Scepter und Hammer
weiter nichts; den Dank, welchen ich ihm schulde, hat er quitt gemacht, wir sind uns fremd, und ich brauche ihn nicht zu schonen. Ihren Wunsch werde ich erfüllen, aber trifft mich ein Angriff, dann wehe dem, gegen den ich mich vertheidigen muß!«
Max ging. Er suchte das Schloß auf Umwegen zu erreichen und gelangte auch unbemerkt in den Garten desselben. Hier und im Gebäude selbst war ihm jeder Schrittbreit wohlbekannt, so daß er also genau wußte, wohin er sich zu wenden hatte.
Er klopfte an eine Pforte. Der hinter derselben haltende Posten öffnete.
»Wer da?«
»Ruhig!« antwortete er und zeigte die Karte vor.
»Passiren!« lautete die Entscheidung.
Er passirte mehrere Gänge und Treppen, welche alle hell erleuchtet waren; sämmtliche Posten ließen ihn nach Vorzeigen des Passe-partout passiren, und so gelangte er schließlich in den Korridor, in welchem die Zimmer und auch das Schlafkabinet des Königs lagen. Hier bemerkte er, daß die Schildwache fehlte, jedenfalls in Folge einer Vorsorge von Seiten des Herzogs oder des Kammerlakaien. Von dem Letzteren war keine Spur zu bemerken, was sich auch leicht erklären ließ, da es noch nicht zwei Uhr war.
Er suchte die Thüren und fand deren eine geöffnet. In das Zimmer tretend fand er dasselbe dunkel, doch fiel ein schwacher Lichtschein durch die Spalte einer Portière, welche zum nächsten Raume führte. Er trat hinzu und blickte hindurch. Es war ein kleines Kabinet, welches vor ihm lag. An einem Tische, auf welchem eine Lampe brannte, deren Licht durch einen farbigen Schirm gedämpft wurde, saß Grunert, der Kammerdiener. Vor ihm lagen mehrere Blätter einer illustrirten Zeitung; er hatte also gelesen, um sich wach zu halten, doch war ihm dies nicht gelungen. Er schlief mit auf die Arme niedergesenktem Kopfe.
Hinter diesem Kabinete lag das des Königs. – Sollte Max es wagen, in dasselbe zu treten? Er entschloß sich dazu. Leise glitt er zwischen den beiden Portièren hindurch und stand dann vor der Ruhestätte des Königs. Er wußte sehr genau, was er wagte, aber seine Gründe waren so zwingend, daß er sein Eindringen wohl verantworten konnte.
Er trat näher. Der königliche Schläfer hatte die seidene Decke bis zur Brust empor gezogen, so daß die beiden Arme mit wie zum Gebete gefalteten Händen frei lagen. Max berührte die letzteren leise, und augenblicklich regte sich der König. Ein leiser Druck reichte hin; der Schläfer erwachte und öffnete halb im Traume die Augen. Max winkte Schweigen; der König verstand die Pantomime und erkannte den Doktor. Mit dem Ausdrucke der höchsten Ueberraschung wollte er sich emporrichten, unterließ dies aber auf eine warnende Bewegung des Doktors, welcher einen Sessel ergriff und ihn an diejenige Seite des Bettes plazirte, welche von der Portière aus nicht beobachtet werden konnte.
Er nahm, hinter den kostbaren transparenten Vorhängen versteckt, Platz und neigte sich zu dem Könige nieder.
»Entschuldigung, Majestät!« flüsterte er – –
»Was ist Außerordentliches geschehen, Herr Doktor, daß Sie zu dieser Stunde hier heimlich Zutritt nehmen?« frug der König ebenso leise, aber mit dennoch zu vernehmender Strenge im Tone. »Wie haben Sie Einlaß gefunden?«
»Durch die Karte meines Vaters.«
»Ah! Er gibt sie aus der Hand?«
»Nur mir, Majestät. Es soll ein Einbruch in Dero Arbeitskabinet vorgenommen werden.«
»Ah! Sie erschrecken mich! Ist es möglich?«
»Ich weiß es bestimmt!«
»Wer will diesen Einbruch unternehmen?«
»Kein gewöhnlicher Dieb, Majestät!«
»Nun?«
»Seine Durchlaucht der Herzog von Raumburg.«
»Der Her – der Her – zog?« Der König konnte vor Ueberraschung das Wort kaum hervorbringen. »Unmöglich! Sie irren sich, Doktor!«
»Ich irre mich nicht; ich weiß es ganz genau.«
»Was will er ?«
»Die Akten aus der Irrenanstalt, welche ich die Ehre hatte, Majestät zu überreichen.«
»Ah, ich begreife! Und dennoch ist ein solcher Schritt – –
parbleu
, er muß einen Gehülfen haben!«
»Grunert!«
»Grunert? Wissen Sie dies genau?«
»Genau! Es scheint, der Herzog hat das Arbeitskabinet Eurer Majestät schon öfters besucht.«
Der König schwieg; seine Mienen verfinsterten sich unter dem nachdenklichen Zuge, welcher über sie hinglitt.
»Woher wissen Sie Alles?« frug er endlich.
»Ich belauschte Beide zufällig.«
»Wann kommt der Herzog?«
»Punkt Zwei.«
»Grunert schläft im Vorzimmer?«
»Ja.«
»Ich kann mir dies denken, da Sie sonst
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