Schäfers Qualen
sich von Wurm verabschiedet hatte, setzte er sich auf eine Bank neben dem Dorfbrunnen und rief Sonnbichler an. Keiner da. Er stand auf und ging zum Bahnhof, um den nächsten Zug nach Kitzbühel zu nehmen. „Sinnloser Ausflug“, sagte er sich, während er auf dem Bahnsteig stand und kleine Kiesel auf die Geleise stieß, „hätte ich mir eigentlich sparen können.“
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Schäfer stand im Hotelaufzug, als sein Telefon läutete. Danninger. Da der Empfang zu schlecht war, legte er auf und wartete mit dem Rückruf, bis er im Zimmer war.
„Hallo … Ja, ich war im Lift … In Lienz? … Und wie heißt sie? … Monika Preminger … Also nichts mit Anna … Nein, ich hab nur laut gedacht … Moment, das muss ich mir aufschreiben … Sag, kannst du mir die Nummer vom Pfarrer dort geben … Ja, ich bleib dran … Hartmann? … Gut … Ja, das ist wirklich ein Glücksfall … Danke … Ich geb dir Bescheid … Mach ich, Aufpassen ist mein Beruf … Ich weiß schon, was du meinst … Ja … Servus.“
Wie sollte er jetzt weitermachen? Der Pfarrer aus Lienz kannte die Frau. Das war in Schäfers Augen ein Durchbruch, mit dem er nicht so schnell gerechnet hatte. Umso wichtiger war es, dass niemand Monika Preminger informierte, dass sich die Polizei für sie interessierte. Er tippte die Nummer des Lienzer Pfarrers in sein Telefon und wartete.
„Grüß Gott, Herr Hartmann, hier ist Major Johannes Schäfer von der Kriminalpolizei … Ja, genau der … Ich wollte mich bei Ihnen bedanken, dass Sie so schnell geantwortet haben … Was ich Sie fragen wollte: Wissen Sie, ob Frau Preminger verheiratet ist … Ja … Und wie hat sie vorher geheißen, mit Mädchennamen … Nein, nein, ich bin noch dran … Nein, ich glaube nicht, dass Frau Preminger damit zu tun hat. Trotzdem muss ich Sie ersuchen, niemandem zu erzählen, dass Sie mit der Polizei Kontakt hatten, am wenigsten Frau Preminger selbst … Ich kann Ihnen nur sagen, dass möglicherweise ein Menschenleben auf dem Spiel steht … Werde ich … Vielen Dank, Herr Hartmann … Auf Wiederhören.“
Gleich nachdem er aufgelegt hatte, öffnete Schäfer die Minibar und mixte sich einen Gin Tonic. Er hatte recht gehabt mit der Frau. Und mit ihrem Sohn. Jetzt musste er sich beruhigen, nur nichts überstürzen, für eine Verhaftung war es zu früh, ohne weitere Beweise oder ein Geständnis würde es auf ein Indizienverfahren hinauslaufen; das konnte er nicht riskieren. Er nahm Notizblock, Telefon und Zigaretten und setzte sich auf den Balkon. Mit zittriger Hand schrieb er stichwortartig einen Plan für sein weiteres Vorgehen auf. Zuerst Konopatsch anrufen.
„Knochen, hallo, ich bin’s … Ja, du musst nicht alles glauben, was in der Zeitung steht … Nein, wegen dem rufe ich nicht an … Das hab ich mir ohnehin schon gedacht … Sag: Wie schnell kannst du mir eine DNA-Analyse durchführen … Wenn ich es gleich morgen früh per Expressboten wegschicke … Das wäre großartig … Ja, die schulde ich dir auf jeden Fall … Danke, Knochen … Servus.“
Und jetzt? Friedrich. Aber ganz gelassen. Nur nichts anmerken lassen.
„Guten Tag, Herr Regisseur, der Polizist aus Tirol … Danke, gut, hat sich alles zum Guten gewendet: Der Kranz hat vor seinem Selbstmord ein Geständnis geschrieben und in seiner Wohnung haben meine Kollegen eine Waffe gefunden, die einem der Opfer gehört hat … Na ja, Glück … Ganz so falsch bin ich ja auch nicht gelegen … Radner? … Nein, das wird wahrscheinlich nichts werden … Weil ich keinen Durchsuchungsbefehl bekomme, ganz einfach … Ja, so sieht’s aus … Solange das Haus da oben noch steht, wird nicht gegraben … Na, anzünden kann ich es ja nicht gut, ich bin Polizist, falls Sie das vergessen haben, und bei meiner momentanen Reputation wäre ich wohl auch sofort der Hauptverdächtige … Ja … Noch ein paar Tage Nichtstun und dann zurück in die Hauptstadt … Ja, ich wollte Ihnen ja nur Bescheid geben … Nicht dass Sie sich Sorgen machen … Sie auch … Wiedersehen.“
Und jetzt: ein Alibi. Gesellschaft.
„Hallo, ich bin’s … Gut … Ja, danke … Ach, Undank ist der Welten Hohn … Sag: Ohne Arbeit ist mir hier ziemlich langweilig. Muss auf andere Gedanken kommen. Hast du nicht Lust, mich zum Essen einzuladen? … Na ja, der stört mich doch nicht. Wird ohnehin Zeit, dass ich ihn kennenlerne … Natürlich benehme ich mich … Nein, kein Wort, Ehrenwort … Soll ich was mitnehmen? … Nein, eigentlich nicht, wenn du so fragst
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