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Schädelrose

Schädelrose

Titel: Schädelrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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und
davor für Jose Menezes.«
    »Ich hab noch nie…«
    »Dann wußten Sie nicht, daß es für
Menezes war. Er arbeitet immer so. Sie haben nie gesessen, sind
nicht mal festgenommen worden. Entweder waren Sie sehr vorsichtig
oder Sie hatten sehr viel Glück, Robbie Brekke. Sie kommen
aus Boston, Sie haben keinen festen Wohnsitz, Sie wiegen
hundertfünfundsiebzig Pfund. Sie haben fünf Monate mit
Schmuggeln in Afrika verbracht, und Ihre Aufmerksamkeitskurven
sind insofern interessant, als sie beträchtlich schneller
erregt werden als üblich.«
    »Hirnscan«, sagte Robbie langsam. »Sie haben
Hirnscan-Technik – aber nein, Moment, es gibt nirgends eine
dBase über mich, der man’s zuordnen
könnte…«
    »Menezes hat sie.«
    »Ich bin nie…«
    »Mußten Sie auch nicht. Er hat sie.«
    Wann? Er konnte sich nicht erinnern. Hatton stand
lächelnd da, wie ein gepflegter Buddha. Robbie sagte:
»Und Sie haben mich also mit Hirnscan
entdeckt…«
    »Mit Infrarot. Sobald Sie an der Seitentür
waren.
    Hirnscan kam später. Nur für Identifikationszwecke,
Sie verstehen.«
    »Normalerweise haben die Cops diese Technik. Und Sie
sind kein Cop.«
    »Gewiß nicht«, äffte Hatton Robbies
Phrase samt Tonfall und schräger Kopfhaltung so genau nach,
daß sie beide lächelten. Ihre Blicke trafen sich. Eine
Stimme in Robbies Kopf – nicht die Brainies, besser als die
Brainies – sagte kühl und gelassen: Schon
Partner. Der Augenblick dehnte sich, leuchtend wie
Kristall.
    Dann zerbrach ihn Hatton.
    »Hör zu.« Seine Stimme war ein bißchen
rauh geworden; die Brust des Seidenmantels hob und senkte sich.
»Im Moment sind sechs Leute im Haus. Vielleicht weißt
du das ja schon. Einer von ihnen ist Donohue, mein
Leibwächter, der mich jetzt überwacht. Mit dem
E-Dietrich, mit dem du reingekommen bist, kommst du nicht mehr
raus; das Programm ändert sich jedesmal, wenn jemand
reingekommen ist. Du bleibst hier, bis ich was anderes sage. Aber
vielleicht bist du ja auch ganz einverstanden damit.« Er
beugte sich vor, legte zwei Finger an Robbies Wange und fuhr
langsam seine Kinnlinie entlang.
    Robbie erstarrte. Er hatte noch nie einen getroffen, noch nie
einen gesehen, niemand hatte das – es gab sie einfach
nicht, jedenfalls nicht mehr seit der Jahrhundertwende und der
AIDS-Hysterie, er dachte, sie wären alle gestorben oder
eingesperrt oder umgebracht worden, die ganzen
Perversen…
    Hattons Finger streichelten seinen Hals.
    »Nein«, sagte Robbie laut, aber ruhig. Er
erinnerte sich später an seine Ruhe. Seine Nasenlöcher
schienen sich mit Hattons Altmännergeruch zu füllen;
Übelkeit stieg wie Öl in ihm hoch.
»Nein!«
    Hatton trat zwei Schritte zurück. Mit einer völlig
anderen Stimme sagte er: »Du bist ein Dummkopf.«
    Robbie antwortete nicht.
    »Hast du gedacht, ich wäre an deinen
Fähigkeiten als Dieb interessiert? Ein Dieb, der sich
von Infrarot und einem alten Mann erwischen läßt, der
– im Gegensatz zu dem, was dir deine überhitzte
Phantasie jetzt vorgaukelt – in nichts verwickelt ist, was du als Verbrechen betrachten würdest?«
    »Verwickelt«. Selbst seine Diktion war alt, war
spießig, wie hatte Robbie nur etwas anderes denken
können? Ein reicher, schwuler Spießer, der sich
einfach nur wie der Tod an alles klammerte, was er im Lauf eines
von der gleichen grauen, stumpfen, lähmenden Langeweile
erfüllten Lebens wie dem aller anderen zusammengerafft
hatte, aber Robbie hatte gedacht – hatte gedacht: bloß so ein fetten Spießer, ein beschissenes
Seuchenopfer, das die Krankheit nicht hatte, fertig mit seinem
Leben und an Robbie nur wegen ein bißchen schmutzigem Sex
interessiert, es war schließlich doch nur ein sexuelles
Interesse gewesen…
    Er schnellte vom Stuhl und brachte beide mit Handschellen
gefesselten Hände hart unter Hattons Kinn hoch. Die kleine
Pistole ging los, und Robbie brach zusammen.
     
    Als er wieder zu sich kam, lag er auf dem Boden desselben
Speisezimmers und schaute zu einer von dunklen, polierten Balken
durchzogenen Decke hinauf. Der Kopf tat ihm weh; es war das
eigentümliche, flackernden Pochen eines
Nervenlähmers.
    »Wenn du dich nicht bewegst«, sagte Hatton
freundlich vom Stuhl aus, »sind die Kopfschmerzen nicht
ganz so schlimm.«
    Die geraden Linien der Balken taten seinen Augen weh. Robbie
machte sie zu. Kurz darauf berührte etwas Nasses und Rauhes
seine Lider, und er schlug sie wieder auf: Einer der Hunde

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