Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schadensersatz

Schadensersatz

Titel: Schadensersatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
Vom Netzwerk:
umzubringen, doch es war auf jeden Fall der konkreteste Hinweis, den ich bisher in der Hand hielt.
    Ich wählte Ralphs Nummer. Er war nicht zu Hause. Wieder lief ich unruhig hin und her und kam dabei zu der Erkenntnis, dass die Zeit zum Handeln gekommen war. Es brachte mich nicht weiter, wenn ich immer nur über den Fall nachdachte oder mich mit dem Gedanken verrückt machte, eventuell von einer Kugel aus Tonys Knarre erwischt zu werden. Ich vertauschte meine grüne Hose mit Jeans und zog Joggingschuhe an. Dann steckte ich meinen Bund Nachschlüssel in die eine Tasche, Autoschlüssel, Führerschein, Detektivausweis und fünfzig Dollar in die andere. Ich schnallte mir das Schulterhalfter über die leger geschnittene Hemdbluse und übte das Ziehen der Waffe, bis es rasch und automatisch klappte.
    Bevor ich Lottys Wohnung verließ, betrachtete ich mein Gesicht im Badezimmerspiegel. Sie hatte Recht
    - es sah tatsächlich viel besser aus. Die linke Hälfte zeigte noch eine unnatürliche Färbung - die Gelb- und Grüntöne traten sogar noch stärker hervor -, aber die Schwellung war beträchtlich zurückgegangen. Mein linkes Auge hatte wieder seine normale Größe und war nicht entzündet, obwohl der dunkelviolette Bluterguss sich weiter ausgebreitet hatte. Das gab mir wieder etwas Auftrieb. Ich schaltete Lottys Anrufbeantworter ein, zog mir eine Jeansjacke über, schloss die Wohnungstür sorgfältig ab und machte mich auf den Weg.
    Die Cubs spielten in einer Doppelveranstaltung gegen St. Louis, und die Addison Street war voller Leute, die vom ersten Spiel kamen, und solchen, die das zweite sehen wollten. Ich schaltete den CBS-Sender genau in dem Augenblick ein, als Dejesus den Ball mit einem wuchtigen Grundlinienschlag zwischen das zweite und dritte Mal drosch. Er wurde problemlos pariert - aber wenigstens hatte es kein Doppelaus gegeben.
    Als ich den Stoßverkehr um das Wrigley Field einmal hinter mich gebracht hatte, erreichte ich nach einer Fahrt von zwanzig Minuten in flottem Tempo das Zentrum. Weil Sonntag war, fand ich sogar einen Parkplatz vor meinem Büro. Die Polizei war inzwischen verschwunden, doch als ich das Gebäude betreten wollte, kam ein Streifenbeamter auf mich zu.
    »Wohin möchten Sie, Miss?«, fragte er kurz, aber nicht unfreundlich.
    »Ich bin V. I. Warshawski«, erklärte ich. »Ich habe hier ein Büro, in das heute Vormittag eingebrochen wurde, und ich möchte mir den Schaden ansehen.«
    »Zeigen Sie mir bitte Ihren Ausweis.«
    Ich zog meinen Führerschein und meinen Detektivausweis mit Foto hervor. Er sah sich beides an, nickte und gab mir die Dokumente zurück. »In Ordnung. Sie können nach oben gehen. Lieutenant Mallory gab Anweisung, das Gebäude in Auge zu behalten und nur den Mietern Zugang zu gewähren Er sagte, Sie würden vermutlich vorbeischauen.«
    Ich bedankte mich und ging ins Haus. Ausnahmsweise funktionierte der Aufzug - ich zog ihn heute auch den Treppen vor. Fit halten konnte ich mich immer noch, wenn ich mich einmal nicht so angeschlagen fühlte. Die Bürotür war verschlossen, die Glasfüllung der oberen Hälfte jedoch herausgebrochen. Die Schäden im Inneren waren weniger schlimm als in meiner Wohnung. Sicher, sämtliche Akten lagen auf dem Boden verstreut, dafür waren jedoch die Möbel unbeschädigt. Offenbar ist kein Safe der Welt vollkommen einbruchsicher: Jemand hatte den kleinen in der Rückwand des großen geknackt. Er musste dazu mindestens fünf Stunden gebraucht haben. Kein Wunder, dass sie so erbost waren, als sie schließlich in meine Wohnung eindrangen - die ganze Mühe umsonst! Zum Glück waren im Moment weder Geld noch heikle Akten dort deponiert.
    Ich entschloss mich, die Papiere nicht anzurühren. Morgen würde ich ein Kelly-Mädchen kommen lassen, das die Ablage wieder in Ordnung bringen konnte. Wegen der Tür empfahl es sich, den Schreiner-Notdienst anzurufen, damit nicht auch noch Plünderer ans Werk gingen. Eins von Gabriellas Gläsern hatte ich bereits verloren, das reichte. Die Olivetti wollte ich lieber behalten. Ich vereinbarte mit einer rund um die Uhr arbeitenden Firma, dass sie jemanden vorbeischickten, und begab mich nach unten.
    Der Streifenbeamte war nicht besonders entzückt, als ich ihm von meinen Aktivitäten erzählte, doch schließlich erklärte er, sich darüber mit dem Lieutenant unterhalten zu wollen. Ich überließ ihn am Telefon seinem Schicksal und setzte meinen Weg Richtung South Side fort.
    Das klare, kühle Wetter hielt an und machte

Weitere Kostenlose Bücher