Schach mit einem Vampir
dunklen Wald! Verdammt, Ray. Reiß dich zusammen. Hier droht dir keine Gefahr. Wahrscheinlich läuft dort auch ein armer Teufel, der nach einem harten Arbeitstag und vielen Überstunden einfach nur zu seinem Wagen geht und auf dem schnellsten Wege nach Hause fahren will.“ Doch seine Worte, die ihn eigentlich beruhigen sollten, blieben ihm im Halse stecken. Denn mit einem Mal knirschten unter seinen Schuhen Glassplitter. Er blickte kurz zum Boden, dann zur Decke. Es war zwar düster, doch er konnte im Restlicht erkennen, dass die Neonröhren der Lampen mutwillig zerschlagen worden waren. Nur noch deren metallische Kontakte steckten in den Fassungen. Adrenalin flutete durch seine Adern. Also doch ein Hinterhalt? Ein drohender Raubüberfall? Phelps Verstand setzte aus und sein Instinkt übernahm das Regiment. Angst! Er rannte los. Er drückte die Funkfernbedienung seines Schlüssels, um seinen Wagen zu öffnen. Der Detektiv wollte keine Zeit vergeuden und schnellstens in das Fahrzeug gelangen. Das versprach ihm etwas Sicherheit vor der imaginären Gefahr. Das kurze Aufflackern der Blinker, als der Mustang die Türen entriegelte, erleuchtete die verdunkelte Parknische. Und was Phelps in diesem kurzen Augenblick des Aufflackerns sah, ließ ihm das Blutin den Adern gefrieren. Erst nahm er nur einen flüchtigen Schatten wahr. Etwas bewegte sich sehr schnell. Zu schnell für die Sinne eines Menschen. Und dann stand eine unheimliche Gestalt vor dem Detektiv. Keine zwei Schritte von ihm entfernt baute sie sich auf wie eine Wand. Erneut drückte Phelps auf die Funkfernbedienung, um wenigstens etwas Licht zu bekommen. Außerdem hoffte er unsinnigerweise darauf, dass das Blinken den Fremden vertreiben würde. Doch dies war ein Irrtum. Das kurze Aufblinken des Wagens schälte eine boshafte, unmenschliche Fratze aus der Dunkelheit. Phelps blickte mit weit aufgerissenen Augen in die Gesichtszüge einer animalischen Kreatur in Menschengestalt. Der Privatermittler konnte nicht glauben, was er gerade sah. Voller Schrecken drehte er sich blitzschnell um und wollte den Weg zurück zum Fahrstuhl rennen, um in der Kabine Schutz zu suchen. Die Akte, die er unter seinen Arm geklemmt hatte, fiel zu Boden. Noch einmal betätigte er die Funkfernbedienung. Er hoffte, dadurch den Unheimlichen von seiner Person abzulenken und so einen Vorsprung vor ihm herauszuholen. Vielleicht waren dies dann die wertvollen Sekunden, um sich in Sicherheit zu bringen. Erneut zuckten die Lichtblitze der Blinker auf. Das Licht riss die unnatürlich großen Reißzähne der Kreatur aus der Dunkelheit. In seinen kalten Augen leuchtete ein wildes, animalisches Feuer. Weit kam der Detektiv nicht. Der andere war zu schnell und dem Detektiv deutlich überlegen. Er war rasend schnell! Ray Phelps spürte noch, wie ihm ein eiskalter Schauer über seinen Rücken lief, als er den Fremden dicht hinter sich wähnte. Schon legte sich ihm eine Hand brutal auf die Schulter, schleuderte ihn wie einen Spielball herum. Der kräftige Detektiv stemmte sich mit all seiner Kraft gegen den Angreifer, doch dann wurde ihm schlagartig bewusst, dass er diesem unheimlichen Wesen, das ihn attackierte, kräftemäßig nichts entgegensetzen konnte. Diese hilflosen Gedanken schossen innerhalb eines Wimpernschlags durch seinen Kopf. Aber der unglaubliche Schrecken steigerte sich zu einem finalen Höhepunkt. Ein neues Gefühl peitschte durch seinen Körper und löste dieAngst als dominierende Instanz ab: Schmerz! Messerscharfe Vampirzähne durchtrennten seine Halsschlagader, gruben sich in das Fleisch seines Halses und Phelps verspürte einen Schmerz, wie er ihn noch nie zuvor in seinem Leben ertragen musste. Für einen Moment realisierte der schwarze Detektiv noch die eisenharte Umarmung der seltsam kalten, fremden Gestalt, hörte ihre schmatzenden Laute, als sie sein Blut in sich aufsog. Dann legte sich ein gnädiges Tuch aus erlösender, abgrundtiefer Schwärze über ihn ...
***
Steve Fraizer öffnete die Augen. In seinem Schlafzimmer war es stockdunkel. Nur die grüne LED-Anzeige seines Radioweckers spendete etwas Licht und zeigte ihm an, dass es 3:30 Uhr morgens war. Er hatte also nur etwa eine Stunde geschlafen. Er hörte das leise, gleichmäßige Atmen seiner Frau neben sich im Bett. Er überlegte, wodurch er aufgewacht sein könnte. War da nicht ein Geräusch gewesen? Oder hatte er einen schlechten Traum gehabt? Da war es plötzlich wieder. Dieses Mal ganz deutlich. Es war ein lautes Pochen
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