immer konnte Hannah sich nicht an das Ende des Märchens erinnern.
    »Bestimmt findet sie ihn«, sagte Molly, als sie einmal auf dem Vorderdeck saßen.
    »Ich glaube auch«, antwortete Hannah.
    Molly stand auf und beugte sich über die Reling. Sie sah auf das vorbeirauschende Wasser hinunter.
    »Ob er in einem Käfig ist? Oder in einem Schloss? Oder auf dem Meeresgrund in einem Seemannsgrab?«
    »Ich weiß nicht. Vielleicht kann uns Thomas die Geschichte zu Ende erzählen, wenn wir nach New South Wales kommen. Er wird sich bestimmt erinnern.«
    Molly fragte sie über Thomas Behr aus.
    »Als er anfangs zu uns kam, habe ich ihn immer Mr Bär genannt«, sagte Hannah lächelnd. »Er kannte so viele Geschichten.«
    »Ist er auch ein Sträfling? Oder

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