Schaenderblut - Thriller
anderer Beamter brachte Montgomery zu dem Captain, der die Ermittlungen leitete. Er war ein untersetzter Mann im mittleren Alter, durchschnittlich groß und mit ledriger, verwitterter Haut, die entschieden zu lange der Sonne ausgesetzt gewesen war. Seine Augen wirkten hart aber freundlich. Er erweckte eher den Anschein eines Cowboys oder Landarbeiters – jemand, der sich auf einem Pferd genauso zu Hause fühlte wie in einem Streifenwagen.
»Captain Marshall. Das ist Detective Montgomery von der Mordkommission in San Francisco.«
Sie gaben sich die Hand und lehnten sich an den Dienstwagen des Captains.
»Was führt Sie den ganzen Weg aus Frisco hierher?«
»Ich suche nach einem Mann namens Joseph Miles. Er hat, soweit wir bislang wissen, zwei Menschen getötet und wird noch viele weitere umbringen, wenn wir ihn nicht aufhalten. Ich habe Grund zu der Annahme, dass er sich in Ihrer Stadt aufhält und für das verantwortlich ist, was heute vorgefallen ist. Äh ... vielleicht können Sie mir die Einzelheiten kurz schildern?«
»Ein Raumpfleger wurde ermordet. Ihm wurde die Kehle herausgerissen. Der Pathologe behauptet, der Kehlkopf wäre durchgebissen worden und die Bissspuren würden von einem menschlichen Kiefer stammen. Außerdem haben wir einen toten Insassen. Er wurde zerstückelt, quasi viviseziert. Seine Körperteile sind über das gesamte Zimmer verstreut.«
»Fehlen irgendwelche ... Teile? Ich meine, gibt es Hinweise auf Kannibalismus?«
»Nicht dass ich wüsste.« Die Augen des Captains verengten sich misstrauisch. »Erzählen Sie mir besser erst mal, was Sie über diese Angelegenheit wissen.«
»Leider weiß ich auch nicht viel, aber die beiden Professoren, denen ich hierher gefolgt bin, dürften Ihnen mehr verraten können. Sie werden von Ihren Beamten für eine Befragung festgehalten. Ich habe das Gefühl, dass sie weit mehr wissen, als sie behaupten. Einer von Ihnen war früher als Profiler für das FBI tätig. Ich gehe davon aus, dass er eine stichhaltige Theorie hat.«
»Dann sollten wir dringend mit den Herrschaften sprechen. Oh, und da wäre noch etwas. Sie erwähnten, der Mann sei Kannibale?«
»Ja, seine zwei letzten Opfer wurden teilweise aufgegessen. Einen von ihnen hat er bei lebendigem Leib gebraten.«
»Nun, heute Vormittag wurde eine Frau in kritischem Zustand in die Klinik eingeliefert. Der Mann, der sie zur Notaufnahme brachte, behauptete gegenüber der diensthabenden Schwester, sie wäre von Pitbulls angegriffen worden. Er verschwand, bevor man ihm weitere Fragen stellen konnte. Der Frau fehlen beide Brüste. Sie wurden abgebissen. Der Chirurg, der sie behandelt, geht ebenfalls davon aus, dass die Bissspuren von einem Menschen stammen.«
»Mein Gott.«
»Laut ihrem Ausweis heißt sie Alicia Rosales und kommt aus San Francisco.«
»Hat schon jemand mit ihr geredet?«
»Ihr Zustand ist unverändert kritisch. Wir werden sie vernehmen, sobald sie das Bewusstsein wiedererlangt hat.«
»Konnte die Schwester in der Notaufnahme eine Beschreibung des Mannes abgeben, der sie eingeliefert hat?«
»Ja. Und das ist das Komische. Sie sagt, er sehe genauso aus wie ...«
»Superman?«, ergänzte Montgomery wissend.
Der Captain hielt inne und starrte Montgomery ungläubig und fast ein wenig enttäuscht an. »Verdammt. Ich hatte gehofft, dass Sie sich mit dieser ganzen Sache irren. Ja, sie sagte, er sah genauso aus wie die Comicfigur. Ich schätze, wir haben es hier wirklich mit Ihrem Mann zu tun. Hören wir uns besser mal an, was die beiden Eierköpfe zu sagen haben.«
Montgomery und Marshall entdeckten die Professoren im Streifenwagen bei dem Polizisten, der sie festgenommen hatte und sich alle Mühe gab, ihr Gejammer zu ignorieren.
»Holen Sie sie raus!«, blaffte der Captain.
»Hören Sie mal! Sie können uns nicht einfach so festhalten! Wir haben keine Gesetze gebrochen!« Locke schrie beinahe. Sein Gesicht hatte sich rosa verfärbt und dicke blaue Adern pulsierten an seiner Stirn.
»Dann erzählen Sie uns, woher Sie wussten, dass Joseph Miles hier zuschlägt. Warum sind Sie beide den ganzen Weg von San Francisco direkt zum Schauplatz des jüngsten Verbrechens Ihres Studenten gefahren? Sie sind entweder Zeugen oder Mittäter. Das hängt ganz davon ab, wie Sie die Fragen beantworten.« Montgomery stand Nase an Nase mit Professor Locke und starrte ihn an, als wäre er ein Schulhofschläger, der sein Taschengeld von ihm erpressen wollte.
»Ich muss überhaupt nichts
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