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Schädelrose

Schädelrose

Titel: Schädelrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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hatte man eine faire Chance. Man konnte
erschossen werden, aber das gehörte nun mal dazu, das war
das Salz in der Suppe, darauf basierte das berauschende
Machtgefühl. Es war nur eine Gefahr. Infrarot war viel mehr
– Infrarot konnte einen erst vor Gericht und dann in den
Knast bringen.
    Er drückte seine Marihuanazigarette hart aus und
löschte das Licht. Knast. In eine Zweieinhalb-Meter-Zelle
eingesperrt zu sein, sich in einer Welt behaupten zu müssen,
in der es mehr auf Brutalität als auf Grips ankam, wegen
seiner blauen Augen von Schwulen vergewaltigt zu werden, die gut
die letzten sein konnten, die AIDS hatten. Und jeden Tag die
gleiche Routine. Grau, endloses Grau. Es gab nichts
Spießigeres als das, den Knast, der auf die grauen
Datenblätter der Infrarot- und Hirnscan-Technik gestempelt
war.
    Hatton hatte beides gehabt.
    Aber die Schauspielerin nicht. Er war bloß
paranoid, wegen Hatton. Wenn Hatton nicht gewesen wäre,
würde er nicht mal über Infrarot nachdenken. Es lag nur
an Hatton und an der nachlassenden Wirkung der Brainie. Er hatte
alles richtig gemacht, bis der verdammte Alarm losgegangen war,
und selbst das hatte er noch gut hingekriegt, er war ungeschoren
davongekommen, da würde er jetzt bestimmt nicht in Panik
geraten. Nicht wegen der Schauspielerin, nicht wegen Hatton. Wenn
Hatton nicht gewesen wäre, würde er schließlich
nicht mal im Institut sein.
    Er hatte mit DeFillippo in Boston gearbeitet. Ein Deal war in
die Hose gegangen, ein großer – irgendwie waren es
immer die großen, die in die Hose gingen –, und
DeFillippo und er waren entschlossen gewesen, die Unkosten wieder
reinzuholen. Nicht sehr entschlossen, nur ein bißchen, aber
es reichte für einen altmodischen Live-Einbruch in ein
Anwesen auf Cape Cod, das DeFillippo kannte. DeFillippo gab den
letzten Rest ihres Liberia-Geldes aus, um Informationen über
die Sicherheitsmaßnahmen auf dem Anwesen von seinem besten
Spießerkontakt zu kaufen. Das Anwesen hatte einen
elektrischen Zaun, elektronische Überwachung, Hunde und
E-Schlösser: nichts allzu Schwieriges, bis auf die Hunde
vielleicht. Aber Hunde mochten Robbie. Fast alle Hunde. Er
glaubte, daß es etwas in seinem Geruch war. DeFillippo
glaubte, daß es dummes Zeug war.
    »Die werden dich in Stücke reißen, Robbie.
Das sind Kampfhunde, verdammt noch mal.«
    »Nein«, sagte Robbie. Er lehnte sich auf seinem
Stuhl in DeFillippos schmutziger Wohnung zurück und
genoß den Moment. »Werden sie nicht. Sie werden
knurren und ihr Fell wird sich sträuben, aber sie werden so
lange nicht angreifen, bis ich nah genug dran bin, um ihnen die
Tranqs reinzujagen. Hunde mögen mich. Hunde und
Frauen.«
    DeFillippo furzte.
    »Nein, es stimmt. Oh, sie würden angreifen, wenn es
ihnen jemand befehlen würde, aber wenn ich mit ihnen allein
bin, werden sie auf mich losgehen und dann langsamer und unsicher
werden.«
    »Woher, zum Teufel, weißt du, was so ‘n Hund
fühlt?«
    »Ich weiß es eben. Die werden mich nicht
beißen. Ich weiß, es klingt merkwürdig, aber sie
werden’s nicht tun. Ein Freund hat mich mal wohin
mitgenommen, wo sie Kampfhunde trainieren, in Georgia, weil
er’s auch nicht glaubte. Sein Bruder hat da gearbeitet. Ich
bin immer wieder zu den Hunden reingegangen, und es hat jedesmal
funktioniert. Sie haben mir da sogar einen Job angeboten.
Ich war erst siebzehn.«
    »Vielleicht hast du’s seit damals
verloren.«
    Robbie lächelte. »Ich hab’s nicht
verloren.«
    DeFillippo betrachtete ihn mit kleinen Augen von der Farbe
welker Blätter. Ein matter, violetter Fleck seitlich an
seinem Hals schien Robbie größer geworden zu sein,
seit sie in Liberia gewesen waren. Sie hatten sich weder in die
Nähe der Kampfschauplätze noch der Chemiezonen begeben;
vielleicht war es nur Robbies Einbildung. Ein paar Haare wuchsen
aus einer Warze in der Mitte des Flecks.
    »Manchmal denke ich, du bist heute immer noch nicht
klüger als mit siebzehn, Brekke.«
    »Ich bin klug genug, um zu wissen, daß ich die
Hunde ausschalten kann.«
    DeFillippo zuckte die Achseln. »Ist deine Schlagader.
Ich kann das mit dem Zaun regeln, Crispy besorgt uns die
E-Dietriche, und der Grundriß des Hauses ist heute morgen
durchgekommen. Du gehst hier rein. Das Speisezimmer ist ein
Stück weiter links – geh näher an den verdammten
Bildschirm ran, Robbie, du mußt dir die Einzelheiten
merken…«
    Weder der Bildschirm noch der Kontaktmann

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