Schaenderblut - Thriller
streckte die Zunge wie eine Sonde heraus und kostete die Luft.
»So nah«, flüsterte er. Und der andere brachte andere Seelen mit. Weitere Opfer, um Damons Blut in Wallung zu bringen.
Kapitel 28
Sie waren seit über zehn Stunden unterwegs, hatten den ganzen Tag bis tief in die Nacht auf der Interstate 5 verbracht. Vor ihnen lagen mindestens fünf weitere Stunden Fahrt. Es war stockdunkel, aber der Morgen kam rasch näher.
Frank fantasierte im Schockdelirium. Er lag im Laderaum des Lieferwagens, verlor ständig das Bewusstsein, plapperte unablässig von früheren Liebhabern und Verletzungen und – für Alicia besonders verstörend – zitierte abstoßende Rezepte für die Zubereitung von Menschenfleisch, von Hoden-Ceviche bis hin zu gedünsteten Fingern in Zitronenbutter. Ihr wurde speiübel davon, doch Joe schien die Vorstellung zu erregen. Frank schreckte wieder hoch. Seine Augen klärten sich kurzzeitig und sein schmerzgelähmter Geist drängte durch das Miasma aus Schmerz und Fieber an die Oberfläche. Was er diesmal sagte, fand sie noch schlimmer als das übliche unzusammenhängende Gestammel.
»Joe? Joe? Ich weiß, dass du mich nicht mit nach Seattle nehmen kannst ... nicht so. Meine Wunden sind infiziert und bluten. Ich würde auffallen wie ein bunter Hund. Ich weiß, du wirst mich töten müssen, bevor wir ankommen. Bitte, tu mir einen Gefallen und lass mich so von der Bildfläche abtreten, wie ich es möchte. Auf eine Art und Weise, die ich mir immer erträumt habe.«
»Und welche wäre das?«, erkundigte sich Joe. Alicia konnte nicht glauben, dass sich diese Unterhaltung tatsächlich abspielte.
»Ich will, dass du mich lebendig an einem Spieß röstest, und dann wünsche ich mir, dass du jedes einzelne Stück von mir auffrisst. Lass nicht einen Fetzen übrig. Versprich mir, dass du das tust und nicht eher Ruhe gibst, bis der letzte Brocken von mir in deinem Magen verschwunden ist. Ich will nicht, dass Würmer und Kojoten meine Überreste abnagen. Ich möchte zu einem Teil von dir werden. Ich will, dass alles von mir in deinem Körper landet.«
Joe hatte monatelang Langschwein-Fantasien im Internet verfolgt. In Spanferkel-Manier am Spieß geröstet zu werden, zählte zu den populärsten Wunschvorstellungen überhaupt. Trotz konkreter Aufforderungen und Zusicherungen hatte er stets in Zweifel gezogen, dass auch nur einer der Masochisten im Forum genügend Mumm hatte, um so etwas durchzuziehen. Selbst bei einem Hardcore-Masochisten wie Frank überraschte es ihn, dass dieser freiwillig etwas derart Brutales und Schmerzhaftes über sich ergehen lassen wollte. Joe hatte die schwülen Dialoge zwischen Langschweinen und eifrigen Köchen voller Skepsis mitverfolgt. Wer würde schon ernsthaft anbieten, sein Fleisch von einem Fremden, den er im Internet kennengelernt hatte, grillen zu lassen? Und doch war hier einer, der es absolut ernst meinte. Joe war von Franks Aufrichtigkeit überzeugt und nur zu gerne bereit, den Herzenswunsch des kleinen Mannes und damit auch seinen eigenen zu erfüllen.
»Ich verspreche es dir.«
»Nein, nein, nein! Das kannst du nicht tun!«, rief Alicia. »Das ist nicht dein Ernst! Es ist noch nicht zu spät, ihn in ein Krankenhaus zu bringen, damit er überlebt. Du musst das nicht tun. Das ist totaler Irrsinn!«
»Es wird so passieren. Frank hat recht. Ich muss ihn so oder so töten.«
»Wie zur Hölle willst du dich heilen, wenn du immer wieder dem Fluch nachgibst und andere Menschen umbringst? Jedes Mal, wenn du jemanden verspeist, wird es dir schwererfallen, damit aufzuhören.«
»Wir reden hier nicht von einem Alkoholproblem, das sich mit einem 12-Punkte-Plan überwinden lässt. Jedes Mal, wenn mein Magen knurrt oder mein Schwanz hart wird, schwebt ihr beide in Lebensgefahr. Und je mehr ich dagegen ankämpfe, desto stärker wird mein Hunger und desto mehr muss ich essen, um ihn zu stillen, wenn es mich überkommt. Wie ich schon sagte: entweder er oder du. Und in ein paar Stunden steht die nächste Fressattacke bevor. Ich kämpfe schon die ganze Zeit dagegen an. Ich muss bald eine Entscheidung treffen.«
»Oh mein Gott. Oh mein Gott. Oh mein Gott.« Alicia schaukelte vor und zurück, die Knie an die Brust gezogen, die gefesselten Handgelenke zwischen Hals und Schulter geklemmt, und starrte Frank an, der offenbar der völligen Verblödung entgegenstrebte. Er grinste dümmlich, während er erneut Rezepte zitierte. Sie stellte sich vor, wie er mit einem Spieß im Hintern, der
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