Schadensersatz
Gang überfallen worden. In einer Reflexbewegung drehte ich mich schnell um, holte gleichzeitig mit dem Fuß aus und stieß zu, wobei ich das ungeschützte Schienbein meines Angreifers voll traf. Er knurrte und trat zurück, zielte aber zugleich mit einem wuchtigen Schwinger auf mein Gesicht. Ich wich zur Seite, aber er erwischte mich noch an der linken Schulter. Obwohl der Schwung an Wirkung eingebüßt hatte, geriet ich aus dem Gleichgewicht und zog mich zurück.
Der Mann war klein und gedrungen und trug eine schlechtsitzende karierte Jacke. Er war etwas kurzatmig, was ich mit Freude zur Kenntnis nahm: Es bedeutete, dass er nicht besonders in Form war und dass man als Frau gegen einen solchen Typen bessere Chancen hatte. Ich wartete auf seine nächste Bewegung, vielleicht auf seine Flucht. Stattdessen zog er einen Revolver. Ich blieb unbeweglich stehen.
»Ist das ein Raubüberfall? Ich habe nur dreizehn Dollar in der Tasche, dafür lohnt sich kein Mord.«
»Dein Geld interessiert mich nicht. Du sollst mitkommen.«
»Wohin?«, fragte ich.
»Das wirst du schon sehen.« Er machte eine auffordernde Bewegung mit dem Revolver und deutete mit dem freien Arm auf die Treppe.
»Es bringt mich immer wieder aus der Fassung, dass sich gut bezahlte Ganoven so schlampig kleiden«, bemerkte ich. »Deine Jacke passt nicht richtig, dein Hemd hängt aus der Hose - du siehst ganz schön heruntergekommen aus. Bei einem Polizisten könnte ich das ja noch verstehen, die ...«
Er unterbrach mich mit einem Wutschrei. »Ich hab's nicht nötig, mir von einem gottverdammten Weibsstück sagen zu lassen, wie ich mich anziehen soll!« Härter als nötig packte er mich am Arm und begann mich die Treppe hinunterzuziehen. Zu seinem Pech hielt er mich nicht weit genug von sich weg. Durch eine kleine Drehung gelang es mir, ihn mit einem kurzen und kräftigen Schlag gegen das Gelenk der Hand zu treffen, die den Revolver umklammerte. Daraufhin gab er zwar mich frei, nicht aber den Revolver. Ich setzte die Aktion mit einer halben Kehrtwendung fort, knallte ihm den rechten Ellbogen in die Achselhöhle, machte aus meiner Faust und dem rechten Unterarm einen Keil und trieb ihm den mit der flachen linken Hand zwischen die Rippen. Ein »Pop« verriet mir zu meiner Genugtuung, dass ich exakt zwischen die fünfte und sechste Rippe gezielt und beide voneinander getrennt hatte. Er schrie auf vor Schmerzen und ließ den Revolver fallen. Als ich danach griff, war er jedoch geistesgegenwärtig genug, mir auf die Hand zu treten. Ich rammte ihm den Kopf in den Magen. Er gab meine Hand frei, aber ich war aus dem Gleichgewicht geraten und kam schmerzhaft zu Fall. Hinter mir trampelte jemand hastig die Stufen hoch, und ich hatte gerade noch Zeit, den Revolver mit dem Fuß wegzustoßen, bevor ich mich umwandte, um zu sehen, wer es war.
Ich dachte an einen der Nachbarn, der durch den Lärm aufgeschreckt worden war, aber anscheinend handelte es sich um den Partner des ersten Ganoven - er war massiger, trug jedoch ganz ähnliche Kleidung. Als er seinen Kumpel stöhnend an der Wand lehnen sah, warf er sich auf mich. Wir rollten herum, und ich schaffte es, beide Hände gegen sein Kinn zu stemmen und seinen Kopf nach hinten zu drücken. Er ließ mich los, versetzte mir allerdings einen heftigen Schlag gegen meine rechte Schläfe, den ich noch am Ende der Wirbelsäule spürte. Ich verbiss den Schmerz, rollte weiter und sprang mit dem Rücken zur Wand auf die Füße. Da ich ihm keine Gelegenheit geben wollte, einen Revolver zu ziehen, suchte ich mit den Händen an der Wandverkleidung hinter mir Halt, stemmte mich ab und stieß ihm beide Füße vor die Brust, was ihn zu Fall brachte. Ich selbst lag über ihm. Bevor ich mich aus dieser Lage befreien konnte, hatte er Gelegenheit, mir nochmals einen Schwinger gegen meine Schulter zu verpassen, der nur um Haaresbreite mein Kinn verfehlte. Er war kräftiger als ich, aber ich hatte die bessere Kondition und war wendiger. Ich kam viel früher als er wieder auf die Beine und trat ihm mit voller Wucht in die Nierengegend. Daraufhin sackte er zusammen; ich holte gerade erneut aus, um ihm einen zweiten Tritt zu versetzen, als sich sein Partner wieder soweit aufgerappelt hatte, dass er seinen Revolver aufheben und ihn mir unters linke Ohr hauen konnte. Mein Fußtritt erfolgte im selben Moment, und dann fiel ich, fiel mit dem Gedanken, mich abrollen zu müssen, und so rollte ich über den Weltenrand hinaus und versank im Nichts.
Ich
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