Schaenderblut - Thriller
Heimweg einen Wagen im Rückspiegel bemerken würde, der ihm folgte. Gegenüber vom Haus würde ein unauffälliger Lieferwagen voller Überwachungsgeräte und gelangweilter Zivilbullen parken. Er hoffte, dass Joseph ihn nicht wieder anrief, bevor ihm eine Möglichkeit einfiel, den Verdacht von sich selbst abzulenken.
Professor Locke ging schnellen Schrittes hinaus in den diesigen, stahlgrauen Morgen. Der feuchte Frühnebel kroch unter seine Kleidung und brachte ihn zum Frösteln, als er zum Soziologiegebäude hinüberging, in dem Professor Douglas gerade seinen Kurs beendete.
»Martin.«
»Was gibt’s, John?«
»Die beiden Polizisten waren wieder bei mir.«
»Was wollten sie denn?«
»Wie es aussieht, hat Joseph ein weiteres Opfer gefunden. Man entdeckte eine Leiche in Oregon, die an einem Spieß geröstet wurde. Es handelt sich um jemanden hier aus der Region. Der schwarze Polizist sagte, der Mann habe dieselbe Website frequentiert wie Joseph. Sie sollen über dieses Kannibalen-Portal miteinander in Kontakt getreten sein.«
»Jesus! Lebendig gebraten?«
»Sieht so aus.«
»Und haben sie etwas, dass Joseph eindeutig mit dem Verbrechen in Verbindung bringt? Irgendwelche DNS-Spuren oder andere Beweise?«
»Nicht dass sie es erwähnt hätten, aber das hat nichts zu sagen. Sie hätten es mir wahrscheinlich sowieso nicht anvertraut.«
»Hast du ihnen von deiner Theorie erzählt? Dass du glaubst, er fährt nach Tacoma, um sich Damon Trent vorzuknöpfen?«
»Nein. Und ich möchte dich bitten, das auch niemandem gegenüber zu erwähnen.«
Professor Douglas’ Augenbrauen schossen überrascht in die Höhe. »Oh, und warum nicht?«
»Weil ich glaube, dass ich ihn heilen kann. Ich habe weitere Nachforschungen über Serotonin-Wiederaufnahmehemmer angestellt und ich glaube fest daran, dass es funktioniert.«
»Ja, falls es sich um eine Impulskontrollstörung handelt. Wenn er nur ein krankes Arschloch und das Ganze keine Sucht ist, dann bewirkt es einen Scheißdreck, und du machst dich schuldig, einen flüchtigen Kriminellen zu decken. Man könnte es sogar als Begünstigung auslegen. Oder gar Beihilfe zum Mord, falls er wieder tötet, während er sich in deiner Obhut befindet. Ist dir bewusst, dass du dich selbst in unmittelbare körperliche Gefahr begibst, wenn du diesen Burschen triffst? Der Junge hat Bärenkräfte. Wie willst du ihn aufhalten, wenn er auf die Idee kommt, dich auf seinen Speiseplan zu setzen?«
»Ich glaube nicht, dass das passieren wird, aber für alle Fälle werde ich eine Waffe mitnehmen.«
»Das gefällt mir ganz und gar nicht, John. Du willst dich bewaffnet mit einem Mordverdächtigen treffen, dem du bereits geholfen hast, indem du die Polizei absichtlich auf eine falsche Fährte gelockt hast? Damit will ich nichts zu tun haben.«
»Bevor du das sagst, denk mal darüber nach, was passiert, wenn wir recht haben. Denk an die möglichen Professuren an Eliteuniversitäten, die uns winken, wenn die Hemmer wirken und wir es schaffen, ihn zu heilen. Wir könnten Geschichte schreiben. Tausende von Dollar mit Vortragsreisen verdienen. Zeitschriftenartikel. Bücher. Vielleicht sogar der Nobelpreis!«
»Der Nobelpreis? Glaubst du wirklich?«
»Das ist eine Riesensache. Wir machen uns unsterblich, wenn es uns gelingt, das Phänomen des Serienmörders als heilbare Krankheit zu identifizieren. Und überleg mal, wie viele Leben wir dadurch retten könnten. Laut Kriminalstatistik fallen mehr als 300 Menschen jährlich entsprechenden Gewaltverbrechen zum Opfer. Gut, das ist nichts im Vergleich zu den Zehntausenden, die in diesem Land jedes Jahr infolge von Bandenkriminalität sterben. Aber überleg mal: all die Familien, die für den Rest ihres Lebens das Bild vor Augen haben, dass ein geliebter Mensch in seinen letzten Minuten auf Erden von einem Irren gefoltert und verstümmelt wurde. Und wir hätten ihn heilen können! Denk an Joseph Miles und die Toten, die womöglich noch alle auf sein Konto gehen werden, obwohl wir die Macht besitzen, ihn aufzuhalten.«
»Okay, John. Du hast mich überzeugt. Ich werde den Mund halten.«
»Das reicht mir nicht, Martin. Ich brauche deine Hilfe, um Joseph gefangen zu nehmen. Das schaffe ich nicht allein. Du hast doch noch ein paar Tage Urlaub, oder? Lass uns zusammen nach Washington fahren.«
»Du bist verrückt! Ich werde mich auf gar keinen Fall aktiv an dieser Sache beteiligen!«
»Bitte! Ich brauche dich, Martin! Wann bist du zum letzten Mal ein Risiko
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