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Schäfers Qualen

Schäfers Qualen

Titel: Schäfers Qualen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Haderer
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neben den Mülltonnen. Die Gänge gehen ein bisschen schwer hinein, drück ruhig fest an. Und lass sie schön von mir grüßen, die Obernauer.“
    „Mach ich, danke.“
    Schäfer war schon an der Tür, als er sich noch einmal umdrehte. „Wo ist eigentlich das Haus, um das es damals gegangen ist?“
    „Das vom Obernauer? Oben am Sonnberg, wenn du den Waldweg zu Unterleiten hinaufgehst, das letzte am Waldrand, das davor so lange leer gestanden hat. Da steht aber jetzt ein neues Haus. Der Krassnitzer hat das alte abreißen lassen und eine Riesenvilla hingesetzt, die er einem Wiener Rechtsanwalt verkauft hat. Wenn du vorbeischaust, pass auf den Rottweiler auf.“
    „Mach ich. Brauchst du das Auto heute noch? Sonst bring ich es dir morgen früh vorbei.“
    „Wann du willst. Wenn ich es dringend brauche, ruf ich dich an. Lässt du mir deine Nummer da?“
    Schäfer holte eine Visitenkarte aus seinem Jackett und gab sie Danninger, der sie eingehend musterte.
    „Major. Schon komisch. Bei dir war ich mir nie sicher, auf welche Seite du wechselst … Na ja … jetzt hast du dich zum Glück entschieden.“
    Sie schauten sich schweigend in die Augen und reichten sich die Hand. Dann drehte Schäfer sich um und verließ den Raum.
    Er sperrte die Fahrertür auf, stellte die Papiertasche auf den Beifahrersitz, setzte sich hinters Lenkrad und machte sich mit den Armaturen vertraut. Als er den Gurt anlegte, fiel ihm ein, dass er keinen Führerschein mithatte. Gut, er verfügte ohnehin über einen Universalausweis – ein Privileg, das ihm noch nie ein schlechtes Gewissen bereitet hatte. Er ließ den Motor an und setzte vorsichtig zurück.
    Der erste Gang ließ sich tatsächlich sehr schwer einlegen. Als das Getriebe verwundet aufheulte, stieg Schäfer auf die Kupplung, ließ den Wagen den Pfarrhügel hinabrollen und legte gleich den zweiten Gang ein. Schäfer war gereizt. Die schwere Mahlzeit und der Nachmittagsschlaf hatten ihn niedergeschlagen – hungrig und erschöpft fühlte er sich für gewöhnlich wohler. Bei der ersten Tankstelle bog er ein und kaufte sich eine Schachtel Zigaretten. Wieder auf der Straße, öffnete er die beiden vorderen Fenster und zündete sich eine an. War er eigentlich auch nur einen Schritt weiter gekommen? Drei Tote, und die bisherigen Ergebnisse hätte jeder seiner ortsansässigen Kollegen erzielen können. Was, wenn die Spuren, denen er folgte, plötzlich endeten und nirgendwohin führten? Was, wenn sich ein beliebiger Irrer eingebildet hatte, die Hand Gottes zu sein und den Ort von allen Dämonen der Gier und Niedertracht befreien zu müssen? Dann könnte Schäfer seine verfügbaren Beamten nach dem Zufallsprinzip ein paar hundert Leute überwachen lassen und hoffen, dass bei der nächsten Hinrichtung einer von ihnen in der Nähe wäre. Das könnte sich hinziehen – sowohl an Irren als auch an Gierigen herrschte in dieser Stadt wahrlich kein Mangel. Schäfers Blick fiel auf den Tachometer und er nahm Gas weg. Da gab es allerdings auch eine Spur, die zu ignorieren, fahrlässig gewesen wäre. Die Schuhe, die Gasser trug, als er vom Kirchturm sprang. Schäfer konnte keinerlei Anhaltspunkte finden, die ihn mit den Getöteten in Verbindung gebracht hätten. Andererseits: Es gab genug Tage in seiner Vergangenheit, an die ihm jede Erinnerung fehlte; Schnaps, Pilze, Gras … Was wusste er schon, was ihn jetzt einholen konnte. Er würde mit Maria sprechen müssen. Ein Stechen machte sich in seiner Brust breit. Er bemühte sich, in sein Herz hinein zu atmen, wie es der Ratgeber empfahl, den er auf Bergmanns Schreibtisch gesehen und in dessen Abwesenheit heimlich gelesen hatte. Der Schmerz ließ langsam nach. Er bog von der Bundesstraße ab und in eine alte Landstraße ein, so würde er schneller bei Obernauers Witwe sein.
    Vor dem Haus, in dem sie wohnte, blieb er noch fünf Minuten im Auto sitzen und rauchte eine Zigarette. Dann nahm er die Papiertasche mit dem Album, stieg aus und sah an dem Gemeindebau hoch, wo im ersten Stock bereits zwei Gesichter hinter den Fenstern aufgetaucht waren, die ihn neugierig musterten. Mit dem Wagen des Pfarrers und dessen einheimischem Kennzeichen würden sich die Spekulationen allerdings in Grenzen halten. Er öffnete die Eingangstür und stieg die Treppen in den zweiten Stock hinauf. An der mittleren der drei Türen hing ein liebevoll gemachter Kranz aus Trockenblumen, dahinter konnte Schäfer das Schild mit dem Namen Obernauer ausmachen. Sie öffnete, bevor er

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