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Schäfers Qualen

Schäfers Qualen

Titel: Schäfers Qualen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Haderer
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nicht.“
    „Das Haus, das Ihr Mann kaufen wollte: Warum hat der Krassnitzer sich da eingemischt?“
    „Das hat wohl nur er selbst gewusst. Der war kein guter Mensch, der Krassnitzer, Toten soll man ja nichts Schlechtes nachsagen, aber der … Der wird halt gerochen haben, dass sich mit dem Grundstück viel mehr Geld machen lässt. Dem Gerhard sein Traum war es, da oben auf der Sonnseite ein Haus zu haben mit einem Garten für mich und den Buben … Und wie er dann die alte Hütten bekommen hat … Er hat ja schon selbst angefangen, umzugraben … Ein Schwimmbecken wollte er ausheben, der Spinner …“
    Schäfer reichte ihr ein Taschentuch und wartete einen Augenblick.
    „Hat Ihr Mann irgendwann mit Ihnen über den Krassnitzer gesprochen? Ich meine, da macht man sich doch sicher Gedanken oder überlegt, was man tun kann.“
    „Wie der Gerhard mitbekommen hat, dass ihn der Krassnitzer ausbooten will, ist er weniger daheim gewesen. Er hat zu viel getrunken damals. Und wenn ich ihn gefragt habe, hat es immer geheißen: Lass mich nur machen, der kriegt schon, was er verdient. Irgendwas hat er sich ausgedacht gehabt, wie er das Haus behalten kann, da bin ich mir sicher. Der Krassnitzer hat ihm ja dann auch zugesichert, dass er es kriegt. Da hat es dann eine Zeitlang ganz gut ausgeschaut. Was weiß denn ich …“
    Schäfer zögerte, weil er merkte, dass sie sich und ihre Geschichte zu verschließen begann. Er aß sein zweites Stück Guglhupf und fragte, ob er sich noch ein weiteres nehmen könne. Aber sicher, den habe sie ja für ihn gebacken, erwiderte sie.
    „Frau Obernauer, ich weiß, dass das schwierig und schmerzhaft für Sie ist, jetzt, nach so langer Zeit, wenn ich das alles wieder aufwärme. Aber … nach allem, was Sie mir erzählen und was ich bisher gehört habe, kann ich mir immer weniger vorstellen, dass Ihr Mann sich umgebracht hat. Glauben Sie, dass ihn der Krassnitzer oder jemand anderer erschossen haben könnte?“
    Sie schaute aus dem Fenster und sagte lange nichts. Schäfer folgte ihrem Blick nach draußen, wo sich vom Westen her dunkle Gewitterwolken über die Berge schoben.
    „Natürlich hab ich mich das auch gefragt. Aber, wissen Sie, ich hab danach so viel zu tun gehabt mit dem Kleinen und dass ich eine Arbeit habe, da habe ich keine Zeit gehabt, viel darüber nachzudenken … das war auch besser so … dass ich nicht zu viel nachgedacht habe, meine ich … der Gerhard war tot und für uns hat es weitergehen müssen …“
    „Es gibt da noch was, wo Sie mir weiterhelfen könnten … der alte Bürgermeister, der Kranz, ich hab gehört, dass der da auch seine Finger im Spiel gehabt hat …“
    „Der hat doch überall seine Finger im Spiel gehabt damals … der Gerhard hat auf jeden Fall kein gutes Haar an dem gelassen … ein Sauhund … entschuldigen Sie bitte …“
    „Ist schon gut. Was gesagt gehört, gehört gesagt“, lächelte Schäfer sie an.
    „Aber was genau da war … Mit der Politik hab ich mich damals nicht so beschäftigt … Das haben ja auch die Männer unter sich ausgemacht … ist ja heute nicht viel anders, wenn man sich so umschaut …“
    „Da haben Sie wohl recht“, sagte Schäfer, aß sein drittes Stück Guglhupf und stand auf. Da fiel ihm ein, dass er ihr noch das Foto zeigen wollte. Er holte das Album aus der Tasche, legte es auf den Tisch und schlug es an der entsprechenden Stelle auf.
    „Der Gasser, der Steiner, der Krassnitzer und der da … warten Sie, wer war jetzt der … ja, der Friedrich, ein Deutscher, aber ganz ein Netter …“
    „Was hat der gemacht?“
    „Als Abwäscher hat er gearbeitet, im Winter, auf der Kaiserhütte in Kirchberg …“
    Schäfer holte sein Notizbuch aus dem Jackett und schrieb sich den Namen des Gasthauses auf. Er schlug das Album zu, gab es in die Papiertasche und bedankte sich bei Frau Obernauer. Als er sich verabschieden wollte, drückte sie ihm den in Alufolie eingewickelten Guglhupf in die Hände, den er ohne zu zögern annahm, weil er wusste, dass dies einer der wenigen Momente war, in dem er ihr eine Freude machen konnte.
    Er gab ihr die Hand, bedankte sich noch einmal und stieg die Treppen hinab. Als er vor die Tür trat, fielen bereits die ersten schweren Regentropfen auf den warmen Asphalt.
    Er lief zum Auto, sperrte die Tür auf und stieg schnell ein. Er öffnete das Fenster auf der Fahrerseite einen Spalt, zündete sich eine Zigarette an und sah zu, wie der stärker werdende Regen über die Windschutzscheibe lief.

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