Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schädelrose

Schädelrose

Titel: Schädelrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
Vom Netzwerk:
von der
Überwachung hatten die Infrarot-Technik erwähnt. Sie
mußte ihn erfaßt haben, sobald er das Haus betreten
hatte, und ihn sogar noch weiterverfolgt haben, nachdem der
Hirnscan lautlos seine Daten aufgenommen hatte. Robbie fand es
nie heraus. Hatton hatte im Schatten am anderen Ende des
Speisezimmers auf ihn gewartet, Seymour Hatton persönlich,
mit einer hübschen kleinen Laserpistole in der Hand.
    »Stehenbleiben. Hände auf den Kopf. Sofort.«
Die Stimme war ruhig und nüchtern gewesen. Robbie, der auf
Brainies war, hatte auf der Stelle gehorcht.
    »Umdrehen.«
    Hatton legte ihm Handschellen an und drehte Robbie dann wieder
herum. Robbie sah ihn zum erstenmal richtig. Hatton war in den
Sechzigern, ein kleiner, kräftig gebauter Mann ohne
sichtbare Biomods. Er hatte weiße Haare und eine
sonnengebräunte Haut, die sich dunkel gegen einen
weißen Hausmantel aus matter, schwerer Seide abhob. So
einen Mantel hätte ich auch gern, war Robbies erster
Gedanke gewesen, ein Gedanke, den er später unpassend fand,
bis ihm klar wurde, daß er ein bißchen stolz darauf
war, erwischt worden zu sein. Coolness im Geschoßhagel. Ein
Auge für Qualität. DeFillippo hätte den Hausmantel
gar nicht bemerkt.
    »Setzen Sie sich«, sagte Hatton. Er schob Robbie
einen Stuhl hin. Dieser nahm Platz. »Wer sind
Sie?«
    Robbie antwortete nicht. Beim Klang von Hattons Stimme schmolz
ihm auf Anhieb die Brainie von jeder Synapse weg. Robbie konnte
alles in diesen drei Worten hören: Hatton würde nicht
die Polizei holen. Da lief irgendwas anderes. Es war die Haltung
von Hattons Schultern, die Art, wie er die Brauen hochzog, der
Winkel, in dem die kleine Pistole in seinen Fingern herabhing.
Aber vor allem war es die Stimme, die Worte, die Worte hinter den
Worten. Kein Spießer. Und Hatton war neugierig, was
ihn betraf, neugierig und interessiert – mehr interessiert
als wütend.
    »Wie sind Sie hier reingekommen?«
    Robbie überlegte nicht einmal, was er darauf antworten
sollte. Er wußte es, die Antwort kam ihm locker und ganz
natürlich über die Lippen, ohne falsche Suche nach
Worten, ohne daß er sich hinterher lieber auf die Zunge
gebissen hätte. Pure Frechheit, purer Instinkt. Er hatte
immer gewußt, daß er’s bringen würde, wenn
die richtige Gelegenheit da war, und trotz allem, was die anderen
sagten. Er hatte immer gewußt, daß es irgendwo vor
ihm lag und auf ihn wartete. Immer.
    »Mit ‘nem E-Dietrich. Nicht schwer, ‘n
Partner draußen, der sich um den Zaun
kümmert.«
    »Wie?«
    »Weiß ich nicht. Er macht das
Elektronische.«
    »Und die Hunde?«
    »Leben noch. Tranq-Pistole. In meinem Schuh.«
    Hatton suchte nicht danach. Statt dessen musterte er Robbies
Gesicht, und Robbie spürte es noch einmal. Der Zeitpunkt,
der Durchbruch, die Chance. Der große Treffer.
    »Die Hunde würden Sie nicht so nah
rangelassen.«
    »Doch, tun sie. Alle Hunde.«
    »Diese nicht.«
    »Diese auch.«
    Hattons Augen schimmerten. »Ein nützliches Talent,
junger Mann.«
    »Ja, Sir.«
    »Unterwürfigkeit beeindruckt mich nicht.«
    »Gewiß nicht.« Er erlaubte sich fast ein
Lächeln, während er den alten Mann direkt ansah. Hatton
bewegte sich ein wenig.
    »Wie heißen Sie, junger Mann?«
    »Robbie Brekke.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Ich ja. Sie nicht.«
    »Aber bald. Was haben Sie in meinem Speisezimmer
gemacht, Robbie Brekke?«
    »Ich hab mir Ihr George-III-Silber angesehen. Wie
wär’s, wenn Sie mir sagen würden, woher Sie
wußten, daß ich in Ihrem Speisezimmer war?«
    »Wie wär’s, wenn Sie mir sagen würden,
woher Sie wissen, daß es George III ist?«
    »Ich weiß ‘ne ganze Menge.«
    »Kann ich mir vorstellen«, sagte Hatton. Seine
Augen glänzten. Robbie fühlte, wie sich die Erregung in
seinen Nervenbahnen ausbreitete, kühl und feucht. Ganz
recht, das war’s. So wie es sein sollte, das hatte er immer
gewußt. So weit weg von DeFillippos schmuddeligen
Straßendeals wie nur irgend möglich. Hier und jetzt,
das Echte und Wahre.
    »Warten Sie hier«, sagte Hatton, ohne Robbie auch
nur an den Stuhl zu fesseln. Aber warum sollte er auch? Hatton
wußte es ebenfalls, dachte Robbie. Er mußte es
wissen.
    Er blieb lange weg. Als er zurückkam, sah Robbie zuerst
den Hausmantel, dessen prächtige weiße Seide sich wie
ein langsames Holovideo im verschatteten Eingang
materialisierte.
    »Robbie Brekke.«
    »Hab ich doch gesagt.«
    »Sie drehen kleine Dinger für Paul DeFillippo,

Weitere Kostenlose Bücher