Schach mit einem Vampir
seinem verschlossenen Büro, auf dem immer eine Figur fehlte, wenn ein weiterer Mord geschah. Die Visitenkarte, die ebenfalls auf dem Spiel positioniert wurde und ihn nach Harlem verwies. Und schlussendlich seine Rettung durch den Verbrecher, eben in jenem Laden, wohin ihn die Spur über die Visitenkarte geführt hatte. Und nun geriet er noch mehr ins Visier der Gesetzeshüter, als er es sowieso schon war. Denn die Beschreibung in der Zeitung des angeblichen Täters war nichts Geringeres als eine Beschreibung von ihm selbst. Harris würde bei seinen Ermittlungen wahrscheinlich zuerst bei ihm auf der Matte stehen. Das alles war keine Aneinanderreihung von zufälligen Ereignissen mehr. Eher fühlte es sich für den Privatermittler nach einer Art Fremdsteuerung an. Jemand lenkte seine Schritte, gab ihm Tipps und legte Spuren, denen er folgen sollte. Jemand zog ihn geschickt in die Verbrechen des Schachspielers hinein, ohne dass er etwas dagegen unternehmen konnte! Steve Fraizer kam sich mit einem Male vor, als würde er von irgendwoher beobachtet. Er sah wieder auf das Schachbrett. Und er fühlte sich plötzlich, als sei er ebenfalls eine dieser verdammten Spielfiguren, die ihrem Gegenspieler vollkommen schutzlos ausgeliefert waren. Und anscheinend war er seinem Gegner auch hoffnungslos in seinem strategischen Handeln unterlegen. Er musste abwarten, was sein Kontrahent als Nächstes für ihn geplant hatte, und auf dessen nächsten Zug warten, um dann entsprechend, und zu seinem Vorteil, darauf zu reagieren. Warsein Gegenspieler ein vollkommener Stratege oder würde ihm beim nächsten Zug ein Fehler unterlaufen, sodass Fraizer einen Nutzen daraus ziehen konnte? Und worauf sollte die umgekippte Spielfigur eines weißen Turms in der Mitte des Brettes hinweisen? Vielleicht stand sie symbolisch für ihn, würde er das nächste Opfer werden? Er fand darauf keine befriedigende Antwort. Vielleicht würde sich ihm die Erkenntnis noch offenbaren, doch zum jetzigen Zeitpunkt stellte sie sich nicht ein. Wütend räumte er erneut das Spielbrett mit den Figuren in Rays Schublade. Danach beschloss er, den Ratschlag seiner Sekretärin zu befolgen und kurz nach Hause zu fahren. Er musste sich etwas erholen, abschalten, das spürte er. Er wollte nicht vollkommen durchdrehen und er musste wieder einen klaren Kopf bekommen. Spätestens bis zum Anbruch der nächsten Nacht. Doch fand er in seinen vier Wänden überhaupt die nötige Ruhe? Was, wenn er den Täter zu seinem Haus führen würde? Er verdrängte die Gefahr und dachte an seinen nächsten Ermittlungszug. Wenn es dämmerte, würde er zuerst einmal diesen Professor Dr. Frank Ashwill aufsuchen. Dr. Goldstein hatte ja gesagt, dass dieser ihm im Fall eventuell weiterhelfen könnte. Was wusste der Mann? Aber egal, Fraizer war für jeden Hinweis dankbar. Und nach dem Besuch würde er der Spur des rätselhaften Fahrscheins nachgehen. Black hatte ihn nach seinem Ableben in der Hand gehalten. Aber warum ein Verbrecher wie Ben Black nach einer Schießerei und einer handgreiflichen Auseinandersetzung mit einem Fremden einen Fahrschein der U-Bahn in seiner Hand hielt, wollte Fraizer nicht ganz einleuchten. Das konnte doch nur bedeuten, dass dieser Zettel ihm nach seinem plötzlichen Tod von seinem Mörder in die Hand gedrückt worden war. War dies ein erneuter platzierter Hinweis für Fraizer? Ein solcher Hinweis, wie es die Visitenkarte in seinem Büro gewesen war, die ihn nach Harlem geführt hatte? Er dachte kurz darüber nach, dass er der letzte Mensch gewesen war, der Blacks Leiche unverbrannt gesehen hatte. Er erinnerte sich an die rätselhaften Wundmale am Hals des Opfers. Hatten sie eine Bedeutung?
Vielleicht war es die Lösung zu dem Rätsel, wie die Getöteten ihr Blut verloren? Auch diesem Punkt würde er nachgehen. Jedoch erst später. Aber zuerst freute er sich auf seine Frau, auf sein Zuhause, eine Rasur und eine warme Dusche. Nicht zuletzt freute er sich auf sein weiches Bett. Alles andere würde dann die bevorstehende Nacht hervorbringen. Fraizer spürte, dass er der Lösung des Falls in irgendeiner nicht greifbaren Art und Weise ein Stück nähergekommen war. Doch fehlte ihm noch ein entscheidendes Teil im Puzzle, sodass er den Schleier des Rätsels lüften konnte. Bevor er das Büro verließ, öffnete er seine Schreibtischschublade und nahm die 38er heraus. Er kontrollierte das Magazin, sicherte die Waffe und steckte sie sich in die Hosentasche. Er wollte nicht noch einmal
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